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Proteste gegen die AfD in DüsseldorfDemos gegen rechts unerwünscht

Gegen das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ geht die Staatsanwaltschaft hart vor. Aktivisten beklagen eine gezielte Kriminalisierung.

Unerlaubte Sitzblockade? Zumindest auf diesem Bild beugt sich die Staatsgewalt Foto: privat

DÜSSELDORF taz | In Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf hält die Staatsanwaltschaft offenbar nicht viel von Protest gegen Rechtspopulisten und Rassisten. In gleich drei Fällen gehen die Strafverfolger gegen Aktivisten des Bündnisses „Düsseldorf stellt sich quer“ vor, die gegen Veranstaltungen der AfD und der sogenannten Republikaner demonstriert haben. Ihnen drohen Geldstrafen von insgesamt mehr als 11.000 Euro.

Dem Sozialarbeiter Johannes Dörrenbächer wird vorgeworfen, im Mai 2017 einen Zugang zur Auftaktkundgebung der rechtspopulistischen AfD zur Landtagswahl blockiert zu haben. Der 27-Jährige muss sich deshalb am heutigen Dienstag vor dem Amtsgericht Düsseldorf verantworten: „Dem Angeklagten wird Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen“, bestätigt Gerichtssprecherin Elena Frick.

Vor Gericht verantworten muss sich auch der ehemalige Lehrer Kaspar Michels. Im April 2017 hat er vor einer Diskussionsveranstaltung Schilder mit Aufschriften wie „Die AfD ist in Düsseldorf nicht willkommen“ hochgehalten. Jetzt wirft die Staatsanwaltschaft dem pensionierten Beamten vor, eine nicht angemeldete Demonstration abgehalten zu haben – und fordert satte 1.500 Euro Geldstrafe.

„Hochgradig merkwürdige“ Verfahren

Vor dem Landgericht geht Anfang März außerdem ein Verfahren gegen zwei weitere Aktivisten von „Düsseldorf stellt sich quer“ in die Berufung: Torsten Nagel, am Rhein ehemaliger Geschäftsführer der Falken, und Mischa Aschmoneit, Mitarbeiter des soziokulturellen Zentrums Zakk, sollen 2016 dazu aufgerufen haben, eine lockere Polizeikette zu ignorieren. Abschirmen sollte die einen Aufzug der sogenannten Republikaner. Die Strafverfolger werfen Aschmoneit und Nagel deshalb nicht nur die „Störung einer Veranstaltung“, sondern auch Landfriedensbruch vor – und fordern Geldstrafen von insgesamt 8.800 Euro. „Hochgradig merkwürdig“ seien die Verfahren, sagt der Anwalt Jasper Prigge, der alle drei Prozesse betreut.

Gerade die Verfolgung des pensionierten Lehrers Michels spreche „für einen gewissen Verfolgungseifer“ – schließlich habe der strafrechtlich völlig unbelastete Lehrer versucht, alles richtig zu machen: Michels habe den 2-Personen-Protest, der jetzt als nicht angemeldete Demonstration verfolgt wird, auf Aufforderung der Polizei sogar als „Spontanversammlung“ angemeldet.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf war für eine Stellungnahme am Montag nicht zu erreichen.

Diese Prozesse wegen Lappalien richten sich gegen stadtbekannte Leute

Die Aktivisten von „Düsseldorf stellt sich quer“ werfen den Ermittlern dagegen vor, sie gezielt einschüchtern zu wollen. „Die wollen uns kriminalisieren und kleinmachen“, glaubt nicht nur Michels: „Wir haben in Düsseldorf 21-mal gegen den Pegida-Ableger Dügida demonstriert – jetzt ist von denen nichts mehr zu sehen“, sagt der pensionierte Beamte. „Wir gehen dazwischen, wenn es nötig ist, doch offenbar passt das in der Justiz nicht jedem.“

Die Staatsanwaltschaft fahre eine gezielte Kampagne gegen „Düsseldorf stellt sich quer“, glauben auch der Sozialarbeiter Dörrenbächer und der Zakk-Mitarbeiter Aschmoneit: „Diese Prozesse wegen Lappalien richten sich gegen stadtbekannte Leute, die der Polizei aus Dutzenden Kooperationsgesprächen bekannt sind“, analysiert der 49-jährige Aschmo­neit. „Ich frage mich: Wer will in der Staatsanwaltschaft unsere friedlichen Aktionsformen sabotieren, wer will zurück zu den gewalttätigen Scharmützeln der Vergangenheit?“ Einschüchtern lassen wollen sich die Aktivisten aber nicht: „Wir machen weiter“, versprechen sie.

