piwik no script img

Protest bei Gedenken an SS-MassakerDeutscher Kranz nicht erwünscht

Der deutsche Botschafter in Griechenland legte beim Gedenken an ein SS-Massaker einen Kranz nieder. Eine Syriza-Politikerin wollte das verhindern.

Das Massaker der deutschen Besatzungstruppen in Distomo hat einen tiefe Wunde hinterlassen Foto: dpa

Athen dpa/afp | Bei einer Gedenkfeier zum 73. Jahrestag des SS-Massakers in der griechischen Ortschaft Distomo ist es am Samstag zu einem Eklat gekommen. Wie ein auf Facebook veröffentlichtes Video zeigt, stellte sich die linke Politikerin Zoe Konstantopoulou dem deutschen Botschafter Peter Schoof in den Weg, als er einen Kranz niederlegen wollte.

„Sie haben dazu kein Recht. Zahlen Sie die deutschen Reparationen an die Opfer“, forderte Konstantopoulou, die 2015 als Mitglied der linken Regierungspartei Syriza kurzzeitig Parlamentspräsidentin war.

Aus der Menge der Anwesenden waren „Bravo“- und „Schande“-Rufe zu hören. Dann stellte sich der 94-jährige Widerstandskämpfer Manolis Glezos dem Botschafter zur Seite: Er erhob sich von seinem Platz in der ersten Reihe und führte Schoof an der Hand nach vorne, damit er den Kranz ablegen konnte. Die Geste wurde aus dem Publikum mit „Bravo“-Rufen quittiert.

„Das Kind eines Verbrechers, was auch immer die Verbrechen seines Vaters oder seiner Mutter seien, ist dafür nicht verantwortlich“, sagte der in Griechenland weithin bekannte Held des Widerstands gegen die Nazi-Besetzung.

Zum Volkshelden wurde Glezos in Griechenland mit 18 Jahren durch eine tollkühne Aktion: Gemeinsam mit einem Freund kletterte er in der Nacht zum 31. Mai 1941 im besetzten Athen auf die Akropolis und entfernte dort die Hakenkreuzfahne. Von den deutschen Besatzern wurde er drei Mal festgenommen und wiederholt gefoltert.

300.000 Griechen getötet

Durch die Besatzung Hitler-Deutschlands von April 1941 bis September 1944 verloren rund 300.000 griechische Staatsangehörige ihr Leben. Die Nazis verübten zahlreiche Massaker. In Distomo ermordete eine Division der Waffen-SS am 10. Juni 1944 insgesamt 218 Menschen, darunter rund 50 Kinder.

Andere Massaker wurden in Kommeno, Lyngiades, Kalavryta, Kandanos oder Viannos verübt. Außerdem nahm die Besatzungsmacht 1942 bei der griechischen Zentralbank einen Zwangskredit auf, der damals auf knapp 500 Millionen Reichsmark beziffert wurde.

Die Frage von Entschädigungszahlungen belastet die deutsch-griechischen Beziehungen. Athen bezifferte die Forderungen zuletzt auf 269,5 Milliarden Euro. Deutschland hat die griechischen Forderungen stets abgewiesen. Zur Begründung hieß es unter anderem, der Zwangskredit falle unter das Londoner Schuldenabkommen von 1953, das Deutschland von allen Reparationen und Kompensationen freispricht. Dagegen verweist Athen darauf, dass der Besatzungskredit und die Forderung nach Reparationen zu trennen seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • & nochens - Klartext -

     

    "Lieber …die TAZ schreibt :

     

    " Zur Begründung hieß es unter anderem, der Zwangskredit falle unter das Londoner Schuldenabkommen von 1953, das Deutschland von allen Reparationen und Kompensationen freispricht"

     

    Solange solche Statements in der TAZ , oder besser gesagt solcher Unsinn:

    unkommentiert , von Berlin oder sonstwo geäußert werden kann, habe ich wenig Hoffnung , dass sich die Arroganz der Deutschen (speziell ihrer Juristen) , diesmal weich eingepackt in umweltfreundliche, friedensbewegte Schmuseworten der Merksteinmeiers und ihrer eventuellen Wagenknechte, jemals ändern wird.

     

    Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts: UN resolution 2001

     

    "The State responsible for an internationally wrongful act is under an obligation to compensate for the damage caused thereby,".and "The legal consequences of an internationally wrongful act ........................ do not affect the continued duty of the responsible State to perform the obligation breached"

  • Da bin ich echt am Fackeln, wer sich da von beiden aufrecht verhalten hat. Ja, es hat einerseits schon was von Heuchelei, wenn die Andacht praktisch weitgehend folgenlos bleibt und zudem der vertretene Trauernde an anderer Stelle als Hauptgläubiger und Dominus auftritt. Anderseits ist es auch bemerkenswert, wie Herr Glezos demonstriert, dass dieser Ort nicht Ort des Eklats werden darf.

    • @lions:

      Beides aushalten.

      Nothing else.

      &

      Genau das hat Peter Schoof

      Auch gemacht.

      kurz - So zerrissen ist das.

  • Das ist die Antwort* des RA & Weggefährten - Jo Lau -

     

    "Lieber …ich frage mich - ob der Verzicht Griechenlands , über die

    Kriegsschulden Deutschlands zu verhandel oder zur Aufrechung zu stellen nicht die ARTIKEL 50 - 53 des

    WIENER Vertragsrechtsabkommens verletzt.

