Protest bei Lidl-Zulieferer in Bangladesch: Arbeiter bekommen Lohn ausgezahlt
Hunderte NäherInnen eines Lidl-Zulieferers in Bangladesch wurden drei Monate lang nicht bezahlt. Nach Protesten bekommen sie nun einen Teil des Geldes.
BERLIN taz | In Bangladesch bekommen protestierende TextilarbeiterInnen eines Lidl-Zulieferers ihre Löhne ausgezahlt. Die rund 1.500 NäherInnen waren Ende Juli in den Protest getreten, weil sie drei Monate nicht bezahlt wurden und am Ende des Ramadans auch kein Urlaubsgeld für das Zuckerfest erhielten. Laut ArbeiteraktivistInnen bekommen sie nun die Gehälter für Juli sowie ihren Überstundenlohn ausgezahlt. Der Arbeitgeberverband zahlte bereits auf Druck der Öffentlichkeit zwei Monatslöhne aus.
Arbeiteraktivistin Mushrefa Mishu kündigte an, dass der Protest trotz der Auszahlung weitergehen solle. „Erstens muss noch das Urlaubsgeld schleunigst bezahlt werden“, sagte sie der taz. „Außerdem fordern wir, dass Hossains Freilassung zurückgenommen wird und er für den Fabrikbrand die Höchststrafe erhält.“
Die ArbeiterInnen sind in Fabriken der Firma Tuba Garments beschäftigt und hatten vor wenigen Wochen unter anderem Trikots für die Fußball-Weltmeisterschaft genäht. Der Chef des Unternehmens, Delwar Hossain, ist derzeit angeklagt, weil eine seiner Fabriken vor anderthalb Jahren abbrannte und dabei 112 Menschen starben, da Notausgänge versperrt waren. Hossain war im Februar festgenommen worden, kam aber vergangene Woche auf Kaution frei. „Das ist alles dreckige Politik: sie haben die Gehälter zurückgehalten, um Hossains Freilassung zu erpressen“, sagte Aktivistin Mishu.
Die ArbeiterInnen der fünf Tuba-Fabriken waren Ende Juli in den Hungerstreik getreten und hatten in der Hauptstadt Bangladeschs eine Fabrik besetzt. „Wir haben noch bis kurz vor dem Zuckerfest verhandelt – es war klar, dass wir es nicht mehr in unsere Heimat schaffen würden, selbst wenn sie gezahlt hätten“, sagte ein Arbeiter. „Als sie uns auch dann nicht bezahlten, beschlossen wir, das Fest in der Fabrik zu begehen.“ Die Firmenführung argumentierte, dass sie die Gelder nicht auszahlen könne, weil für die Freigabe der Gelder die Unterschrift Hossains nötig sei.
Am elften Tag des Protests stellte die Polizei den Streikenden Strom und Wasser ab und riegelte die besetzte Fabrik ab. Danach trieben sie die ArbeiterInnen mit Tränengas und Schlagstöcken aus dem Gebäude. Eine spontane Demonstration auf der Straße beschossen sie mit Wasserwerfern und Gummigeschossen. Rund 30 Menschen wurden verletzt, darunter auch Journalisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen