Prozess um Besetzung leerer Wohnungen: Verfahren eingestellt
Initiative wollte Leerstand von Wohnungen anprangern: Einer der Besetzer der Habersaathstraße 46 wurde zu 360 Sozialstunden verdonnert.
Rechtsanwältin Teresa Amigo, die den Angeklagten vertrat, erklärte, dass bei der Einstellung auch eine Rolle gespielt hat, dass die Gerichte wegen vieler Delikte aus dem rechten Spektrum überlastet seien. Dass W. den Hausfrieden gebrochen haben soll, weil er mit dafür gesorgt hatte, dass Obdachlose gut erhaltenen Wohnraum in der Habersaathstraße besetzt hatten, versteht auch Daniel Diekmann nicht. Er gehört zu den knapp 10 Mietparteien, die noch in dem Gebäudekomplex wohnen.
Die übrigen 95 Wohnungen in dem 1984 als Schwesternwohnheim mit öffentlichen Mitteln gebauten Ensemble stehen schon seit Jahren leer. 2004 wurden die Gebäude privatisiert. Seit 2017 sind sie im Besitz der Arcadia Estates. Sie hat einen Abrissantrag gestellt und will dort hochpreisige Appartements errichten. Das Bezirksamt hingegen will die Gebäude als schützenswerten Wohnraum erhalten. Dagegen klagt der Eigentümer vor Gericht und die Häuser stehen weiter leer.
Darin sieht Valentina Hauser von der Initiative „Leerstand hab ich satt“ im Gespräch mit der taz den eigentlichen Skandal. „Diejenigen, die diesen fortgesetzten Leerstand zu verantworten haben, gehören vor Gericht“, erklärt sie. Mieter Diekmann zeigt sich allerdings nicht besonders optimistisch, dass der Leerstand schnell behoben wird. Nach der Neukonstituierung des Bezirksamts in Mitte geht die Zuständigkeit dafür von der Linken-Stadträtin Ramona Reiser an den Bürgermeister Stephan von Dassel von den Grünen über.
„Leerstand sinnvoll nutzen“
Große Hoffnung, dass dieser den Leerstand schnell beseitigen kann, hat auch ein langjähriges Mitglied der Grünen nicht, das am offenen Mikrofon bei der Kundgebung vor dem Amtsgericht Tiergarten anmahnt, dass dort schnell wieder MieterInnen einziehen. Das ist auch das Ziel des außerparlamentarischen Bündnisses Mietenwahnsinn Nord, das in den letzten Monaten Leerstand in Moabit und Wedding öffentlich gemacht hat. Unter dem Motto „Leerstand sinnvoll nutzen“ hat es kürzlich eine Petition gestartet, die bisher von knapp 1.000 Menschen gezeichnet wurde.
Am kommenden Freitag plant die Initiative von 13 bis 16 Uhr eine Kundgebung gegen Leerstand vor der Schulstraße/Maxstraße im Wedding. So wird auch deutlich, dass der Leerstand in dem Gebäudekomplex in der Habersaathstraße in Berlin nun wirklich keine Ausnahme ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen