Proteste in Italien: Neue Regierung, erster Mord
In Kalabrien wurde ein Erntearbeiter aus Mali erschossen. Innenminister Salvini hatte zuvor das Ende der Schonzeit für Migranten ausgerufen.
Kaum bekleidete Lega-Chef Matteo Salvini ein paar Stunden das Amt des italienischen Innenministers, als er schon das „Ende des süßen Lebens“ für sogenannte illegale Migranten in Italien beschwor. Sie könnten ihre Koffer packen, alles würde ruhig und wohlerzogen ablaufen, „aber sie müssen gehen“.
Am selben vergangenen Samstag musste dann tatsächlich jemand „gehen“: Sacko Soumali, 29-jähriger sogenannter legaler Migrant aus Mali, Vater einer fünfjährigen Tochter, wurde in Kalabrien von einem Unbekannten erschossen, zwei seiner Freunde wurden verletzt.
Streik und Demo
Mit Soumali, der auch gewerkschaftlich engagiert war, hatten sie an einer der stillgelegten Fabriken, die das Gemeindegebiet des mafiabeherrschten Städtchens San Ferdinando verunstalten, Material für das Camp der Migranten, die dort für ein paar Euro täglich Gemüse und Früchte ernten, sammeln wollen. Ein Diebstahl, wenn man so will, und so nannten es auch die Demonstranten, Freunde und Kollegen Soumalis, die gestern an ihn erinnerten und in Streik traten: Bei einem Diebstahl aber ruft man die Polizei, man ermordet keinen Menschen!
Übergriffe und mafiöse Ausbeutung von Erntearbeitern sind in Italien alltäglich, die Bedingungen, unter denen sie leben, desaströs. Da der Schwerpunkt der neuen Regierung jedoch nicht auf der Bekämpfung der gerade im süditalienischen Kalabrien allmächtigen Mafia , sondern auf der Bekämpfung der machtlosen Migranten liegt, wird sich daran nichts ändern.
Schlimmer noch: Angesichts des Drucks der EU und der realen, enormen Probleme Italiens wird die neue Regierung wohl am Ende nur auf einem Feld Erfolge einheimsen können: in der Stimmungsmache gegen die Schwächsten der Gesellschaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist