Proteste gegen Müll im Libanon: Mindestens 74 Verletzte
In der Müllkrise im Libanon zeichnet sich keine Lösung ab – und die Nerven liegen blank. Bei Protesten kam es am Wochenende zu schweren Ausschreitungen.
Die Demonstranten hatten sich bereits am Morgen versammelt. Bei den größten Protesten im Libanon seit Jahren geht es um die Müllberge in der Stadt, die sich immer höher türmen, seit vor einem Monat eine Müllkippe geschlossen wurde. Die notorisch zerstrittene Regierung konnte sich bisher nicht auf eine Alternativlösung einigen. Bereits am Samstag waren mehr als 100 Menschen verletzt worden.
Nach Angaben lokaler Fernsehsender strömten etwa 20 000 Menschen zusammen und damit mehr als am Samstag zuvor. Sie skandierten „Revolution“ und verlangten den sofortigen Rücktritt der Regierung. „Das Volk will das Regime stürzen!“, riefen Protestierende. Diese Parole war während der Proteste des Arabischen Frühlings in der Region verwendet worden. Im Laufe der Auseinandersetzungen am Abend durchbrachen die Protestierenden eine Stacheldrahtsperre. Die Polizei verschoss Tränengas und trieb so Tausende auseinander.
Zuvor hatte Ministerpräsident Tammam Salam angedeutet, dass er nach den gewaltsamen Protesten vom Samstag zurücktreten könnte. Falls ein Kabinettstreffen am Donnerstag nicht produktiv sein sollte, „dann braucht es den Ministerrat nicht“, sagte Salam. Die Sicherheitskräfte, die Gewalt angewendet hätten, würden zur Rechenschaft gezogen. Das Recht zu demonstrieren sei durch die Verfassung geschützt. Er sei bereit, mit den Demonstranten zu reden.
Einige Bewohner Beiruts haben in ihrer Not bereits damit begonnen, Müll selbst zu verbrennen. Dabei gelangten vielerorts giftige Dämpfe in Wohnungen. Gesundheitsminister Wael Abu Faur warnte daher zuletzt vor einer Gesundheitskatastrophe, sollte das Land das Abfallproblem nicht in den Griff bekommen.
Auf die Straßen trieb die Menschen jedoch nicht nur der beißende Gestank, sondern auch Wut über staatliche Korruption und politisches Chaos im Umgang mit der Müllkrise. Zu den Protesten aufgerufen hatten die Online-Gruppe „Ihr Stinkt!“ sowie andere Bürgerrechtsgruppen.
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