Prozess Mieterhöhung in München: Hohenzollernkarree wehrt sich

In München gehen viele Bewohner gegen einen dreisten Plan von Mieterhöhung vor. Das Gericht hat ihnen nun Recht gegeben.

Graue Reihenhäuser nebeneinander

Die Mieten in dieser Wohnanlage in Schwabing sollen drastisch erhöht werden Foto: Sina Schuldt/dpa

MÜNCHEN taz | Die bundesweite Mietpreisbremse zieht offenbar doch – zumindest im Fall der Bewohner von 220 Wohnungen im Hohenzollernkarree in München-Schwabing. Diese sahen sich in den letzten Tagen des vergangenen Jahres mit der Ankündigung drastischer Mieterhöhungen von bis zu knapp 100 Prozent konfrontiert, denn das Ensemble sollte umfangreich renoviert werden. Bei der Mitteilung galt – gerade noch – das alte Mietrecht, das dies ermöglicht hätte.

Das Oberverwaltungsgericht München hat den Mietern nun Recht gegeben und den Plan ausgebremst. Es sei nicht zulässig sei „noch schnell altes Recht abzugreifen“, meint auch der Münchner Mieterverein. Nach dem Urteil sagt dessen Geschäftsführer Volker Rastätter: „Es lohnt sich, für faire Mieten vor Gericht zu ziehen.“

Am Vormittag saßen Sigrid Seidl, Silke Höppner und andere Mieter der Anlage noch sehr angespannt und voller Zweifel im Gerichtssaal des Justizpalastes. Seidl, 58 Jahre alt, zahlt momentan 677 Euro für ihre 57 Quadratmeter große Wohnung, künftig sollen es 600 Euro mehr sein. „Ich bin fix und alle“, sagt die Frau im rosa Dirndl. Seit 1991 wohnt sie dort, derzeit sie sich auch noch um ihre Mutter im Pflegeheim kümmern.

Höppners Miete beträgt 805 Euro für 60 Quadratmeter. Vom Vermieter, der Max-Emanuel Immobilien GmbH, waren ihr künftig 1.600 Euro angekündigt worden. Könnte sich die Versicherungsangestellte das leisten? „Nö“, sagt sie und lacht bitter.

Am Nachmittag dann die große Freude, als der Vorsitzende Richter Nikolaus Stackmann der so genannten Musterfeststellungsklage des Mietervereins München stattgibt. „Der Planungsstand rechtfertigt die Modernisierungsankündigung nicht“, sagt er. Das bedeutet: Die Immobiliengesellschaft, die die Schreiben am 27. Dezember vergangenen Jahres den Mietern – per Bote – überbracht hat, wollte das alte Recht noch ausnutzen, obwohl die teure Modernisierung noch gar nicht konkret vorbereitet war. Das Gericht hat damit bundesweit zum ersten Mal in einem solchen Fall entschieden.

Die Revision ist zugelassen

Bis zur Jahreswende war die Rechtslage so: Vermieter konnten Modernisierungen großzügig auf die Mieten umlegen, jährlich bis zu elf Prozent der Kosten. Dieser Anreiz war in den 1970er-Jahren mit dem durchaus sinnvollen Ziel geschaffen worden, den Wohnungsbestand zu modernisieren. Damals hatten viele Wohnungen etwa keine Zentralheizung, manche nicht einmal ein eigenes Bad.

In den letzten Jahren war aber am Spitzenstandort München vielfach zu sehen, wie in Wohnquartieren Türen und Fenster erneuert, Rollläden, Balkone und neue Dämmungen angebracht und Außenaufzüge eingebaut wurden. Wer danach die viel höheren Mieten nicht mehr zahlen konnte, musste ausziehen. Und schließlich wurden die Wohnungen einzeln zu Höchstpreisen verkauft.

Nach neuem Recht aber ist es nur noch erlaubt, acht statt elf Prozent auf die Miete umzulegen. Und vor allem: Der Betrag darf nicht über drei Euro pro Quadratmeter liegen. Wer also beispielsweise 60 Quadratmeter hat, dessen Miete kann nur um maximal 180 Euro steigen. Die Hausverwaltung der Max-Emanuel Immobilien GmbH hatte mitgeteilt, dass die geplanten Erhöhungen „die rechtlichen Möglichkeiten bei weitem nicht ausgeschöpft“ hätten.

Ob es das Ziel sei, die Mieter „hinauszumodernisieren“, will der Richter vom Immobilien-Anwalt Wolfgang Stürzer wissen. Dieser sagt ausweichend: „Über Verkaufspläne ist mir nichts bekannt.“

Die Revision ist zugelassen, der Fall dürfte damit sicherlich vor dem Bundesgerichtshof kommen. Bis zu einem Entscheid würde es aber einige Jahre dauern, meint der Geschäftsführer des Münchner Mietervereins Rastätter. „Bis dahin haben die Leute Ruhe.“

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