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Problematische KooperationMozilla bandelt mit Foxconn an

Mozilla will eigentlich zu den Guten der Netzindustrie gehören. Die Kooperation mit dem umstrittenen Elektronikhersteller Foxconn spricht dagegen.

Am Foxconn-Fließband wird dann auch bald das Mozilla-Phone produziert. Bild: dpa

BERLIN taz | Mozilla will zu den Guten gehören. Der Hersteller des populären Browsers Firefox ist eine gemeinnützige Stiftung und veröffentlicht seine Software als Open Source. Jeder, der will, kann den Quelltext der Software lesen, verändern und weiterverbreiten. Die Kontrolle über den eigenen Computer behalten, sie nicht in die Hände weniger gewinnorientierter Großkonzerne legen, das ist einer der Gedanken hinter freier Software.

Doch nun hat Mozilla eine Kooperation mit dem Gerätezulieferer Foxconn angekündigt. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag im taiwanischen Taipeh gaben die beiden Unternehmen eine „weitreichende Partnerschaft“ bekannt.

Es gehe darum, das von Mozilla entwickelte freie Betriebssystem für Mobiltelefone, Firefox OS, zu stärken. Der Mozilla-Vorstand deutete dabei an, dass es nicht nur um die Produktion von Mobiltelefonen, sondern auch um andere mobile Geräte gehen soll.

Foxconns Unternehmenspolitik passt so gar nicht zu dem Image von Mozilla. Foxconn produziert bislang etwa für Apple Sony und Nokia – und ist in den vergangenen Jahren immer wieder mit ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen geraten. 2010 nahmen sich 13 Arbeiter im Werk in Shenzhen bei Hongkong das Leben. Kritiker führten die Selbsttötungen auch auf die Arbeitsbedingungen im Unternehmen und Perspektivlosigkeit zurück.

„Die Situation hat sich seitdem praktisch nicht verändert“, sagt Berndt Hinzmann vom Inkota-Netzwerk. So hatte Foxconn beispielsweise die Wahl von Arbeitnehmervertretungen angekündigt. Eine vergangene Woche veröffentlichte Umfrage der Arbeitsschutzorganisation Sacom zeigt jedoch, dass über 90 Prozent der Angestellten nichts von der Wahl wussten.

Mozilla schweigt

Prinzipiell ist laut Hinzmann zwar vorstellbar, dass Auftraggeber über die Gestaltung der Verträge Einfluss auf die Produktionsbedingungen bei den Zulieferern nehmen. „Aber ob Mozilla die Marktmacht hat, die Umstrukturierung der Werke und der Arbeitsabläufe, die nötig wäre, zu erreichen, ist zu bezweifeln.“

Mozilla wollte sich zu den Vorwürfen nicht konkret äußern. „Uns ist bewusst, dass es eine Reihe an Themen gibt, auf die wir achten müssen“, teilte das Unternehmen mit. Wie man zu den Arbeitsbedingungen bei Foxconn steht, ob man sich Einfluss verspricht – diese Fragen bleiben unbeantwortet.

Für Foxconn passt die Kooperation dagegen in die aktuelle Strategie, neue Kooperationspartner zu suchen. Denn nicht nur für Großkunde Apple wird der Markt enger. Und schwächeres Wachstum oder Verluste bei den Auftraggebern bekommt auch der Zulieferer zu spüren.

Das Wall Street Journal zitierte in der vergangenen Wochen eine Führungskraft von Foxconn mit den Worten, man wolle „den Kundenstamm aktiv ausbauen“, weil man die Produktionskapazitäten ausgedehnt habe, die großen Marken aber nicht entsprechend mehr Aufträge erteilten.

