Profisport und die LGBT+-Community: Bunter Kick
In der Premier League laufen Spieler diese Woche mit bunten Schnürsenkeln auf. Auch hierzulande gibt es Aktionen gegen die Diskriminierung.
Es ist eine bunte Woche in der englischen Premier League. Kapitänsbinden, Eckfahnen, Schnürsenkel – überall sind Regenbogenfarben zu sehen. Mit der „Rainbow Laces“-Kampagne wird noch bis Sonntag ein Zeichen gegen Diskriminierung von Sporttreibenden aus der LGBT+-Gemeinschaft gesetzt. Die Idee gibt es seit 2013. „Damals gab es kaum konstruktive Diskussionen über LGBT im Fußball“, erinnert sich Jeff Ingold, Pressesprecher von Stonewall UK, dem Verband, der hinter der Aktionswoche steht. „Also suchten wir einen einfachen Weg, Gespräche darüber ins Leben zu rufen.“ Mit den regenbogenfarbenen Schnürsenkeln im Fußball fing es an und ist längst in andere Sportarten übergeschwappt. Hunderttausende Menschen schnüren bunt, teilweise über das komplette Jahr hinweg.
Wie wichtig die Rainbow Laces und andere Kampagnen sind, zeigt eine Studie der Deutschen Sporthochschule in Köln. Über 90 Prozent der 5.500 EU-weit befragten Sporttreibenden aus der LGBT+-Bewegung sehen Homo- und Trans*-Feindlichkeit als ein großes Problem. Jede*r fünfte Befragte hat selbst negative Erfahrungen gemacht, überwiegend mit Beleidigungen. Jede*r Dritte erlebte gar körperliche Übergriffe, jede*r Zweite bezeichnet sich als Mobbingopfer. Darüber hinaus wird strukturelle Diskriminierung, die Nichtaufnahme in ein Team etwa, beklagt.
Eine stetig steigende Zahl an Profis und Vereinen nimmt das nicht mehr hin. Beim 1. FC Köln hatte man 2012 die Nase voll von menschenverachtenden Beleidigungen.„Schwule Pässe gibt es nicht!“, stellten die Kicker mit der gleichnamigen Aktion klar. „Auch Wörter wie ‚du Homo‘ wurden einfach als Beleidigungen verwendet“, erinnert sich Thorsten Friedrich, Fanbeauftragter beim FC. „Das ist inakzeptabel. Die Leute müssen solche Begriffe in ihrem Wortschatz richtig einordnen und als Schimpfworte streichen.“ Um das Übel an den Wurzeln zu packen, veranstaltet der FC auch Workshops in den Nachwuchsabteilungen.
Tag der Diversität
Für den Christopher-Street-Day 2014 wurde dem Fanklub „Andersrum rut-wiess“ vom FC ein Wagen zur Verfügung gestellt. Damit aber nicht genug. „Irgendwie dachten wir“, so Friedrich, „es bringt ja nix, wenn wir nur den Wagen stellen, wir müssen auch selber mitmachen.“ Nun fährt jedes Jahr ein bunter Haufen Vereinsmitglieder selbst mit, einschließlich Bundesligaspieler und Vorstand. Rückendeckung kommt stets von FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle, der selbst offen in einer homosexuellen Beziehung lebt. Er verweist auf die Charta des FC, die Menschen willkommen heißt, „egal, woher du kommst, was du glaubst, was du hast oder bist, wie du lebst und wen du liebst“. Wehrle betont: „Das steht da nicht nur – wir handeln auch danach.“
Auch der Diversity Day des Eishockeyklubs Kölner Haie unter dem Motto „Lebe, wie du bist“ erregte viel Aufmerksamkeit. Gemeinsam mit dem FC wurde aus dem Aktionstag eine Aktionswoche. Für die Spiele der Haie gegen die Grizzlys Wolfsburg und des FC gegen Hertha BSC wurden Banden und LED-Wände in Regenbogenfarben gestaltet. Die Spieler trugen eigens für den Tag entworfene Trikots, die Sponsoren gestalteten ihre Logos um.
Landesweite Kampagnen quer durch alle Vereine und Sportarten gibt es in Deutschland noch nicht. Doch die Kölner sind guter Dinge, dass immer mehr Vereine mitziehen oder sich trauen, eigene Ideen zu entwickeln. So trägt etwa der Kapitän des VfL Wolfsburg eine Regenbogenbinde. „Es braucht, vor allem zu Beginn, ein Zeichen von oben“, sagt Thorsten Friedrich – auch um das starke Engagement vieler Fans zu honorieren.
In England ist man da schon weiter. „Mittlerweile geht es uns nicht mehr darum, den Sport zu ändern, wir nutzen den Sport als Antrieb für gesellschaftliche Veränderung“, sagt Jeff Ingold von Stonewall UK. „Die positive Entwicklung von Rainbow Laces ist auch ein Anstoß für mehr strategisches und systematisches Umdenken.“
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