Proteste in Frankreichs Frauenfußball: Grève! Strike! Und raus ist sie
Nationaltrainerin Corinne Diacre wird nach Protesten entlassen. Die Spitzenspielerinnen haben sich durchgesetzt.
Gute Meldungen, die man auch gern aus der Politik läse, kommen aus dem französischen Fußball. Corinne Diacre wurde als Nationaltrainerin der Frauen-Équipe entlassen. Vorausgegangen war ein Streik von drei Spielerinnen, darunter Kapitänin Wendie Renard. Das ganze vier Monate vor der WM in Australien und Neuseeland.
Corinne Diacre, die seit 2017 Cheftrainerin ist, bei der WM 2019 das Viertel- und bei der EM 2022 das Halbfinale erreichte, wird ein autoritärer Führungsstil vorgeworfen. Geschützt wurde sie von dem bisherigen Präsidenten des Verbands FFF, Noël Le Graët, der jüngst wegen des Vorwurfs des Mobbings und der sexualisierten Belästigung zurücktreten musste.
Diacre hatte sich wortgewaltig gewehrt. Von einer „Verleumdungskampagne, die in ihrer Heftigkeit und Unehrlichkeit erstaunlich ist“, sprach sie, warf den Spielerinnen vor, ihre „persönliche und berufliche Integrität anzugreifen“ und versprach, als Nationaltrainerin weiterzuarbeiten, um „Frankreich bei der nächsten Weltmeisterschaft stolz zu machen“.
Das wird nun ohne Corinne Diacre angepeilt. Der FFF hat festgestellt, dass es „eine sehr große Kluft zu einigen Spitzenspielern“ gibt, der Streit habe einen unumkehrbaren Punkt erreicht, „der den Interessen der Mannschaft schadet“.
Mit Diacres Rauswurf endet zunächst einmal eine der bemerkenswertesten Trainerinnenkarrieren im europäischen Fußball: 2014 war sie von einem französischen Männer-Zweitligisten, Clermont Foot, als Cheftrainerin verpflichtet worden und Ende 2015 wählte das Fachblatt France Football sie zum besten Zweitligatrainer des Jahres – m/w, wie man da wohl sprachholprig hinzufügen muss.
Fachliche Qualität ist da, aber ihr Verhalten verträgt sich nicht mit dem ökonomischen und sozialen Aufstieg des Frauenfußballs und seiner Akteurinnen. Spielerinnen wie Wendie Renard, Kadidiatou Diani und Marie-Antoinette Katoto, alle drei Weltklasse, hatten erklärt, nicht mehr im Nationalteam spielen zu wollen, „bis die nötigen Veränderungen umgesetzt sind“.
Als Wendie Renard Ende Februar als Erste zurücktrat, sprach sie davon, ihre psychische Gesundheit schützen zu müssen. Diani hatte in einem TV-Interview gesagt, nicht nur sie selbst, die meisten ihrer Mitspielerinnen „können es nicht mehr ertragen. Sie äußern sich nicht unbedingt, aber es ist wirklich so.“ Nun können und müssen sie zeigen, wie es weitergeht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste