Protest-Demo gegen Fremdenhass: Eine Persiflage auf „Pegida“
Privatleute initiieren „Tegida“-Demo der „Toleranten Europäer gegen die Idiotisierung des Abendlandes“. Tausende Anmeldungen auf Facebook.
Humor gegen Hass – das ist eine schöne, gewaltfreie Neujahrsbotschaft, die hätte sich auch der Papst ausdenken können. Hat er aber nicht: Die für den 5. Januar geplante Hamburger „Tegida“-Demonstration ersann eine Privatperson. Die Abkürzung bedeutet „Tolerante Europäer gegen die Idiotisierung des Abendlandes“. Gedacht ist sie als Protest gegen die von Dresden ausgehenden, bundesweiten Demonstrationen von „Pegida“ – der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes.“
Zuletzt hatten sich in Dresden 17.500 Menschen daran beteiligt und damit die sich in Hamburg gar nicht erst formieren, hatte jene Privatperson über Facebook für den 5. Januar zur „Tegida“-Demonstration aufgerufen. Als sich Tausende anmeldeten, verließ die Person, die das Ganze erfunden hatte, der Mut – und Horst Schneider von der Altonaer Linksfraktion sprang ein. Auch er tue dies nicht als Politiker, sondern privat, sagt er: „Die Aktion war zivilgesellschaftlich angedacht und so wird sie auch weitergeführt.“
Bis zum 4. Januar hatten sich 2.000 Menschen auf Facebook zu der Aktion angemeldet, die nicht als Laufdemonstration, sondern als friedlich-fröhliches „Beieinanderstehen mit Plakaten“ gedacht ist. Und natürlich könne man „Tegida“ mit „Pegida“ verwechseln, sagt Schneider. Das sei kein Zufall: „Wir wollen die Rechten persiflieren.“
Auch die Formulierung „gegen die Idiotisierung des Abendlandes“ sei bewusst „so platt wie das Denken von ’Pegida’“, sagt Schneider. „Dagegen wollen wir ein Zeichen setzen und rechtzeitig sagen: So geht das nicht.“ Als Rheinländer habe er 1993 den Brandanschlag auf das Solinger Haus der türkischen Familie Genç, bei dem fünf Menschen starben, hautnah mitbekommen. „So etwas möchte ich nie wieder erleben“, sagt er.
Die Sorge vor Übergriffen ist berechtigt: Am 22. Dezember 2014 sollen Dresdner „Pegida“-Demonstranten migrantische Jugendliche angegriffen haben (taz berichtete). Und auch wenn manche Politiker „Pegida“ als Randgruppe bezeichneten: „Die Zahl derer, die die Ängste dieser Demonstranten teilen, ist weit größer“, sagt Schneider.
Zeitgleich zur „Tegida“-Demonstration – und deshalb ist Schneider der Termin so wichtig – werden zudem in Köln „Pegida“- und Gegendemonstranten auf die Straße gehen. Wichtigster Akteur ist allerdings diesmal die katholische Kirche: Kölns Dompropst hat beschlossen, die Außenbeleuchtung des Doms während der „Pegida“-Demonstration – von 18.30 bis 21 Uhr – auszuschalten. Die Kathedrale solle nicht als Silhouette für fremdenfeindliche Aktionen dienen.
Vorgemacht hatte es die Dresdner Semperoper. Dort waren am 22. Dezember 2014 die Lichter ausgegangen, als die „Pegida“-Demonstranten den Theaterplatz betraten.
„Tegida“-Demonstration: 5. Januar 2014, 18.30 Uhr, Hamburg, Glockengießerwall/Hauptbahnhof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung