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Protest gegen Corona-MaßnahmenBloß nicht ignorieren!

Gastkommentar von Tom Mannewitz

Die Proteste sind ein Zeichen für eine lebendige Zivilgesellschaft, auch wenn Rechte versuchen, sie zu kapern, findet der Demokratieforscher.

Die Bilder aus den Medien mahnen allerdings zu Differenzierung Foto: Sachelle Babbar/zuma/imago

Z um Glück gibt es sie: Menschen, die gegen die Beschneidung von Grundrechten protestieren. Ihr Engagement ist ein Anhaltspunkt für eine lebendige demokratische Zivilgesellschaft. Die Mehrheit der Corona-Demonstrant*innen bietet darum keineswegs Anlass zu Sorge, sondern Zuversicht. Indes: Nicht jeder, der sich den Grundrechtsschutz auf die Fahnen schreibt, hat diesen auch im Sinn. In Berlin, Pirna und Stuttgart sind nicht nur besorgte Bürger*innen (ohne Anführungszeichen) unterwegs, sondern auch Demokratieskeptiker und in der Wolle gefärbte Rechtsextreme.

Die genaue Protestzusammensetzung ist wegen fehlender wissenschaftlicher Daten derzeit kaum aufzuschlüsseln. Die Bilder aus den Medien mahnen allerdings zu Differenzierung: Es gibt große Unterschiede in Größe wie Zusammensetzung der Kundgebungen. Dabei scheint es Rechten im Osten besser zu gelingen, sie zu kapern, womöglich auch wegen geringerer Teilnehmerzahlen und größerer politischer Homogenität (verglichen mit den Demos im Westen). Verschwörungsmythen dienen als Türöffner. Vereinnahmungsversuche sind zwar nicht überraschend, aber angesichts antidemokratischer Ziele besorgniserregend.

Trotz variierender Protestanlässe drängt sich der Vergleich zu Pegida- und Anti-Asyl-Demos auf. Waren diese aber im Osten weiter verbreitet als im Westen, verhält es sich aktuell umgekehrt. Alle drei Phänomene waren anfangs sozial wie politisch heterogen, am stärksten aber wohl die Corona-Demos. Zugleich: Stehen „Impfgegner*innen“ und „Esoteriker*innen“, die häufig als Beleg für die politische Buntheit angeführt werden, automatisch politisch links? Damals wie heute herrscht in Teilen eine medien- und demokratiefeindliche Stimmung. Die Begriffe „Spaziergang“ und „Lügenpresse“ erleben ebenso eine Renaissance wie Gewalt gegen Journalist*innen und Polizist*innen. „Corona“ dürfte die Gesellschaft keineswegs gespalten, sondern die seit einigen Jahren bestehenden gesellschaftlichen Fronten nur weiter verhärtet haben. Der Grundkonflikt tritt mit verschiedenen Themen immer wieder in Erscheinung.

Darum gibt es wenig Grund, die Proteste politisch zu ignorieren, selbst wenn sie – ähnlich wie die Pegida- und Anti-Asyl-Demos – irgendwann wahrscheinlich im Sande verlaufen werden. Da die Mehrheit abgeschreckt sein dürfte von antisemitischen sowie anderen Verschwörungsmythen und die Corona-Maßnahmen auf lange Sicht verschwinden, werden am Ende wohl – wieder – die Radikalen übrig bleiben und bis dahin ihre Ideen unters Volk gebracht haben.

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4 Kommentare

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  • Ein guter und erfreulicherweise auch differenzierter Artikel.

    Jahrzehntelang war die Entscheidung sich nicht impfen zu lassen für den Staat und auch für andere Menschen von geringem Interesse.

    Ich hätte mir nicht träumen lassen dass ich damit eines Tages aufwachen würde als nahezu Krimineller.

    So schnell kann es gehen...

    • @Poseidon:

      Das Thema Impfen war immer von Interesse, ist aber jahrzehntelang quasi von selbst gelaufen.



      Daher müsste der Staat nichts tun.

      Das ändert sich langsam.

      Bei Tetanus ist man im Zweifelsfalle nur selbst schuld.



      Bei hochansteckenden Infektionen ist das schwieriger. Da ist man nicht "alleine", weil man auch andere anstecken kann.



      Ein Nichtimpfer ist damit immer in der Gefahr, als Schmarotzer gesehen zu werden. Ich denke, das ist eine gesellschaftliche Entscheidung und kann sich auch schnell ändern.



      Ich finde das Thema auch schwierig.

      Gerade bei Masern aber ist jeder Infizierten fast zwangsläufig auch Verteiler (Täter).



      Wie es scheint ist hier im Moment die Mehrheit der Meinung, dass es eine gewisse Verpflichtung gibt, die Krankheit selbst nicht zu verteilen.



      Das kann man selbst anders sehen, finden dann aber eventuell nicht alle Nachbarn akzeptabel.

    • @Poseidon:

      Warum immer diese Übertreibungen. Sie sind nicht nahezu kriminell, wenn sie nicht geimpft sind.



      Die einzige Impfpflicht, die es in Deutschland derzeit gibt, gilt nur für Masern und nur für Kinder und Jugendlichen, die die Kita oder Schule besuchen sowie das Personal dieser Einrichtungen. Und die Verweigerung der Impfung ist auch keine Straftat.

  • Nazikulisse

    Erschreckend, wie viele Menschen sich trotz Ansteckungsgefahr (!) dafür hergeben, als Kulisse für Nazis und deren Treiben zu dienen. Und sich bereitwillig vor den braunen Karren spannen lassen.



    Wie naiv muss man da sein...