piwik no script img

Prozess um Missbrauch in LügdeLange Haftstrafen gefordert

Die Staatsanwaltschaft plädiert für Gefängnisstrafen von bis zu 14 Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung für die Hauptangeklagten.

Fall Lügde: Beiden Angeklagten droht Sicherungsverwahrung Foto: dpa

14 Jahre könnte Andreas V. im Gefängnis verbringen, Mario S. zwölf Jahre und sechs Monate. Beide Hauptangeklagte im sogenannten Lügde-Prozess um massenhaften sexuellen Kindesmissbrauch könnte im Anschluss an die Haft zudem Sicherungsverwahrung drohen. Dafür plädierte die Staatsanwaltschaft Detmold am Freitag im Landgericht.

Am 9. Prozesstag trugen zudem acht Vertreter*innen der Nebenklage ihre Plädoyers vor. Fünf von ihnen schlossen sich dem vorgeschlagenen Strafmaß der Staatsanwaltschaft an. Zwei Nebenklänger*innen forderten für beide Männer 14 Jahre und sechs Monate, also ein halbes Jahr unter der Höchststrafe für sexuellen Kindesmissbrauch. Ein anderer Nebenkläger forderte 14 Jahre Haft für beide mutmaßliche Täter.

Dem 56-jährigen Arbeitslosen V. und dem 34-jährigen Maler und Putzmann S. werden sexuelle Gewalt an Kindern in insgesamt über 450 Fällen vorgeworfen. Auf einem Zeltplatz in Lügde-Elbrinxen haben sie jahrelang Mädchen und Jungen zum Teil schwer missbraucht.

Vor dem Verlesen der Plädoyers am Freitag wurde das medizinisch-psychiatrische Gutachten zum Angeklagten Andreas V. vorgetragen. Die Essener Psychologin Kristina Krisam bescheinigte dem Mann einen „tief verwurzelten Hang zur Begehung von Straftaten in Fragen der sexuellen Selbstbestimmung“, wie Gerichtssprecher Wolfram Wormuth sagte. Mit anderen Worten: Es ist damit zu rechnen, dass Andreas V. nach seiner Entlassung rückfällig werden könnte. Ähnliches bescheinigte bereits am Donnerstag die Waltroper Psychiaterin Marianne Miller dem Angeklagten Mario S.

Sollte das Landgericht Detmold, das seit Ende Juni den Fall verhandelt, eine Sicherungsverwahrung anordnen, werden die beiden Angeklagten solange im Vollzug bleiben, wie ihnen Gutachter*innen keinen Hang zu sexuellen Straftaten mehr bescheinigen. Am vergangenen Donnerstag, dem achten Prozesstag, las Richterin Anke Grudda Stellungnahmen von minderjährigen Opfern vor, die seit dem Missbrauch unter Alpträumen leiden und fürchteten, dass Andreas V. aus dem Gefängnis fliehen und ihnen erneut Gewalt antun könnte.

Am 30. August sollen die letzten Plädoyers der Nebenklage verlesen werden, am 5. September könnte Richterin Grudda das Urteil verkünden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Ist nicht einer, der "nur" gefilmt hat, mit einer Bewährungsstrafe davongekommen?



    Bestand bei ihm keine Wiederholungsgefähr?

  • " [...] solange im Vollzug bleiben, wie ihnen Gutachter*innen keinen Hang zu sexuellen Straftaten mehr bescheinigen. "

    Es muss heißen: ", bis ihnen Gutachter*innen ..."

    • @Reyde Lanada:

      Sehr sehr wichtig



      Fehlt dir sonst nichts?

  • Es handelt sich um organisierten Missbrauch. Die Angst der Opfer ist berechtigt.