Protestcamp gegen Mega-Schlachthof: Polizei räumt besetztes Baugelände
In Europas größtem Geflügelschlachthof nahe Celle sollen einmal eine halbe Million Tiere pro Tag getötet werden. Seit Mai besetzen Aktivisten den Bauplatz. Nun räumt die Polizei.
WIETZE dpa/taz | Die Polizei hat am Dienstag damit begonnen, ein Protestcamp gegen einen geplanten Geflügelschlachthof in Wietze bei Celle zu räumen. Den mehrfachen Aufforderungen zu einer freiwilligen Räumung des Geländes sei nur einer der etwa 30 Besetzer nachgekommen, teilte ein Sprecher der Polizei in Celle mit.
Gegen den Bau von Europas größter Geflügelschlachtanlage hatten sich mehrere Bürgerinitiativen ausgesprochen – allein 25 rund um den Standort Wietze. Das Gelände für den Schlachthof war seit Mai besetzt worden. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg hat dem Investor, der "Emsland Frischgeflügel" die Schlachtung von jeweils 482.000 Tieren pro Tag genehmigt. 400 Mastbetriebe sollen sich dazu im Umkreis von 100 km ansiedeln.
Mit der Anlage und den Mastbetrieben gingen, so die Befürchtung der Bürgerinitiativen, Lärm- und Geruchsbelästigung, die Gefahr von Tierseuchen sowie Feinstaubemissionen einher. CDU und FDP im Landtag befürworten die Pläne dagegen, bringt so ein Schlachthof doch Arbeitsplätze – nach Angaben der "Emsland Frischgeflügel" rund 250.
Der Verwaltungsausschuss der Gemeinde Wietze hatte ein Bürgerbegehren gegen den Schlachthof aus formalen Gründen abgelehnt. Die knapp 800 Mitglieder starke Bürgerinitiative Wietze hatte dagegen bereits geklagt. Sie kündigte an, auch gegen die Baugenehmigung Klage einzureichen.
Wietzes Bürgermeister Wolfgang Klußmann (CDU) warnte im Frühjahr die Initiativen: "Ich glaube, es wäre ein historischer Fehler, diese Möglichkeit an Wietze vorbeiziehen zu lassen." Wenn der Konzern aus dem Emsland nicht im Kreis Celle investieren würde, dann ginge er in einen der Nachbarkreise. Franz-Josef Rothkötter, der Chef von "Emsland Frischgeflügel" kann die Kritiker nicht verstehen. Der Schlachthof im Kreis Celle sei gut für die Region, meint er. Wer anders denke, habe "ideologisch vorgefertigte Meinungen".
Die Schlachthofgegner wollen aber gerade eine „Emslandisierung“ von Ost- und Südniedersachsen verhindern. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Eckehard Niemann, bezeichnete gegenüber dem lokalen Newsportal Celle Heute den geplanten Schlachthof als den deutlichsten Ausdruck einer verfehlten Subventions- und Agrarpolitik und einer agrarindustriellen Produktion, die eine unsinnige Produktion von Fleischüberschüssen vorantreibe. Und das alles zu Lasten der Tiere, der Umwelt und der Anwohner. Niemann forderte die Landesregierung auf, ihre Subventionierung und Schönrederei dieser agrarindustriellen Tierhaltung endlich zu beenden.
Die Räumung durch die Polizei begann laut dem Blog der Besetzer am Dienstagmorgen kurz nach sieben Uhr. Mehrere Aktivisten hatten sich auf drei Türmen, an Betonklötzen am Boden und in einem Bunker unter der Erde angekettet. Die Polizei karrte Erde ran, um die Gräben, die rund um das Gelände gezogen worden waren, aufzufüllen. Mehrere Personen sollen mittlerweile in Gewahrsam genommen worden sein. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und das bundesweite „Netzwerk Bauernhöfe statt Agrarfabriken“ verurteilen die Räumung.
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