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Proteste in GarzweilerPolizei und Grüne schweigen

Es gibt Zweifel an Polizeiangaben zu den Garzweiler-Protesten. Bilder belegen die Zusammenarbeit zwischen RWE und Polizei.

So sieht es aus, wenn Polizei und Werksschutz nicht zusammenarbeiten. Foto: M. Kreutzfeldt

Berlin taz | Nachdem die Aufarbeitung des Polizeieinsatzes bei den Protesten in Garzweiler im nordrhein-westfälischen Landtag verschoben wurde, üben die Piraten scharfe Kritik an SPD-Innenminister Ralf Jäger. „Es ist ein Unding, dass er die Sitzung des Innenausschusses vorzeitig verlassen hat“, sagte der Innenexperte der Fraktion, Frank Herrmann, der taz.

In seinem Bericht über den Polizeieinsatz zur Massenblockade des RWE-Braunkohletagebaus habe der Minister die Vorwürfe gegen die Polizei „ignoriert“ beziehungsweise „heruntergespielt“, sagt Herrmann. „Ich glaube nicht, dass unter diesem Minister eine objektive Aufklärung des Sachverhalts möglich sein wird.“ Der Minister hatte den Innenausschuss am Donnerstag wegen eines Anschlusstermins verlassen, bevor über den Garzweiler-Ausschuss gesprochen wurde. Die nächste Sitzung findet Ende September statt.

Im Rahmen einer angekündigten Massenblockade hatten Mitte August über 1.000 Menschen den Braunkohle-Tagebau Garzweiler besetzt. Anschließend übten Teilnehmer und Beobachter scharfe Kritik am Polizeieinsatz: Sie sei mit übermäßiger Härte gegen die Aktivisten vorgegangen, habe eng mit dem RWE-Sicherheitsdienst zusammengearbeitet und Journalisten an der Arbeit gehindert.

Diese Vorwürfe werden im Bericht des Innenministeriums zurückgewiesen. Die Unterstützung von drei Polizeikräften durch den RWE-Sicherheitsdienst bei einer Festnahme sei nur in einem einzigen Fall dokumentiert, hieß es.

Keine Lust auf Presseanfragen

Diese Aussage erscheint fragwürdig. Wie das taz-Foto oben zeigt, haben Polizei und Werkschutz auch an anderer Stelle gemeinsam bei der Festnahme zusammengearbeitet. Bei dem Mann rechts im Bild handelt es sich nach Recherchen des WDR um den Einsatzleiter der privaten Sicherheitsfirma IWSM. Er ist auch auf einem anderen Bild bei einer gewaltsamen Festnahme zu sehen. Das Innenministerium äußerte sich auf Anfrage nicht zu diesem Widerspruch. Die Frage müsse zunächst mit der zuständigen Polizeidienststelle Düren geklärt werden, sagte der Sprecher.

Doch auch die Polizei in Düren lehnte eine Stellungnahme in ungewöhnlicher Schärfe ab. „Ich habe keine Lust, neue Fragen von Ihnen zu beantworten“, teilte der Leiter der Pressestelle, Frank Thomaßen, der taz mit. Erst nach einer Beschwerde kam am späten Nachmittag doch noch eine Antwort – allerdings weiterhin nicht zur Frage, inwieweit der auf dem Bild dokumentierte Einsatz eine Korrektur der bisherigen Polizeiangaben zur Zusammenarbeit mit RWE erforderlich mache.

Keine Stellungnahme zur Kritik am Polizeieinsatz und der verschobenen Aussage des Innenministers gibt es auch von den Grünen, die in NRW mit der SPD regieren. Die Vorwürfe sollten zunächst intern aufgeklärt werden, hieß es aus dem Vorstand. Das sorgt für Ärger bei der Grünen Jugend, die selbst zu den Protesten in Garzweiler mobilisiert hatte. „Uns irritiert es schon, dass es keine Reaktion gibt“, sagte die Landesvorsitzende Lisa-Marie Friede der taz.

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13 Kommentare

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  • Jede Regierung, die vom Demokratiekurs abdriftet, schafft sich selber vorher erst die dafür notwendigen Gesetze. Dafür haben wir gerade in Deutschland mehr als genug Beispiele…

  • Diese seltsame Allianz von Polizei und Werksschutz lässt sich doch gar nicht mehr glaubwürdig bestreiten. Deshalb weicht man jetzt aus und versucht Zeit zu schinden bis Gras über die Sache gewachsen ist. Meistens klappt das ja auch - also unbedingt dranbleiben!

  • Lächerlich, wie hier immer und immer wieder die Karte Hausfriedensbruch/Privatgelände gezückt wird.

     

    Ein Konzern, der so reich und mächtig ist, dass er die ganze Landesregierung kaufen kann und gigantisch große Flächen notfalls unter Zwang enteignen lässt, der unsere Gesundheit mit veralteten Dreckschleuderkraftwerken schädigt und trotzdem einer der großten Subventionsempfänger ist, kann nicht mit einem privaten Vorgarten oder einer Disco verglichen werden.

