piwik no script img

Prozess in Norwegen„Bonus-Prinz“ wegen Vergewaltigung angeklagt

Der Sohn von Norwegens Kronprinzessin Mette-Marit soll an Frauen sexuelle Handlungen vorgenommen haben, während sie schliefen. Nun wird er angeklagt.

Marius Borg Høiby und Norwegens Kronprinzessin mette-Marit in Oslo, Juni 2022 Foto: Lise Aserud/Scanpix/ap

Kiruna taz | Es sind schwere Vorwürfe, mit denen Staatsanwalt Sturla Henriksbø in Oslo vor die Presse trat: Marius Borg Høiby, der älteste Sohn der künftigen Königin von Norwegen, wird wegen vier Fällen von Vergewaltigung angeklagt. 28 weitere Punkte, darunter häusliche Gewalt und unzulässige intime Filmaufnahmen, werden ihm außerdem zur Last gelegt. Das berichtete der norwegische Rundfunk NRK am Montag.

Es ist ein Jahr her seit der ersten Festnahme des sogenannten Bonus-Prinzen, der als Sohn aus einer früheren Beziehung von Kronprinzessin Mette Marit nicht offiziell zum Königshaus gehört. Der Vorwurf damals: Er soll gewalttätig gegenüber einer Exfreundin geworden sein und in ihrer Wohnung randaliert haben. Es sei unter Alkohol- und Kokaineinfluss passiert, räumte er ein, und er wolle dafür die Verantwortung übernehmen.

In der Folge meldeten sich zwei weitere Frauen öffentlich zu Wort, mit denen Borg Høiby zuvor zusammen gewesen war. Auch sie berichteten von Gewalt. Dann kam der erste Vergewaltigungsvorwurf, von noch einer anderen Frau.

Diesen Anklagepunkt legte die Staatsanwaltschaft am Montag sehr konkret dar: Es gehe um vier Vergewaltigungen, eine mit sogenanntem vollzogenen Geschlechtsakt, drei ohne. Betroffen seien vier Frauen. Der Staatsanwalt berichtete, es gebe Videoaufnahmen, die dies belegten. Die Vergewaltigungsvorwürfe hatte der Anwalt des nun Angeklagten bisher vollständig zurückgewiesen.

Die Sache sei von großem Ernst, sagte nun der Staatsanwalt. „Vergewaltigung und Gewalt in nahen Beziehungen sind sehr ernste Taten, die dauerhafte Spuren hinterlassen und Leben zerstören können.“

Das Königshaus gibt sich zugeknöpft

Das norwegische Königshaus hatte sich mit Äußerungen meist sehr zurückgehalten. Ähnlich klang es jetzt: „Das Gericht sei nun zuständig, den Fall zu verhandeln und zu einer Entscheidung zu kommen.“ Mehr sei nicht hinzuzufügen.

Im November, nach Bekanntwerden des ersten Vergewaltigungsvorwurfs gegen seinen Stiefsohn, hatte Kronprinz Haakon, auf einer Dienstreise darauf angesprochen, gesagt: „Heute denken wir natürlich an alle Betroffenen.“ Und: „Ich wäre jetzt gerne bei Mette“.

Die Polizei hatte ihre Ermittlungsergebnisse vor rund anderthalb Monaten der Staatsanwaltschaft übergeben – damals mit 23 strafbaren Vorwürfen, noch weniger als nun in der Anklage.

Es sei nicht vorgesehen, Marius Borg Høiby zu verhaften, sagte Henriksbø gegenüber NRK. Das würde erst nach einem entsprechenden Urteil passieren, sofern nicht vorher neue Vorwürfe auftauchten. Bei einer Verurteilung wäre das höchste Strafmaß laut Staatsanwalt zehn Jahre Haft.

Die beliebte Familie und der männliche Machtmissbrauch

Die Königsfamilie ist in Norwegen an sich sehr beliebt, man sieht sich weithin gerne von König Harald und Königin Sonja und auch vom Kronprinzenpaar repräsentiert. Mette-Marits Sohn, der als Kleinkind in diese Familie und damit in die Öffentlichkeit kam, war derweil lange beliebtes Thema für die Klatschpresse – als Jugendlicher im Angeber- und Partymodus.

Inzwischen ist sein Fall längst zu einem gesamtgesellschaftlich diskutierten Aufregerthema geworden, in seiner Beispielhaftigkeit für männlichen Machtmissbrauch. Aber auch in der Frage, was seine buchstäblich staatstragende Familie im Umgang damit tun kann und sollte. Ob die bereits zurückgegangene Zustimmung zur Institution Königshaus mit dem kommenden Gerichtsprozess weiter sinkt, wird sich zeigen. Der Prozess könnte laut Staatsanwalt im Januar beginnen und etwa sechs Wochen dauern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!