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25 Kommentare

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  • Es gibt keinen Grund zur Kritik. Mich ärgert schon lange die Haltung vieler Linke, die meinen, man habe ein Recht, missliebige Demonstrationen zu behindern. Das Demonstrationsrecht gilt für alle, auch für Rechte.

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @verflixt:

      Ich finde auch, wie Sie, die Rechten sollten ihr Hakenkreuz zeigen dürfen, denn dann wüssten alle, wer wer ist. Und die CDU und die Linken müssten nicht immer rumrätseln: 'Ist er ein Nazi oder tut er nur so ...'.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Deutschland 2018, bereits das zeigen eines Schildes wird als 'Demonstration' gewertet, die angemeldet werden muss.

    Das Recht auf freie Meinungsäusserung war gestern.

  • Zwei denkbare Gründe AUSSER der ubiquitösen rechten Verschwörung, warum hier die Staatsanwaltschaft augenscheinlich ein besonders hart zu Werke geht, wären die hier:

     

    1. Die Rechten haben fleißige Anwälte.

    Wenn die beim politischen Gegner eine Lücke im juristischen Gebiss seghen, schreiben sie was, und setzen damit den Ermittlungsapparat in Gang. Und der kommt dann halt (z. B.) völlig richtig zu dem Ergebnis, dass ein extra gemaltes und zum Ort des Geschehens getragenes Demo-Schild ein starkes Indiz GEGEN das Vorliegen einer (nicht meldepflichtigen) Spontankundgebung ist.

     

    2. Gegendemos sind häufig von Hause aus rechtsstaatlich problematisch.

    Das Konzept der "Gegendemo" beinhaltet eigentlich idealerweise primär die Äußerung konträrer Meinungen zu den auf der "Hauptdemo" vertretenen, NICHT dagegen die gezielte Störung, Behinderung oder gar Unterbindung der Versammlung der Gegenseite. Ist eine Gegendemo erkennbar auf eine derartige Repression gerichtet oder gar aktiv gewaltbereit, liegt sie automatisch nahe an diversen Straftatbeständen. Die Staatsanwaltschaft würde also ihren Job nicht machen, wenn sie da kein waches Auge drauf würfe.

     

    Dass diese beiden Umstände vor allem in der Konstellation "Rechte Veranstaltung - Linke Gegendemo" auftreten, hat deutlich mehr mit den äußeren Umständen als mit einer eventuellen politischen Parteinahme der Staatsanwaltschaft zu tun. Man kann dsavon ausgehen, dass die auch den Rechten sehr genau auf die Finger und bei ihren Kundgebungen etwa nach volksverhetzenden Aussagen Ausschau hält. Aber da gilt halt auch wieder der Punkt 1 von weiter oben.

     

    Fazit:

    Für den Einsatz gegen Rechts gelten keines Sonderregeln: Der Zweck heiligt nicht die Mittel, und auch "ganz normale Normverstöße, die jedem mal passieren können", werden ohne Ansehung der noblen Motivation geahndet.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Da muss Laschet jetzt den Polen oder den Türken geben und seine Justiz ordentlich zurückpfeifen.

    Vielleicht hilft ihm die neue Generalsekretärin, die ja auch (noch) nicht will, daß die häßliche AfD-Verwandtschaft an Fahrt gewinnt.

  • Die Linken können ja demonstrieren aber ein tag später

    Weil die ja eh nur stunk machen und dann es denn Rechten in die Tasche schieben wollen

    • @enStuttgarter:

      Diese linken immer. Mit denen ist wirklich kein Staat zu machen...

    • @enStuttgarter:

      Aja? Sie wollen die Demonstrationsfreiheit einschränken? "Die [Linken] ja eh nur stunk machen" - das lässt tief blicken. Übrigens handelte es sich bei dem "Stunk" tatsächlich um eine Sitzblockade.

  • Na, da wird sich doch nicht etwa der Herr Staatsanwalt als AfD Mitglied outen wollen?

    • @Laughin Man:

      So was ähnliches hatten wir schon mal. Filbinger und Company sind mir noch gut in Erinnerung. Gehlen, den würd ich nicht wählen. Thüringischer Verfassungsschutz, ungewaschene Füße auf dem Dienstschreibtisch, Rotwein aus der Flasche trinken und .... alimentieren.

  • Höchste Zeit, mit der Entnazifizierung zu beginnen. Der braune Hirnfraß ist schon wieder virulent.

