piwik no script img
taz logo

Protest gegen US-EinwanderungspolitikZehntausende gegen die Regierung

In verschiedenen US-Städten protestieren Demonstranten gegen die Trennung von Familien an der Grenze zu Mexiko. Es dürfe „keine Kinder mehr in Käfigen“ geben.

Die Trump-Regierung muss gehen: Demonstrant*innen in Los Angeles gegen die US-Einwanderungspolitik Foto: ap

Washington ap | Über das gesamte Land hinweg haben Hunderttausende Demonstranten in den USA gegen die Zwangstrennungen von Familien an der Grenze zu Mexiko protestiert. In Großstädten wie in ländlichen Gebieten kamen die Protestierenden am Samstag zusammen, in Washington D.C. waren es rund 30.000 Menschen. Mehr als 700 Märsche gab es landesweit. Nicht nur in einwanderungsfreundlichen Städten wie New York und Los Angeles, sondern auch in konservativen Orten wurde demonstriert.

Die Proteste richteten sich gegen die „Null-Toleranz“-Politik der US-Regierung, mit der jeder illegale Grenzübertritt strafrechtlich verfolgt wird. Dies hat zur erzwungenen Trennung von Familien geführt – mehr als 2.000 Kinder sind gesondert von ihren inhaftierten Eltern untergebracht worden. Präsident Donald Trump hat zwar einen Stopp der Trennungen angeordnet, viele Betroffene sind aber noch immer nicht zusammengeführt worden.

Eine Demonstration gegenüber dem Weißen Haus dauerte mehrere Stunden lang. Es war so heiß, dass die Feuerwehr die Protestierenden zur Abkühlung mit Wasser besprühte. Bei ebenfalls hohen Sommertemperaturen kamen rund 4.000 Menschen in Atlanta zusammen, in Trumps Heimatstadt New York zogen Tausende Marschteilnehmer über die Brooklyn Bridge. Sie skandierten „Schande“ und „Donald Trump muss gehen“. Autofahrer hupten zur Unterstützung.

In Texas kamen Menschen vor einer Einrichtung in McAllen zusammen, in der Migrantenkinder untergebracht worden sind. In New Jersey nahe Trumps Golfclub, wo der Präsident das Wochenende verbrachte, demonstrierten ebenfalls Menschen.

„Wenn Menschen illegal in unser Land kommen, müssen wir sie SOFORT zurückbringen, ohne jahrelanges rechtliches Manövern. Unsere Gesetze sind die dümmsten der Welt“, twitterte Trump indes am Samstag. Mit Blick auf die bevorstehenden Kongresswahlen schrieb er: „Republikaner wollen starke Grenzen und keine Verbrechen. Demokraten wollen offene Grenzen und sind schwach bei der Verbrechensbekämpfung!“ Die Republikaner haben in beiden Kammern des US-Kongresses eine Mehrheit. Sie konnten sich aber bislang nicht zu Einwanderungsreformen durchringen.

Außerdem twitterte Trump seine Unterstützung für die wichtigste Behörde der US-Regierung für die Durchsetzung ihrer Einwanderungspolitik, ICE. Demokraten setzten sich sehr dafür ein, Immigration and Customs Enforcement abzuschaffen, schrieb Trump. Er legte ICE-Mitarbeitern nahe, sich keine Sorgen zu machen.

„Bitte kämpft und kämpft weiter“

„Es ist wichtig, dass diese Regierung weiß, dass diese Maßnahmen, die Familien auseinanderreißen – die Personen als weniger als menschlich behandeln, so, als ob sie Ungeziefer sind –, nicht im Sinne Gottes sind, sie sind nicht das Gesetz der Liebe“, sagte die Episkopalpfarrerin Julie Hoplamazian in Brooklyn. „Jesus war ein Flüchtling“, sagte sie.

In Washington sang der Erfinder des Musicals „Hamilton“, Lin-Manuel Miranda, ein Schlaflied, das er den Eltern widmete, die nicht dazu in der Lage seien, ihren Kindern etwas vorzusingen. Singer-Songwriterin Alicia Keys brachte ihren siebenjährigen Sohn und las einen Brief von einer Frau vor, deren Kind ihr an der Grenze weggenommen worden sei.

In Boston sagte eine brasilianische Mutter, die vor mehr als vier Wochen von ihrem Sohn getrennt wurde: „Wir sind in die Vereinigten Staaten gekommen, um Hilfe zu suchen. Niemals haben wir uns vorgestellt, dass das passieren könnte. Ich bitte jeden, bitte lasst diese Kinder frei, gebt mir meinen Sohn zurück.“ Weinend sagte sie an die Protestierenden gewandt: „Bitte kämpft und kämpft weiter, wir werden gewinnen.“

In der Kleinstadt Marshalltown in Iowa nahmen 125 Personen an einem Protest teil, der von dem Vater Steve Adelmund organisiert worden war. Er erklärte, angesichts der Unterbringung der Kinder erschüttert zu sein. „Wenn wir nicht unter dem Standpunkt „Kinder sollten nicht von ihren Eltern getrennt werden“ zusammenkommen können, wer sind wir dann?“, fragte er. „Wir müssen jetzt unsere Meinung sagen, bevor wir es nicht mehr können.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!