Proteste in Ägypten: Islamisten legen vor

Eigentlich sollten die Demos der ägyptischen Opposition erst am Sonntag beginnen. Doch die Islamisten mobilisieren bereits jetzt und die Protestbewegung zieht nach.

Anhänger von Mursi am Freitag in Kairo. Bild: dpa

KAIRO dpa | Tausende von Ägyptern sind am Freitag auf die Straße gegangen, um den Rücktritt des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi zu fordern. Ihre Proteste waren ein Vorgeschmack auf die für Sonntag geplanten Großkundgebungen der Opposition. Mursi, der 2012 bei der ersten freien Präsidentschaftswahl mit knapper Mehrheit gewählt worden war, ist seit einem Jahr im Amt. Eine Protestbewegung will am Sonntag, dem Jahrestag seiner Vereidigung, mehr als 20 Millionen Unterschriften von Bürgern übergeben, die seine Absetzung und Neuwahlen fordern.

Die Demonstranten, die in Kairo, Al-Mahalla und Alexandria durch die Straßen marschierten, waren jedoch nicht die einzigen, die trotz des heißen Wetters mit Plakaten um die Unterstützung der Bürger warben. Tausende von Anhängern der islamistischen Parteien hielten im Kairoer Vorort Nasr-City eine Kundgebung unter dem Motto „Die Legitimität ist die rote Linie“ ab.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die Vereinigung Reporter ohne Grenzen stellen Mursi ein schlechtes Zeugnis aus. Alexia Knappmann von Amnesty erklärte: „In einigen Bereichen hat sich die Menschenrechtslage im ersten Amtsjahr von Mohammed Mursi sogar verschlechtert.“ Folter und Misshandlung von Festgenommenen seien weiter an der Tagesordnung. Die Schuldigen gingen straffrei aus.

Die Journalistenvereinigung sprach von einem „verloren Jahr für die Pressefreiheit in Ägypten“. Die neue Verfassung schütze Journalisten nicht ausreichend vor Diffamierung und Angriffen. Mursi und seine Anhänger heizten selbst die Stimmung gegen Medienschaffende aktiv an.

Streit in der Moschee

In der Rabea-al-Adawija-Moschee in Kairo kam es nach Berichten lokaler Medien zu Streit zwischen den Anhängern der Islamisten-Parteien und Betenden. Die Moschee-Besucher monierten, eine politische Bewegung dürfte eine Moschee nicht für ihre Aktivitäten benutzen. Der Imam der Moschee ließ sich von ihrer Kritik nicht beeindrucken. Er rief die Gläubigen in seiner Predigt dazu auf, „sich hinter dem legitimen Präsidenten zu scharen“.

In der Nacht gab es erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen den Islamisten und ihren Gegnern. Die Muslimbruderschaft berichtete, ein Student aus ihren Reihen sei in der Stadt Sagasig von bezahlten Schlägern getötet worden. Demonstranten steckten in Sagasig ein Parteigebäude der Bruderschaft in Brand. Das Nachrichtenportal "youm7" meldete unter Berufung auf das Gesundheitsministerium, seit Mittwoch seien vier Menschen bei gewaltsamen Ausschreitungen zwischen den politischen Gruppen getötet worden.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Regierung Zwangsmaßnahmen gegen regierungskritische Fernsehsender ergriffen hat. Gegen den Besitzer des Senders CBC, Mohammed al-Amin, wurde wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung ein Reiseverbot verhängt. Die Polizei sei in der Nacht mit einem Haftbefehl gegen den Betreiber von „Al-Faraein“, Tawfik Okascha, im Studio des Senders erschienen, berichtete ein Mitarbeiter des Senders.

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