  • Als CDU- SPD- oder auch Grünen-Bürgermeister* tut man sich bei einer Wiederwahl halt leichter, wenn gewisse Luete nach Kundgebungen der AFD oder einer dieser Xgida Gruppen in der Zeitung lesen können, das mehrere Gegendemonstranten fest genommen wurden. Das haben die Düsseldorfer nicht als Alleinstellungsmerkmal. So durfte ich Ende 2016 in Karlsruhe einem Gerichtsverfahren beiwohnen bei der eine 23 Jährige in 1. Instanz zu €1000.- Strafe verurteilt wurde, die während einer verregneten Kagida Gegendemo in Februar 2016 sich beim Demonstrieren für zwei Minuten einen Schal vor das Gesicht hielt und dabei von der Polizei gefilmt wurde. Die Begründung des Urteils ist dubios und steht im Widerspruch zu dem was auf dem Polizeivideo zu sehen ist. (Drei Tage nach der Verhandlung erklärte die GfdS 'postfaktisch' zum Wort des Jahres.)

    Schön wenn Politiker der etablierten sich im Schulterschluss gegen rechts zeigen, solange sie dabei aber die politische Drecksarbeit den kleinen Leuten zuweisen stinkt das.

    Den Angeklagen aud Düsseldorf gilt meine Solidarität. Reichlich Medieninteresse ist da nicht das schlechteste.

  • 8G
    82278 (Profil gelöscht)

    "In Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf hält die Staatsanwaltschaft offenbar nicht viel von Protest gegen Rechtspopulisten und Rassisten."

     

    Dafür hält sie viel von der Durchsetzung des grundgesetzlich garantierten Demonstrationsrechts und Rechts auf Meinungsfreiheit auch (oder gerade) für missliebige Meinungen. Das ist doch auch schon mal was, ne.

    • @82278 (Profil gelöscht):

      Das hochhalten eines Schildes bei einer Veranstaltung verletzt die Meinungsfreiheit des anderen jetzt nochmal genau wie?

       

      Wenn das allein Vorhandensein einer anderen Ansicht schon ein Fall für die Justiz wird, wirds schon ein bisschen seltsam...

    • @82278 (Profil gelöscht):

      Dafür dürfen dann auch mal Beine gebrochen werden, wie in Hannover geschehen. ;)

      • 8G
        82278 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        Sie argumentieren mit Extremen.

         

        Was nicht salonfähig werden darf, ist die aktive Blockierung einer zugelassenen Demo, nur weil einem die Meinungsrichtung nicht passt.

         

        Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Rosa Luxemburg.

  • Die Gesetze gelten entweder für alle oder für keinen.

    • @Andrreas Lüdecke:

      Aja, gelten sie auch für die Polizei? Wie effektiv werden sie denn gegen Polizeigewalt angewand?

      Die Regierung von NRW ließ übrigens zuletzt die Kennzeichnungspflicht von Cops aufheben. Aber die Cops haben sicher nichts zu fürchten/verbergen, nicht wahr? ;)

      • @Uranus:

        Das sind doch landesbeamte. Die machen per Gesetz immer alles richtig.

  • Wenn die Herren eine gemeldete Demontration oder Justizbeamte behindern ist das ein Strafbestand. Ganz ungefärbt.

    • @Karl_m25:

      Wir brachen dringend einen neuen radikalenerlass...

  • Eine wirkliche Entnazifizierung hat unter den Richtern und Staatsanwälten des sogen. Dritten Reiches dich nicht stattgefunden. Bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen. Und so hat sich die braune Gesinnung weiter vererbt.

    Und nun kriechen sie aus ihren Löchern, zum Schaden Deutschlands in der Welt!

    • 9G
      96830 (Profil gelöscht)
      @Jakob Cohen:

      Zum Einen das, zum Anderen muss man sich auch fragen, was für Menschen-Typen von solchen Berufen angezogen werden: Das werden tendenziell eher Menschen sein, die gerne über andere urteilen und erzählen, wie man "richtig" zu leben hätte.

      Richter gehört damit wie Polizist, Politiker oder Schlachter zu den Berufen, die eigentlich von Menschen ausgeübt werden sollten, die den Job *nicht* machen wollen.

  • Die deutsche Justiz war und ist halt immer schon staatstragend. Wo kämen wir denn hin, wenn einige hergelaufene Linke den Stechschritt der Rechten in Frage stellen können.

    Merke; kein Richter des Dritten Reiches wurde jemals wegen Rechtsbeugung verurteilt. Und wie es Fritz Bauer ergangen ist wissen wir alle.

  • 8G
    81622 (Profil gelöscht)

    Die brauen schrecklichen Juristen kriechen aus ihren Löchern