Protest gegen Großen Zapfenstreich: Am besten ganz abschaffen
Mit einem großen Zapfenstreich sollen am Mittwoch vor dem Reichstagsgebäude Soldaten geehrt werden. Ein antimilitaristisches Bündnis plant Proteste.
Am Mittwoch will die Bundeswehr auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude mit einem Großen Zapfenstreich die am Afghanistan-Einsatz beteiligten SoldatInnen ehren. Ein antimilitaristisches Bündnis plant Proteste dagegen. Die Demonstration unter dem Motto „Deutschland ist Brandstifter“ soll um 18 Uhr am Halleschen Tor beginnen. Im Aufruf wird kritisiert, dass die Bundeswehr seit mehr als 20 Jahren weltweit in Konflikte interveniert und diese oftmals verschärft. Erinnert wird an den Kriegseinsatz in Jugoslawien im Jahr 1999.
Ein Aktivist des antimilitaristischen Bündnisses, der anonym bleiben will, wirft der Bundeswehr vor, auch beim Afghanistan-Krieg die Opfer unter der dortigen Zivilbevölkerung zu verschweigen. „Wir vergessen nicht die Bombardierung von Kundus 2009, als Oberst Georg Klein Zivilisten, darunter mehrere Dutzend Jugendliche und Kinder, bombardieren ließ. Dadurch starben dort 142 Menschen auf Befehl eines Bundeswehrgenerals“, kritisierte der Aktivist. Der Oberst wurde nie betraft und später sogar befördert.
Der Zapfenstreich war eigentlich für Anfang September geplant, wurde aber wegen des Vormarschs der Taliban in Afghanistan verschoben und wird am Mittwoch nachgeholt. Dadurch musste auch das antimilitaristische Bündnis seinen Protest verschieben. Es will an die alljährlichen Proteste gegen das Bundeswehrgelöbnis im Bendlerblock am 20. Juli anknüpfen. In den 1990er Jahren gingen dagegen jährlich Tausend Menschen auf die Straße. Immer wieder gelang es einigen, das Gelöbnis mit fantasievollen Aktionen zu stören.
Wie groß die TeilnehmerInnenzahl am Mittwoch sein wird, ist völlig offen. Schließlich wenden sich nicht nur linke Gruppen gegen den großen Zapfenstreich. Die christliche Friedensgruppe Pax Christi fordert dessen generelle Abschaffung. Der Zapfenstreich sei gewaltverherrlichend und instrumentalisiere das Christentum durch den dort gesungenen Choral „Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart“, während die Gewehre der Soldat*innen präsentiert würden, kritisiert Martin Singe von Pax Christi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“