Proteste beim Weltwirtschaftsforum: „Sie können uns nicht ignorieren“
Die Proteste der Klimaaktivist*innen haben Davos erreicht. Bei der dreitägigen Wanderdemo erleben sie vor allem Unterstützung.
![vier Menschen in Businessanzügen überschütten einen gigantischen Globus mit angeblichem Brandbeschleuniger vier Menschen in Businessanzügen überschütten einen gigantischen Globus mit angeblichem Brandbeschleuniger](https://taz.de/picture/3927982/14/24600300-1.jpeg)
Die Protestierenden werden erwartet. Trommeln sind zu hören, Leute klatschen, strömen auf dem zentralen Platz zusammen. Dann springen alle gemeinsam. „What do we want? – Climate Justice! When do we want it? – Now!“ Eine der beiden Polizist*innen, die den Marsch die gesamte Strecke zu Fuß begleitet haben, zündet sich lächelnd eine Zigarette an.
Das WEF findet zum 50. Mal statt, zum ersten Mal demonstrieren Aktivist*innen drei Tage lang. Am Sonntag sind sie im schweizerischen Landquart zusammengekommen, die meisten aus der Schweiz, unter anderem auch aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Kanada sind Menschen angereist. Eltern mit Kindern und Menschen im Rentenalter sind hier, der Großteil ist jünger, unter 30.
An jedem der drei Tage überwindet die Demo bis zu 24 Kilometer bergauf und bergab, den Lautsprecherwagen müssen die Teilnehmer*innen selbst ziehen und schieben. Ganz vorne laufen Menschen mit dem Frontbanner. „Klimakrise: Weltweites ökonomisches Versagen“ steht auf Englisch darauf.
Generationenübergreifende Solidarität
„Immer mehr Wachstum, immer weniger Ressourcen. Man merkt doch, so kann es nicht weitergehen“, sagt eine Mittzwanzigerin aus der Schweiz. Von den Staats- und Regierungschef*innen sowie den geladenen Milliardär*innen wünsche sie sich, „dass sie nicht nur ihre eigenen Interessen verfolgen, sondern die von allen“. Eine Frau im Rentenalter sagt, sie laufe mit, um Unterstützung zu zeigen. „Ich solidarisiere mich gern mit den jungen Menschen, die auf diesem Planeten noch länger leben als wir. Ich bin froh, dass es sie gibt.“
Am ersten Abend pausiert die Demo in Schiers. Anwohner*innen rundum bieten Schlafplätze an, die Feuerwehr entzündet Lagerfeuer mit dem Flammenwerfer. Am zweiten Tag starten die Wanderer zum etwa 24 Kilometer entfernten Kloster. Der Weg führt durch kleine Orte. Die meisten Dörfler*innen schauen und filmen. Manche warten mit Essen oder Schnaps zum Aufwärmen. Ein Gasthof bietet seine Toiletten zur Nutzung an und verschenkt Tee.
Auch Luisa Neubauer diskutiert mit
Auch geladene Gäste des WEF unterstützen den Protest. Njoki Njehu aus Kenia, Feministin und Teil der Fight Inequality Alliance, ist mehrfach vor Ort. Am zweiten Abend der Demo diskutiert sie mit Jennifer Morgan, der Leiterin von Greenpeace International, und Luisa Neubauer von Fridays for Future Deutschland darüber, was getan werden müsste. „Finanzindustrie, Banken, Versicherungen, Pensionsfonds: Sie sind genauso verantwortlich für die Klimakrise wie die fossile Industrie“, sagt Morgan. „Seit dem Pariser Abkommen hat sie Billionen in diese Unternehmen gepumpt. Die Regierungen müssen sie regulieren und für solche Investitionen bestrafen.“ Neubauer fordert, das System zu erschüttern. „Wenn sich lauter Milliardäre treffen, müssen wir sicherstellen, dass sie uns nicht ignorieren können. Sie sollen wissen, dass wir sie beobachten. Dass sie nicht weitermachen können, als gäbe es keine Krise.“
Am Ortseingang von Davos erreicht die Demonstration das Hotel Intercontinental, beobachtet von bewaffneten Menschen hinter Zäunen und Stacheldraht. Hier übernachtet Donald Trump, der US-Präsident. „Power to the people!“, ruft die Demo. Und zieht weiter. Trump ist nicht im Haus, er redet beim WEF.
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