Protest gegen Lukaschenko: Wieder Gewalt in Belarus

Bei Demos in Minsk werden auch ausländische Journalisten festgenommen. Die Außenminister der EU einigen sich auf Sanktionen.

Ein Demonstrant zeigt ein Siegeszeichen während eines Protests vor Polizisten

Etliche Demonstrierende führte die belarussische Sonderpolizei zuletzt aus den Demos ab Foto: Sergei Grits/AP/dpa

KIEW/BERLIN taz | Die Lage in Belarus bleibt kritisch. Nach neuen Demonstrationen gegen Fälschungen bei der Präsidentenwahl am 9. August, für Neuwahlen und die Freilassung politischer Gefangener wurden am Donnerstag landesweit 270 Personen festgenommen.

Dies berichtete das belarussische Internetportal telegraf.by. Unter den Festgenommenen waren auch Journalisten von Reuters, der BBC, AFP, AP und der Deutschen Welle. Mittlerweile sind bis auf vier alle Journalisten wieder auf freiem Fuß. Insgesamt warten derzeit 114 Personen in Haft auf eine Gerichtsentscheidung über ihre weitere Inhaftierung, meldete das Portal des belarussischen Innenministeriums.

Eines der zentralen Themen der belarussischen Medien ist die Äußerung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Russland habe Reservesicherheitskräfte zusammengestellt, die einen Einsatz in Belarus antreten könnten. Gegenüber dem russischen Fernsehsender Rossija-24 sagte Putin, Russland und Belarus hätten sich im Vertrag zum gemeinsamen Unionsstaat und im Vertrag über gemeinsame kollektive Sicherheit (OVKS) zur gegenseitigen Hilfe zum Schutz der Grenzen und der Stabilität verpflichtet. Er habe jedoch auch mit Lukaschenko vereinbart, dass keine russischen Sicherheitskräfte nach Belarus entsandt würden, solange die Situation nicht außer Kontrolle gerate.

Der belarussische Politologe Michail Kiriljuk warnte Moskau vor einer Entsendung von Sicherheitskräften. „Wenn russische Soldaten oder russische Omon-Polizisten kommen, tun mir deren Mütter sehr leid“, so Kiriljuk. Für ihn würde ein Einmarsch russischer Sicherheitskräfte „das blutige Ende einer Völkerfreundschaft“ bedeuten.

Sanktionsliste muss noch verabschiedet werden

Während Lukaschenko Hilfe aus Russland gern annähme, wird einem Lastwagen der polnischen Gewerkschaft Solidarność die Einreise nach Belarus verwehrt. In diesem Lkw befinden sich Lebensmittel und eine Million Złoty, mit denen die polnische Gewerkschaft Familien streikender belarussischer Arbeiter unterstützen will.

Auf ihrem informellen Treffen am Freitag in Berlin verurteilten die Außenminister der EU die gewalttätige Niederschlagung der Proteste in Belarus. Die EU setze sich für einen „nationalen Dialog“ ein, sagte der Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell. „Nur auf diesem Weg können die Demokratie und die Grundrechte in Belarus geachtet werden“, so Borrell.

„Im Saal waren sich alle einig: Wenn Herr Lukaschenko den Druck auf die friedliche Zivilgesellschaft erhöht, dann müssen wir als EU den Druck auf Herrn Lukaschenko erhöhen“, sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas. Darin sei er sich mit seinen Amtskollegen einig gewesen. Es werde nun „schrittweise zielgerichtete Sanktionen gegen diejenigen geben, die für Wahlmanipulation und Gewalt Verantwortung tragen“.

Wer auf dieser Sanktionsliste, die laut Maas „alsbald verabschiedet“ werden soll, stehen wird, ist noch ungeklärt. Er könne weder eine genaue Zahl noch konkrete Namen nennen, sagte Borrel. Es würden aber „auf jeden Fall hochrangige Vertreter dabei sein“. Ob sich auch Lukaschenko selbst darunter befinden wird, ließ er offen.

Polen erleichtert Visaregime für Belarussen

Unterdessen hat Polen kurzfristig sein Visaregime liberalisiert. Ab sofort können Belarussen Visa bekommen, ohne eine Tätigkeit in Polen nachweisen zu müssen. Bereits in den vergangenen Tagen hatte Polen Dutzende Belarussen aufgenommen, die bei den Demonstrationen verletzt wurden.

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Mehr Geschichten über das Leben in Belarus: In der Kolumne „Notizen aus Belarus“ berichten Janka Belarus und Olga Deksnis über stürmische Zeiten – auf Deutsch und auf Russisch.

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