Prozess gegen eine Klimaaktivistin: Ein Deal unter Zeitdruck
Eine Straßenblockiererin verteidigt sich vor Gericht selbst. Doch die angesetzte Zeit für das Verfahren reicht nicht aus – zur allgemeinen Unzufriedenheit.
Anders als einige ihrer Mitstreiter:innen damals hat sie den Strafbefehl nicht akzeptiert und zieht sie vor Gericht. Sie will die rechtmäßige Notwendigkeit ihres zivilen Ungehorsam beweisen. Deshalb verteidigt sie sich selbst. Fünf Vertraute geben ihr Rückendeckung.
Angesetzt ist die Verhandlung für eine Stunde. Zu wenig, findet neben Gerdes auch der zuständige Richter, der den Fall kurzfristig übernommen hatte. Die Terminierung erfolgte durch seinen Vorgänger. Schließlich wären zwei Zeugen geladen gewesen, von denen aber nur einer, ein Polizist, aussagen kann.
Zumindest ist Zeit für ihre Einlassung, in der Gerdes ihre Motivation schildert. Wiederholt beruft sie sich auf den Grundgesetzartikel 20a, in dem die Bundesregierung sich selbst verpflichtet, die natürlichen Lebensgrundlagen der künftigen Generationen zu schützen sowie auf Paragraph 34 StGB, wonach Straftaten in dem Fall nicht bestraft werden, sofern sie dazu dienen, eine unmittelbare Gefahr von sich oder einem anderem abzuwenden. Das sieht sie im Nichthandeln der Bundesregierung und dem Zusteuern auf den klimatischen Kontrollverlust als erfüllt an.
Die Zeit rennt
Auch aus ihrer eigenen Berufserfahrung aus der Entwicklungszusammenarbeit berichtet sie: Dadurch habe sie die Auswirkungen der Klimakatastrophe im Globalen Süden persönlich miterlebt. Letztlich beruft sie sich auch auf anerkannte Klimaforscher:innen, wie etwa Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Jener wird in einem ähnlichen Fall nächste Woche vor dem Landgericht persönlich als Sachverständiger gehört. Ein Novum im Falle der Prozesse gegen Klimaaktivist:innen, mit dem Potenzial, ein Präzedenzfall zu werden. Gerdes allerdings nützt dies noch nichts, immerhin wird ihre Argumentation aufmerksam vom Richter verfolgt.
Doch in der einen Stunde kann gerade einmal die Nötigung verhandelt werden. Gerdes ist entsetzt. Der zuständige Richter möchte die Verhandlung zu einem späteren Termin weiterführen. Doch da wird Gerdes beruflich im Ausland sein.
Um die Verhandlung nicht wieder von vorne beginnen zu müssen, bietet die Staatsanwaltschaft den Kompromiss an, den Vorwurf der Nötigung nicht weiterzuverfolgen. Bezüglich des Widerstands müsse Gerdes sich aber in Form einer Geldstrafe verantworten. Erschöpft nimmt sie das Angebot an.
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