Proteste in Rumänien: „Recht statt Korruption!“
Zehntausende gehen landesweit erneut auf die Straße. Die Kritik richtet sich nicht nur an die Regierung, sondern auch an die Opposition.
Präsident Klaus Johannis hatte dem Vorschlag der Koalitionsparteien, der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der Liberaldemokratischen Allianz (ALDE) zugestimmt, Dăncilă als neue Regierungschefin anstelle des zurückgetretenen Premiers Mihai Tudose anzuerkennen. Tudose ist der zweite Premier, der zum Rücktritt genötigt wurde, nachdem es zum offenen Konflikt mit dem PSD-Chef Liviu Dragnea gekommen war.
Dragnea ist ein intrigierender Strippenzieher, der seine Partei nach Gutsherrenart führt und die kleinste Abweichung von seinen Richtlinien ahndet. Gehorsamsverweigerung wird sofort bestraft. Die von der PSD ausgearbeiteten Pläne zur Justizreform, behaupten Kritiker, sollen unter Korruptionsverdacht stehende Politiker vor strafrechtlichen Konsequenzen bewahren.
Im Visier der Justiz steht auch der vorbestrafte PSD-Chef Dragnea. Er steht in den Augen der Protestierenden, die in den letzten Monaten immer wieder auf die Straße gegangen waren, an der Spitze eines mafiaähnlich agierenden Geheimbundes von korrupten Oligarchen, die die Geschicke des Landes lenken.
Einseitiges Bild
Dieses einseitige Bild zeichnen auch Vertreter der oppositionellen Nationalliberalen Partei (PNL) oder der von ExstaatspräsidentTraian Băsescu geführten Volksbewegungspartei (PMP). Dass die Anzahl der unter Korruptionsverdacht stehenden Personen, die diesen Parteien nahestehen, nicht geringer ist als die der regierenden PSD-ALDE-Koalition, drückt sich auch in der systemkritischen Zielrichtung der Protestierenden aus.
Im Grunde haben die Proteste alle Parteien im Visier. Eine realpolitische Alternative fehlt ihnen ebenso wie eine klare ideologische Ausrichtung. Am Samstag forderten vereinzelte Stimmen Neuwahlen, was bereits schon Vertreter der Opposition verlangt hatten und in ihrem Drang endlich an die Macht zu kommen, die Ergebnisse der letzten Umfragen ignorierten.
Slogans der Demonstranten
Fänden jetzt vorgezogene Wahlen statt, erhielten die regierenden Sozialdemokraten 42 Prozent der Stimmen. Das wären 3 Prozent weniger als bei den Parlamentswahlen 2016. Für ihren Koalitionspartner ALDE würden 9 Prozent stimmen, 2016 waren es 6 Prozent.
Die oppositionelle Nationalliberale Partei PNL erhielte 27 Prozent, bedeutend mehr als vor zwei Jahren. Der als zivilgesellschaftlicher Heilsbringer aufgetretene Verband Rettet Rumänien (USR), der es 2016 mit 9 Prozent ins Parlament schaffte, liegt bei nur noch 5 Prozent.
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