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Protest gegen EssensverschwendungErneut Autobahnen blockiert

Die Aktionen der „Letzten Generationen“ werden fortgesetzt. Bei den Berliner Grünen ist umstritten, wie sie zu dieser Form des Protestes stehen.

Stehender Protest am Freitag auf der A 100 in Berlin Foto: dpa

Berlin dpa/taz | Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen der Kampagne „Essen Retten“ haben am Freitagmorgen mehrere Stellen der Autobahn 100 in Berlin blockiert. An der Seestraße in Richtung Sylter Straße befänden sich 18 Menschen auf der Fahrbahn – vier hätten sich festgeklebt, sagte eine Sprecherin der Polizei. Außerdem gebe es noch Blockaden am Jakob-Kaiser-Platz mit sechs Menschen. Davon hätten sich ebenfalls zwei an die Fahrbahn geklebt und zwei angekettet.

Die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen sprachen zwischenzeitlich von insgesamt rund 50 Menschen an verschiedenen Orten auf der A100. Es seien demnach außerdem Lebensmittel auf die Fahrbahn gekippt worden. „Der Verkehr steht massiv“, sagte eine Sprecherin der Gruppe. Ein Reporter der dpa berichtete von wütenden Autofahrern und Gehupe. Die Polizei äußerte sich hingegen nicht zu etwaigen Staus.

Am Dienstag hatte die Protestgruppe erklärt, ihre Blockaden vor dem Hintergrund der tödlichen Schüsse auf zwei Polizisten in Rheinland-Pfalz aus Solidarität mit den Opfern vorerst auszusetzen. Nach allem, was bekannt ist, steht die Gewalttat vom Montag in keinem Zusammenhang mit den Straßenblockaden der Klimaaktivisten.

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Die Aktivisten hatten seit voriger Woche mehrfach Straßen und Autobahnen blockiert – zuerst in Berlin, am Montag dann auch in Hamburg und Stuttgart. Sie fordern ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung und eine sofortige Agrarwende, um Klimagase aus der Landwirtschaft zu mindern. Sie bezeichnen sich als „Aufstand der letzten Generation“.

Berlins Umwelt- und Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte sich vor wenigen Tagen kritisch zu der Serie von Autobahnblockaden durch Klimaaktivisten geäußert. Sie teile die Inhalte der Proteste, bei denen es um Klimaschutz und um Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung gehe, sagte Jarasch am Dienstag nach einer Senatssitzung auf Anfrage. Sie teile auch „die Dringlichkeit, die aus dieser Protestform spricht“. „Allerdings würde ich mir doch sehr wünschen, dass Protestformen gewählt werden, mit denen man weder sich selbst noch andere in Gefahr bringt.“

Mit Essen auf der Straße: Protest am Freitag Foto: dpa

Diese Position ist bei den Grünen allerdings kein Konsens. Der einstige Abgeordnete und Klimaexperte der Fraktion Georg Kössler twitterte am Mittwoch: „Ich bin dankbar für jede Form von friedlichem aber entschlossenem Klimaaktivismus. Protest muss nicht allen gefallen und darf auch mal zum Innehalten oder Stehenbleiben von Dritten führen.“

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9 Kommentare

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  • Der Tagesspiegel schreibt von 18. Millionen Tonnen die jährlich vernichtet werden. Das kann sein oder nicht. Das BMEL schreibt von 12 Mill. 75 kg würden auf den privaten Haushalt fallen. Um sich die Größenordnung vorzustellen, dann müßte damit wieviel 40 Tonner oder wieviel Güterzüge beladen sein?

  • Man schmeißt Lebensmittel auf die Autobahn und klebt sich dann fest? Insbesondere den ersten Punkt verstehe wer will, wenn das Thema doch Essen retten ist. Auf so eine blöde Idee muss man erstmal kommen. Das ist ja so, als würde Greenpeace ein Walfleisch-Grillen veranstalten.

    • @unbedeutend:

      Ja- manche verstehen es nicht mal, wenn sie es sehen ...

      • @StefanMaria:

        Sie können es ja scheinbar erklären, dann mal zu.

        • @unbedeutend:

          also gut und diesmal Brille auf - normal ist für uns Menschen wegzuschauen. Und hier - bei solchen Demonstrationen - wird es visuell, anschaulich, richtig zum sehen und daher zum verstehen gemacht, indem für jeden, wirklich jeden sichtbar, Essen weggeworfen wird.



          Tag für Tag wird gutes Essen von Nahrungsmittelherstellern wie auch Verbrauchern weggeworfen oder vernichtet. Deshalb hier bei der Demonstration - übersetzt heißt das auch Vorführung - wird Essen als Abfall hingelegt, um zu verdeutlichen, dass dies offen oder verborgen täglich mit Riesenmengen passiert.

          • @StefanMaria:

            Naja, wer meint einen 4-Wort-Slogan mit ein paar Brötchen und ein wenig Obst visualisieren zu müssen, hält die Adressaten wahrscheinlich für minderbemittelt. Sinn macht es in meinen Augen nicht; wenn dann mal das Äquivalent von Lebensmitteln die in 1.000 Haushalten/Jahr weggeworfen werden hinkippen.

  • Das wird nicht gut enden - etwas mediale Aufmerksamkeit, mit der Frage was ist hier Huhn oder Ei.

  • "Protestformen gewählt werden, mit denen man weder sich selbst noch andere in Gefahr bringt."

    JA, JA, JA - Das muss Grundvoraussetzung jeglichen Protestes sein! Das gebietet der Respekt vor der Gesundheit und dem Leben von Anderen (aber auch sich selbst).

    Alles Andere ist unmoralisch bis kriminell.

    Deshalb ausdrucksstarke und kreative Protestformen wählen, die keinen gefährden.

  • Und gleichzeitig Rettungsfahrzeuge behindern. Es sind wahre Helden