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10 Kommentare

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  • CC
    Chev Chelios

    @ Cabron

     

    dass, das Fairphon sicherlich auch nicht das gelbe vom Ei und über jeden zweifel erhaben ist, ist schon klar. Am besten sollte man versuchen, jeglichen überflüssigen Konsum zu vermeiden. Dennoch geht es darum einen Unterschied zu machen, transparentere, fairere, sozial- und umweltverträglicherere Produktionsbedingungen zu schaffen. Alle anderen Elektronikkonzerne machen dieses nicht. Deswegen leistet Fairphone hier Pionierarbeit. Dieses sollten Sie anerkennen und nicht dagegen polemisieren. Es ist leider so, dass sehr viele Menschen dem neuesten Apple I-Phone und Samsung Galaxy S hinterherhecheln, weil sie sich in ihrem sozialen Umfeld profileiren wollen, anstatt sich mal Gedanken darüber zu machen, wie solche Produkte überhaupt hergestellt werden. Die Einstellung vieler Personen muss sich ändern. Menschen wie Steve Jobs und Bill Gates waren bzw. sind keine Visionäre oder Vorbilder. Sie haben nichts bewirkt, außer der Anhäufung von Reichtum auf dem Rücken von Umwelt und durch Menschenausbeutung. Firmen wie Foxconn als Zulieferer zu nutzen ist das Allerletzte.

  • C
    Cabrón

    @ Thorsten Scheffner

     

    Vor allen Dingen liest man auf der Fairphone-Seite, dass die noch kein einziges Telefon ausgeliefert haben...

     

    Auch legen sie nicht offen, wer ihre Zulieferer sind für Bauteile, Leiterplatte, Gehäuse, Batterie etc etc

     

    Sorry, aber an ein fair gebautes Stück Konsumelektronik zu glauben bedeutet, man könne auch den Weihnachtsmann oder ein "grünes" Formel 1 Auto für wahr nehmen.

     

    Oder, man hat keinen blassen Schimmer bzw. Einblick in die Elektronikindustrie und glaubt eder Werbung auf einer Webseite, die einem ein Smartphone verticken will!

     

    Radilkalste Lösung: gar nicht kaufen. Wenn das nicht geht, ein Fon solange benutzen bis es von alleine den Geist aufgibt...

  • K
    kajuete

    Die Mozilla Foundation wird hauptsächlich von Google finanziert. Die Hemmschwelle mit Foxconn zu kooperieren ist daher evl. niedriger als man denkt.

  • B
    Bachsau

    Vor allem braucht keine Sau noch ein Smartphone-System. Dann lieber Geräte, auf denen man das System seiner Wahl installieren kann.

  • B
    bapon

    Bei France Telecom gab es bis 2010 33 Selbstmorde in 2 Jahren. Man vermutete Mobbing.

     

    In 2011 weiteten die Deutsche Telekom und France Telekom ihre Kooperation aus.

     

    (http://www.heise.de/netze/meldung/Telekom-und-France-Telecom-weiten-Zusammenarbeit-aus-1229186.html)

     

    Ist die deutsche Telekom nicht auch ganz schön böse?

     

    Oder ist das bei France Telecom nur unglücklich, während es bei Gut und Böse eigentlich um die Chinesen an sich geht.

     

    Das ist zumindest die Stimmung in D, soweit ich mit Menschen darüber rede.

  • TS
    Thorsten Scheffner

    Sicher ist es schwer, Zulieferer zu finden, die fair produzieren, aber anscheinend nicht unmöglich, wie Fairphone zu beweisen scheint (auch die taz berichtete):

     

    http://www.fairphone.com/

     

    Da sollte Mozilla nachbessern!

  • L
    lui

    foxconn ist ein hertseller von dem man etwas weiss. und die anderen?

  • P
    pressewolf

    Da droht Mozilla zum taktischen Feigenblatt für die Firma Foxconn rein zur Imagepflege zu werden. Vielleicht endlich ein Signal , sich stärker einzubringen um Druck auzuüben ...

  • C
    Cabrón

    Mozilla gut, Foxconn pöse ... etwas undifferenzierte Weltsicht, oder?!

     

    Wenn eine Firma ein Konsumprodukt wie ein Mobiltelefon millionenfach auf dem Globus gleichzeitig in die Absatzmärkte bringen will, gibt es nicht mehr so viele EMS, die solch eine Leistung bringen können wie Foxconn.

     

    Zum selba recherchieren: wer bestückt und montiert wo eigentlich das Google Nexus Tablet, dass hier als Abo-Prämie angeboten wird ? ;-)

  • R
    reblek

    "Foxconn produziert bislang etwa für Apple Sony und Nokia..." - Da die Firma nicht "Apple Sony" heißt, wäre ein Komma zwischen den beiden Firmen Apple und Sony nicht verkehrt.