    Denn objektiv steckt GR in einer Notlage und Deutschland drohnt mit der Schließung der Konten bei der EZB.

     

    Alles sehr unappettitlich."

     

    Wie sagen Oberrichter gern so schön -

    "Dagegen gibt es nichts zu erinnern!"

     

    kurz - Ich finde beide Reaktionen auf griechischer Seite anläßlich der Gedenkfeier - nachvollziehbar - mutig & würdig-angemessen.

    Hoffe - auf eine entsprechende tätige Nachdenklichkeit mit Konsequenz auf -

    Deutscher Seite.

    Diese jahrzehntelange abgefeimte -

    Schande deutscher Politik -

    Muß endlich ein Ende haben.

     

    (* tippfehlerkorrigiert.)

    • @Lowandorder:

      & verschärfend kommt hinzu -

       

      Daß die griechischen Politikaster

      Aller Couleur keineswegs durchgehend den erforderlichen Arsch im Beinkleid haben - jedenfalls nicht im notwendigen Umfang.

      Als RA Lau seine Rechtsausführungen - für alle überzeugend - coram publico vorgetragen hatte - fragte eine Weggefährtin -

      "Ja ok - Jo. Aber wo bleibt deine Klageschrift!"

      "Ja Scheißenocheins - die waren&sind sich untereinander doch aus ganz unterschiedlichen Gründen&Motiven nicht einig - den entscheidenden Schritt zu tun! Zum Haareraufen!"

      &

      Gröfimaz Schäuble vorweg -

      Händereiben!

      So geht das.

    • @Lowandorder:

      ps & das an eure adresse ihr tazis

       

      Es mehr als bezeichnend in welchem

      Handumdrehen - einen Beitrag wie diesen - der eine der Schnittstellen

      'schlandscher Politik post WK II -

      Massiv & ungelöst bis heute betrifft -

      Im Handumdrehen unter ferner

      Schliefen abschiebt!

      Euer Gespür für über den Tellerrand lappende politische Zusammenhänge -

      Die ja hier evident aktuell - tief bis in 'schlands EU-Politik hineinwirken -

      Dieses - ja letztlich fehlende - Gespür -

      Ist schlicht enttäuschend ja erbärmlich!

      • @Lowandorder:

        sorry - sehe gerade bei politik allgem

        doch mit auf dem tableau!

        Danke.

  • Athen hat recht.

     

    Vgl den Offenen Brief des

    RA Dr. Joachim Lau an

    Bundespräsident Joachim Gauck

    Als Prozessvertreter der Bewohner von Distomo (Griechenland) und zahlreicher italienischer Deportierter. http://tazelwurm.de/?s=Joachim+Lau

     

    Die deutsche Seite weiß das auch ganz genau!

    Bezeichnenderweise mußte die

    Griechische Verhandlungskommission

    Als Entree zu den Grexit-Verhandlungen

    Auf Betreiben Gröfimaz Wolfgang Schäuble

    & Co. ein Revers unterschreiben -

    Daß Griechenland auf weiteres diese

    Ihre Forderungen nicht fällig stellt!

     

    (Wer da sich an die Worte seines Ziehvaters &

    Furchtbaren Juristen exMP Hans Filbinger

    "Was damals Rechtens war",…, "das kann heute nicht

    Unrecht sein." - erinnert sieht.

    Wer wollte sich das verbieten! http://m.spiegel.de/spiegel/print/d-40615419.html

    • @Lowandorder:

      Herr Rechtsanwalt Lau übersieht allerdings in seiner Stellungnahme, dass die von Griechenland geforderten Ausgleichszahlungen gerade nicht unter das Londoner Schuldenabkommen fallen und der von ihm ziterte Verjährungsverzicht sich daher nicht auf diese Schulden bezieht.

    • 3G
      30404 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Nö, haben sie nicht. Dieser Artikel bringt es auf den Punkt. https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article139212447/Reparationsforderungen-aus-Athen.html

      • @30404 (Profil gelöscht):

        Die ach so Deutsche Position - ist



        Hinlänglich - Bekannt - aber falsch!



        Selbst der Verhandlungsführer - einst -



        Ein gewisser Herr Hermann Josef Abs (Deutsche Bank remember) war -



        "sich darin einig!"

        • @Lowandorder:

          Sie ist falsch, weil sie es sagen?

          • @Mantis Toboggan:

            Sorry - wie kommen sie denn auf dieses schmale Brett?

             

            Lesen Sie doch die angegebenen links.

            Das ist sicher ne verfitzte Materie -

            Aber daß ´schland von Anfang an & bis heute -

            Ein mieses Spiel mit gezinkten Karten spielt -

            Is plan as plan can be.

        • @Lowandorder:

          & by the way - wie verlogen &

          wider besseres Wissen die

          Deutsche Position ist -

           

          Als post Wende & by Anschluß -

          Die DDR-Seite - statt Einigungs -

          Friedensvertrag "firmieren" wollte -

          Der Aufschrei BRD-Seite hallt noch heute durch die Flure -

          "Seid ihr verrückt geworden!! --

          Dann kommen alle rundum wg

          Reparationen!"

          So geht das.