    • @Khaled Chaabouté:

      wenn es um den Vorwurf geht, dass Polizei und privater Sicherheitsdienst kooperieren, spielt es überhaupt keine Rolle, wie groß RWE ist. Auf Privatgelände haben beide das Recht - ggf. auch gemeinsam - Menschen zu vertreiben und ihre Personalien festzustellen, die dort nix zu suchen haben.

      • @Dr. McSchreck:

        Wie lange geht es wohl noch, bis der meiste Grund und Boden nur noch den Privaten gehört, egal mit welchen politiknahen Transaktionen sie an ihren "Besitz" gekommen sind ?

  • bei der „ Lebenslaute“-Aktion „Andante an der Kante“ im Anschluss an „Ende Gelände“ , bei der ebenfalls für einen ganzen Tag die Bagger im Tagebau Hambach mit Unterstützung von Ende-Gelände-Aktivisten lahm gelegt worden sind, sehe ich in dem TV-Bericht http://graswurzel.tv/v255.html Beweise für Gewaltanwendung durch RWE Mitarbeiter:

    Bei 3.53 Minuten sieht man wie ein RWE Fahrzeug grundlos in hoher Geschwindigkeit auf die Gruppe zurast

    und kurz vorher abdreht.

    Auch die völlig sinnlose Wiederholungsschleife des Tonbands (etwa 3

    Stunden lang in übermäßiger Lautstärke und im Film gut zu hören während der Musikbeiträge im Baggerloch) mit der Androhung von

    Strafanzeigen, kombiniert mit der Kesselsituation, war nur dazu da um die

    Teilnehmer psychisch zu zermürben. Diese Durchsage hätte einmal

    gereicht, um ihren Zweck zu erfüllen.

  • Die Blockade war schlicht illegal und somit ein rechtswidriger Angriff auf RWE. Daß die Polizei mit dem Sicherheitsdienst des Opfers dieses rechtswidrigen Angriffs kooperiert, ist kein Skandal, sondern schlicht und einfach Teil ihrer Aufgabe als Schützer von Recht und Ordnung.

    • @Yoram Hartmann:

      Schon mal etwas von zivilem Ungehorsam gehört. Vielleicht doch angebracht, da RWE mit Hilfe der Politik die Landschaft zerstört, Menschen vertreibt und die Luft verpestet.

  • Die Demonstranten waren auf Privatgelände. Von daher ist es normal, dass Mitarbeiter des Eigentümers die Polizei unterstützen diejenigen zu identifizieren, die sich dort nicht aufhalten dürfen.

    Wenn ich eine Disco habe und nach einer Schlägerei Hausverbote erteilt habe, die die Betreffenden schlicht ignorieren, ist es völlig normal, dass der Sicherheitsdienst mit der Polizei zusammenarbeitet, um die Hausverbote durchzusetzen und die Anzeigen aufzunehmen wegen Hausfriedensbruchs. Nicht viel anders ist die Situation hier, auch wenn es eine "Demo" war. Aber eine Demo findet auf öffentlichem Gelände statt, nicht auf Privatgeländer, wenn der Eigentümer das nicht will. Daher haben dann auch keine Journalisten mehr besondere Rechte, sie haben Privatgelände zu verlassen, wenn sie vom Eigentümer oder dessen Berechtigten darauf hingewiesen werden.

    So ist die Rechtslage.

  • Man kann die Grünen, wenn sie an die Macht gekommen sind, als demokratische und zukunftssichernde Kraft vergessen. Das sollte man wissen schon bevor man zur Wahl geht. Prinzipien werden von den etablierten Grünen der bekömmlichen Bequemlichkeit des Regierens geopfert.

    • @Ulrich Frank:

      Kann ich nur bestätigen. In Hamburg vor der Wahl: Wir brauchen Umweltzone, Stadtbahn, effektive Massnahmen gegen die zu hohe Stickoxidbelastung. Nach der Wahl: UZ nicht nötig, 5 x so teure U Bahn, allein Radverkehr gegen hohe Luftbelastung. Alles Wischiwaschi. Definitiv nicht mehr wählbar.

    • 2G
      23879 (Profil gelöscht)
      @Ulrich Frank:

      Völlig richtig. Ich denke aber, das gilt für jede Partei, sofern sie an die Macht gelangt. Beispiele aus der Geschichte gibt es dafür genügend.

      • @23879 (Profil gelöscht):

        Auch richtig. Aber die krasse Ungeniertheit und die umgehende Raschheit der Wendehälsigkeit nach einer Wahl - mit welcher das die Grünen tun - nachdem sie sich als Protestpartei profiliert haben und sich Bürgerbewegungen angeschlossen haben - ist dann schon erschütternd.