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Prozess wegen Brandanschlag in NauenVerfahren mit Widerständen

Der Prozess kommt nur mühsam in Gang. Der als Rädelsführer angeklagte NPD-Politiker Schneider blockiert immer wieder die Verhandlung.

Die Angeklagten sollen 2015 eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Nauen angezündet haben Foto: dpa

Potsdam dpa | Im Prozess zum Brandanschlag von Nauen hat die 1. Strafkammer des Langerichts Potsdam einen der drei inhaftierten Angeklagten auf freien Fuß gesetzt. Der Haftbefehl gegen den 27-Jährigen werde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, verkündete der Erste Vorsitzende Theodor Horstkötter am Donnerstag. Der Angeklagte muss bei seiner Mutter wohnen und sich regelmäßig bei der Polizei melden. Damit könne der Fluchtgefahr ausreichend begegnet werden, sagte Horstkötter. Der 27-Jährige hatte im Prozess eingeräumt, bei dem Anschlag auf eine geplante Notunterkunft für Flüchtlinge im August 2015 „Schmiere“ gestanden zu haben.

Die Kammer lehnte anschließend einen weiteren Befangenheitsantrag ab, den der als Rädelsführer angeklagte NPD-Politiker Maik Schneider am Dienstag gegen Horstkötter gestellt hatte. Daraufhin legte Schneider sofort Widerspruch gegen die Fortsetzung des Prozesses ein. Hintergrund von bislang fünf Befangenheitsanträgen gegen die Kammer war die Bemerkung eines Schöffen, der Schneiders Glaubwürdigkeit offen in Zweifel gezogen hatte.

Der als Rädelsführer angeklagte Schneider hatte schon wiederholt versucht, das Verfahren mit allen Mitteln zu torpedieren. Vor dem am Donnerstag abgelehnten Befangenheitsantrag hatte die 1. Strafkammer des Landgerichts Potsdam schon zwei andere Befangenheitsanträge gegen die Richter abgelehnt. Schneider hatte erklärt, er wolle „Widerspruch gegen die Weiterführung der Verhandlung einlegen, so ganz nebenbei“.

In der Folge unterbrach Schneider die Verhandlung immer wieder durch Zwischenfragen. Nachdem das Gericht eine frühere Freundin von Schneider als Zeugin befragt hatte, nahm der NPD-Politiker die Frau persönlich in ein fast einstündiges Kreuzverhör.

Zeugin unter Druck

Die Zeugin schilderte, dass sie nach ihren Aussagen bei der Polizei in Nauen bedroht worden sei. So seien Flugblätter in der Stadt verteilt worden, die sie mit einem Judenstern auf der Stirn zeigten. Aber auch die Polizeibeamten hätten sie bei der Vernehmung mit der Drohung unter Druck gesetzt, sie könne in Haft genommen werden, erklärte die Frau.

Dem widersprach eine Vernehmungsbeamtin als Zeugin vehement. Auf die Frau sei bei den insgesamt sechs Vernehmungen kein Druck ausgeübt worden. Auch sei ihr im Fall einer Verurteilung kein geringeres Strafmaß in Aussicht gestellt worden, erklärte die Beamtin. Bei der ehemaligen Freundin von Schneider hatte der Vorwurf im Raum gestanden, dass sie ebenfalls seiner kriminellen Vereinigung angehört habe. Diesen möglichen Vorwurf sehe das Gericht inzwischen nicht mehr, hatte Horstkötter der Zeugin vor der Anhörung erklärt.

In den Vernehmungen der Polizei hatte die Frau nach Angaben des Gerichts zu einer anderen angeklagten Straftat erklärt, dass vermutlich Schneider die Scheiben eines Autos eingeschlagen habe. Diese Aussage relativierte sie vor Gericht nun deutlich. Die Zeugin erklärte, dass Schneider nach der Statur und dem Gang der vermummte Täter gewesen sein könnte. Sicher sei sie sich aber nicht.

In dem Prozess müssen sich sechs Neonazis wegen des Anschlags auf eine geplante Notunterkunft für Flüchtlinge verantworten. Dabei brannte die Sporthalle eines Oberstufenzentrums im August 2015 vollständig nieder. Der Gruppe werden als krimineller Vereinigung noch weitere rechtsextreme Straftaten vorgeworfen.

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