Klimawandel im Fernsehen: Jenseits von Ökoschlappen
„Grünes Storytelling“ heißt der Versuch, das Thema Klimawandel zugänglicher zu machen. Das deutsche Fernsehen hat hier noch Nachholbedarf.
Wenn ein prominenter Schauspieler wie neulich Russell Crowe bei der Verleihung der Golden Globes über die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels spricht, dann ist das mittlerweile keine Ausnahme mehr. Tatsächlich ist das Klima aktuell eines der wichtigsten Themen in Hollywood: Ob vor oder hinter der Kamera – seit einigen Monaten setzen Produzenten, Stars, Studios und Sender das Thema ganz oben auf ihre Agenda.
Und in Deutschland? Wie nähert sich die Film- und Fernsehbranche hierzulande dem Thema? Sie diskutiert es natürlich, wie man es hier so tut, in den einschlägigen Talkshows und produziert dazu teilweise sehr gut gemachte, aber natürlich auch recht anspruchsvolle Dokumentationen. Reicht das? Wie ist es mit Fiktion und Unterhaltung? Warum gibt es in diesen Sparten des Fernsehens nur so wenig über Klima?
Das fragt sich zum Beispiel Regisseur und Produzent Philip Gassmann, der sich seit Jahren in diesem Bereich engagiert und inzwischen zu einer Art Experten für „grünes“ TV geworden ist. „Das Thema ist über die Jahre in Ungnade gefallen“, sagt er, insofern herrsche bei den Sendern eine gewisse Zurückhaltung: „Wen interessiert das überhaupt? Gab es das nicht schon alles?“
Das liege aber vor allem daran, dass dieser Bereich bisher falsch erzählt werde, kritisiert Gassmann. „Entweder als Katastrophenszenario, in dem das Ende der Welt droht, oder über eine moralisiernde Erzählweise mit dem erhobenen Zeigefinger.“ Auch der seit Jahrzehnten in diversen Medien etablierte Charakter des Öko-Spießers mit selbst gestricktem Norwegerpulli und Jutetasche tauge allenfalls zur Witzfigur.
BBC mit breitem Angebot
In Großbritannien zum Beispiel ist das schon ganz anders. Die BBC etwa fordert nicht nur nachhaltige Produktionsstandards ein, sondern hat alle Sektionen im Sender dazu aufgerufen, sich Gedanken zu machen, wie „environmental sustainability“, also Nachhaltigkeit auch inhaltlich eine Rolle spielen kann – und zwar in allen Genres, über das ganze BBC-Programm hinweg. Angefangen bei der Sportberichterstattung über Comedy bis hin zu Datingshows. Inzwischen kann der öffentlich-rechtliche Sender auf eine ganze Reihe von entsprechenden Sendungen verweisen.
Schon 2017, also noch vor Fridays for Future, zeigte die BBC mit der von ihr produzierten schwarzhumorigen Mockumentary „Carnage“, dass „öko“ auch unterhaltsam sein kann. Die fiktive Doku erzählt von einer Welt in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der der Fleischkonsum verboten ist.
Oder auf Fußballübertragungen, bei denen die BBC mittlerweile über den CO2-Ausstoß der entsprechenden Mannschaftsstädte informiert. Was die deutsche Medienbranche angeht, ist zumindest Produzent Gassmann noch kein besonderer Einsatz der Regisseure und Produzenten zum Thema aufgefallen: „Beim ‚Green Storytelling‘ ist im deutschen Fernsehen noch viel Luft nach oben“, sagt er.
„Das Thema ist über die Jahre in Ungnade gefallen“
Einige Initiativen versuchen jetzt auch Deutschland mit dem Thema voranzubringen. Zum Beispiel der Online-Video-Wettbewerb „Take 17“ initiiert unter anderem von der Hochschule Trier, bei dem junge Menschen dazu aufgerufen sind, sich mit eigenen Inhalten zum Komplex Nachhaltigkeit einzubringen. Der Wissenschaftler Peter Heck, der den Wettbewerb mit angestoßen hat, beanstandet die Art, wie bisher Klima vor allem in den Talkshows problematisiert wird. „Dort werden nur konträre Positionen unreflektiert gegenübergestellt, was beim Publikum lediglich Ratlosigkeit und Resignation hinterlässt.“
Der Kölner TV-Produzent Wolfgang Link glaubt, dass es möglich ist, mit unterhaltsamen Formaten, die zugleich auch Informationen transportieren, Zuschauer für Klimathemen zu begeistern. Link bereitet unter anderem zurzeit eine große Publikumsveranstaltung für das Frühjahr vor, die auch im Fernsehen übertragen wird: Bei „Comedy for Future“ sollen sich zahlreiche bekannte deutsche Comedians, darunter beispielsweise Atze Schröder oder Michael Mittermeier, mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen befassen. Das ist dann hoffentlich nicht nur „grün“, sondern auch unterhaltsam.
Leser*innenkommentare
APO Pluto
Grün wird das Fernsehen erst dann, wenn die, die es überhaupt nicht gucken, nichts bezahlen müssen und die, welche wenig gucken, wenig bezahlen müssen. Und, last not least, es nicht mehr durch Werbung teil- bzw ganz finanziert wird. Wenn überhaupt nichts mehr durch Werbung finanziert wird, auch nicht im Internet. Sonst bleibt es Volksverdummung, erst recht durch "Comedy for Future. Von denen würde doch mindestens Dreiviertel heute auf dem Jobcenter sitzen, wenn es das werbefinanzierte Fernsehen nicht gegeben hätte.
Was hätte man mit dem dafür ausgegebenen Geld nicht alles im Umwelt- und Naturschutz machen können.