Proteste in Russland: Die Opposition meldet sich zurück

Tausende demonstrieren in Moskau für die Freilassung aller politischen Gefangenen. Die Polizei zeigt sich gelassener als bei früheren Kundgebungen.

„Freiheit für alle politischen Gefangenen!“: Demonstration am Sonntag in Moskau. Bild: dpa

MOSKAU taz | Unter dem Motto „Freiheit für die Gefangenen des 6. Mai und alle anderen politischen Gefangenen!“ sind am Sonntagnachmittag mehrere tausend Menschen im Zentrum der russischen Hauptstadt Moskau auf die Straße gegangen. Aufgerufen zu der Kundgebung hatten regimekritische Aktivisten aus dem liberalen Spektrum.

Im Gegensatz zu früheren Demonstrationen und anders als von Oppositionsgruppen noch am Samstag über das Internet verbreitet, mussten nicht alle Teilnehmer die zahlreichen, von der Polizei aufgestellten Metalldetektoren passieren, um an der Aktion teilnehmen zu können.

Mit der Forderung nach Freilassung der Gefangenen des 6. Mai knüpften die Veranstalter an die Großdemonstration, den sogenannten Marsch der Millionen am 6. Mai 2012 an. An diesem Tag war es am Rand einer Kundgebung gegen die erneute und unmittelbar bevorstehende Amtseinführung von Staatspräsident Wladimir Putin auf dem Bolotnaja-Platz zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Dabei wurden etwa 80 Polizisten leicht verletzt und rund 600 Teilnehmer festgenommen.

Gegen zwei Dutzend Demonstranten wurde Anklage erhoben, zwölf von ihnen wurden zu Haftstrafen verurteilt. Gegen 15 weitere Teilnehmer der 6.-Mai-Demonstration wird derzeit ermittelt. Insbesondere die Verurteilung des 6.-Mai-Demonstranten Michail Kosenko zu einer Einweisung in eine psychiatrische Klinik weckt bei vielen Russen Erinnerungen an die Zeit von Leonid Breschnew, als Andersdenkende in derartigen Einrichtungen mit dem Psychopharmakum Haldol zwangsbehandelt wurden.

Porträts von Pussy Riot

Den Demonstranten des 27. Oktober ging es nicht nur um die Gefangenen des 6. Mai. So waren bei der Kundgebung auch Porträts der verhafteten Mitglieder der Frauenpunkband Pussy Riot, des ehemaligen Ölunternehmers Michail Chodorkowski sowie seines Vizes Platon Lebedew zu sehen. Greenpeace-Aktivisten wiesen mit Papierschiffen auf die Haft der „Arctic 30“ hin. Den 28 in Murmansk inhaftierten Aktivisten soll demnächst wegen „Rowdytums“ der Prozess gemacht werden.

„Ständig werden unsere Freiheiten weiter eingeschränkt. Das neue Versammlungsgesetz, das Gesetz gegen Extremismus, all das macht mich sehr wütend.“ sagte eine ältere Teilnehmerin der taz. „Ich bin am 6. Mai vergangenen Jahres selbst dabei gewesen. Dort habe ich gesehen, wie junge Frauen in Jeans und T-Shirts, am Boden liegend von Omon-Polizisten getreten wurden. Die Bilder dieser gewalttätigen Polizisten waren entsetzlich“, sagte sie. „Mich empört, dass Chodorkowski bereits seit zehn Jahren sitzt. Der hat doch nichts verbrochen. Nur, weil er gegen Putin war, hat man ihn verurteilt“, meinte ein junger Mann.

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