Protest gegen Impfpflicht in Berlin: Undurchsichtige Gemengelage
Demonstration gegen Corona-Maßnahmen mit über 2.500 Teilnehmern. Antifaschistische und feministische Symbole werden umfunktioniert.
Berlin taz | „My body – My Choice“ lautete die Parole, die einige Frauen auf ihre Schilder gemalt hatten, die sie am Samstagnachmittag am Hardenbergplatz Nahe Bahnhof Zoo in die Höhe hielten. Der Slogan, mit dem früher Feministinnen für das Recht auf Abtreibungen eintraten, wird seit einigen Monaten von ImpfkritikerInnen verwendet. Die Spritze wird als Eingriff in den Körper interpretiert.
Die Frauen mit den Schildern gehörten zu den über 2.500 DemonstrantInnen, die am Samstag unter dem Motto #Friedlichzusammen gegen eine Impfpflicht auf die Straße gegangen sind. Die OrganisatorInnen betonten im Vorfeld, dass sie sich von rechten und rassistischen Bestrebungen distanzieren.
Am 19. Dezember 2021 wurde ein erster Demoversuch mit Verweis auf eine mögliche Verletzung der Hygienemaßnahmen von der Polizei verboten. Am 15. Januar hingegen konnte die Demonstration ohne Zwischenfälle durch die westliche City ziehen. Der Start verzögerte sich um rund 20 Minuten, bis fast alle TeilnehmerInnen zumindest in den vorderen Reihen Masken aufgesetzt hatten.
Rechte Parolen und Symbole waren im Zug nicht zu sehen, allerdings war vor allem die bei Querdenker-Protesten hervorgetretene Gruppierung „Freedom Parade“ mit ihren Symbolen und und TeilnehmerInnen mit Megafonen deutlich wahrnehmbar. Zu hören waren Rufe wie „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung“. Auch die Parole „Alle zusammen gegen den Faschismus“ wurde öfter angestimmt.
„Damit wollen wir gegen das Coronaregime protestieren“, sagte eine Demonstrantin, die den Slogan immer wieder anstimmte. Mögliche rechte Bündnispartner wollte die Frau damit ausdrücklich nicht abschrecken – die seien ja auf der Demonstration gar nicht vertreten. Im Vorfeld hatte sich bereits eine Rednerin sowohl von Rechten als auch von der Antifa distanziert. Viele jüngere DemoteilnehmerInnen trugen Fahnen der im letzten Jahr entstandenen Initiative „Studenten stehen auf“, die an verschiedenen Berliner Universitäten aktiv sind.
In ihrem Selbstverständnis wendet sich die Gruppierung gegen eine Ideologisierung und Politisierung der Wissenschaft und gegen Einschränkung der Meinungsfreiheit am Campus. Auch hier blieb die inhaltliche Stoßrichtung unklar. Eindeutig war hingegen die Aussage eines Demonstranten, der auf seinem Plakat den Rücktritt aller PolitikerInnen forderte und dass sie vor einem Tribual verurteilt werden sollten.