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Proteste im SudanAngst nach einer Nacht der Gewalt

Kaum zeichnet sich im Sudan eine Einigung zwischen Miltär und Protestbewegung ab, überfallen Bewaffnete die Demonstrierenden in Khartum.

Trotz Ramadan gehen die Demonstrierenden im Sudan auf die Straße Foto: ap

Nairobi taz | Wut, Trauer und Unsicherheit herrschen in Sudan, nachdem in der Nacht zu Dienstag fünf Demonstranten und ein Soldat auf dem Protestplatz vor dem Armeehauptquartier getötet wurden. Dutzende Verletzte mit Schusswunden werden in Krankenhäusern behandelt. Opposition und Armee glauben, dass die Täter, die Militäruniformen trugen, Getreue des vor gut einem Monat gestürzten Ex-Präsidenten Omar al-Bashir sind. Sie schossen auf die Demonstranten, nachdem der Militärrat und die zivile Opposition Montagnacht bekannt gegeben hatten, dass sie kurz vor einer Einigung über die zukünftige Führung des Landes stehen.

Panik herrschte, nachdem die ersten Schüsse über den Platz hallten. Tote und Verwundete wurden schnell weggetragen, während Menschen ins Dunkel der Nacht flohen. Aber kurz darauf marschierten Hunderte von Menschen zurück auf den Platz zu und riefen: „Wohin gehen wir? Zum Tod! Wo ist der Tod?“ Als die Sonne aufging, kehrte die Ruhe in die Stadt zurück.

„Das haben wir schon immer gefürchtet“, berichtet der junge Geschäftsmann Mohamed el-Munzir Salman am nächsten Morgen. „Deshalb haben wir drei Barrikaden um den Platz aufgestellt, wo unsere eigenen Ordner jeden auf Waffen durchsuchen. Es gibt so viele aus dem Bashir-Regime, die versuchen, uns gegen das Militär aufzuhetzen, um Chaos zu stiften und dann wieder die Macht zu ergreifen.“

Sudans gefürchteter Inlandsgeheimdienst NISS erklärte direkt, dass er nichts mit der Schießerei zu tun habe. Anfang April hatte NISS auf Demonstranten vor dem Militärhauptquartier das Feuer eröffnet, woraufhin Soldaten als Beschützer der Opposition zurückschossen. Das endete ein paar Tage später mit dem Sturz von Bashir.

Die Armee schützt seitdem die Demonstranten auf dem Platz. Aber die Armee ist gegen eine Ausbreitung der Barrikaden in der Stadt, und das führte tagsüber am Montag schon zu großen Spannungen, als Demonstranten einige Hauptstraßen blockierten und den Dienstag zum „Tag des zivilen Ungehorsams“ ausriefen. Die Miliz RSF (Rapid Support Force) vertrieb die Demonstranten mit Tränengas, Schüssen in die Luft und sogar Peitschen. Dabei wurden einige Demonstranten verletzt.

Eine Rückkehr des Ex-Präsidenten ist unwahrscheinlich

Mit der Ausweitung ihrer Aktionen wollen die Demonstranten den Druck auf das Militär erhöhen, um die Übertragung der Macht an eine zivile Regierung zu beschleunigen. Die Opposition glaubt, dass der seit Bashirs Sturz regierende Militärrat die Gespräche über eine Übergangsregierung in die Länge zieht – in der Hoffnung, dass der Ramadan die Demonstranten schwächen wird und sie nach Hause gehen.

Es gibt so viele aus dem Bashir-Regime, die versuchen, Chaos zu stiften

Mohamed Salman, Geschäftsmann

Aber die Opposition hat Vorsorge getroffen. In Zelten können Fastende im Schatten sitzen, während die Temperaturen draußen über 40 Grad steigen und die pralle Sonne unerträglich ist. Morgens kommt ein ständiger Strom von Bürgern, die Wasser, Essen und Medikamente spenden. Sobald die Sonne untergeht, steht Essen und Trinken bereit für die Demonstranten.

Auch jenseits des Platzes vor dem Militärhauptquartier geht der Protest weiter. Die Arbeitnehmer der Stromgesellschaft streiken, weil sie glauben, dass die häufigen Stromausfälle nicht nötig sind, und weil Kunden sie manchmal angreifen aus Wut. Sie fordern die Entlassung des Direktors. Manche Einwohner vor allem von Arbeiter­vierteln glauben, dass die Armee hinter dem Strommangel steckt.

Trotz der Ankündigung von Opposition und Militärrat vom Montagabend, sie seien einem Kompromiss nah, ist noch immer vieles unklar. Die beiden Seiten sind sich einig über die Struktur und welche Macht der Präsidialrat, das Kabinett und das Parlament in Zukunft haben sollen, nicht aber über die Dauer der Übergangszeit und die Verteilung der Posten zwischen Militär und Zivilisten. Die Opposition will eine vierjährige Übergangszeit, dem Militär reichen zwei Jahre. Der schwierigste Punkt ist, ob es eine Mehrheit an Zivilisten oder an Militärangehörigen geben soll und welche Seite damit das letzte Wort hat.

Aber eine Rückkehr von Ex-Präsident Bashir erscheint immer unwahrscheinlicher. Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen Anstiftung und Beteiligung am Tod von Demonstranten angeklagt. Es gibt auch Ermittlungen gegen ihn wegen Goldwäsche und Terrorfinanzierung. Bashirs Schicksal ist unbekannt. Er soll verhaftet worden sein.

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