Anti-Mursi-Demonstrationen in Ägypten: Drei Menschen sterben bei Protesten
Nach einem neuen Ausbruch tödlicher Gewalt herrscht in Ägypten gespannte Ruhe. Zahlreiche Ausländer verlassen das Land. Am Sonntag droht eine weitere Eskalation.

Das Volk ist auf der Straße. Der Tahrirplatz am Freitagabend. Bild: reuters
KAIRO/ALEXANDRIA dpa | Nach neuen tödlichen Protesten gegen den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi bereiten sich Opposition und Muslimbruderschaft auf weitere Demonstrationen vor. Am Freitag waren bei den Demonstrationen gegen Mursi mindestens drei Menschen getötet und mehr als hundert verletzt worden.
Auf dem Kairoer Tahrir-Platz campierten am Samstag noch Gegner des Staatsoberhaupts. An diesem Sonntag wollen sie mit Millionen Unterschriften Mursi zum Rücktritt zwingen. Es drohen blutige Konfrontationen mit den Islamisten. Die US-Botschaft schickte einen Teil ihrer Mitarbeiter aus dem Land.
Unter den Toten war auch ein US-Bürger. Nach Angaben der Sicherheitskräfte wurde er von einem zunächst nicht identifizierten Mann mit einem großen Messer in die Brust gestochen, als er Demonstranten fotografierte. Die New York Times berichtete am Samstag in ihrer Onlineausgabe, der 21 Jahre alte Student aus Ohio habe als Praktikant bei der Organisation Amideast in Ägypten Kindern Englisch beigebracht und zugleich sein Arabisch verbessert.
Im Laufe des Samstags verließen zahlreiche Ausländer das nordafrikanische Land. Sämtliche Flüge vom internationalen Flughafen Kairo in die USA, nach Europa und in die Golfstaaten waren nach Angaben aus Sicherheitskreisen ausgebucht. Auch Mitarbeiter und Familienangehörige der US-Botschaft – insgesamt 45 Personen – verließen den Angaben nach per Flugzeug das Land.
Das US-Außenministerium warnt
Die bisherigen Proteste waren erst ein Vorgeschmack auf die für Sonntag geplanten Großkundgebungen der Opposition. Das US-Außenministerium warnte Amerikaner vor nicht unbedingt nötigen Reisen in das Land. Alle US-Bürger wurden dringend aufgefordert, alle Demonstrationen in Ägypten zu meiden, weil selbst friedliche Versammlungen schnell gewalttätig werden könnten.
Auch das Auswärtige Amt empfiehlt deutschen Staatsbürgern „nachdrücklich“, während und nach den angekündigten Großdemonstrationen „besondere Vorsicht walten zu lassen und den jeweiligen Einzugsbereich der Demonstrationen (für Kairo insbesondere die Innenstadt und Heliopolis) weiträumig zu meiden“.
Ziel der Opposition ist der Rücktritt Mursis. Die islamistische Führung des Landes lehnt Neuwahlen aber ab. Mursi war 2012 bei der ersten freien Präsidentschaftswahl mit knapper Mehrheit gewählt worden. Eine Protestbewegung will am Sonntag, zum Jahrestag seiner Vereidigung, mehr als 20 Millionen Unterschriften von Bürgern übergeben, die seine Absetzung und Neuwahlen fordern. Seine Anhänger allerdings betonen, Mursi werde nicht vor Ende seiner vierjährigen Amtszeit zurücktreten.
Leser*innenkommentare
Thomas Sch.
Gast
Liebe Redakteure, in Ihren Artikeln wird zunehmend "gestorben". Also, es ist ja durchaus möglich, daß ein 92-jähriger, der an einem Demonstrationsmarsch teilnimmt, während der Demonstration an Altersschwäche stirbt oder an einem Herzinfarkt oder sonstwas. Wer aber auf einer Demonstration erschossen oder erschlagen wird, der "stirbt" nicht während der Demonstration, sondern der "wurde getötet". Nicht so klein der Unterschied, oder ?