Problem-Paar mit Hundefaible: Die Insta-Cop und der Nazi-Schläger
„Insta-Cops“ sollen das Image von Niedersachsens Polizei verbessern. Doch eine von ihnen lebt mit einem bekannten Rechtsextremen zusammen.
Der schöne Schein bekam aber nun einen braunen Riss. In den sozialen Medien finden sich nämlich auch ganz andere Bilder der Polizistin. Via Twitter wies das „Recherche Kollektiv Ostwestfalen“ auf den Lebenspartner der Kommissarin hin: Jannik Rohlfing. Auf Urlaubsfotos aus Norwegen und Dänemark posieren sie 2021 und 2022 zusammen. Mit dabei ist auch der Privathund Bronson.
Seit über zehn Jahren bewegt sich der 32-jährige Rohlfing in der rechtsextremen Szene. Vor Ort in der Region Ostwestfalen-Lippe war er auch in eine militante Aktion involviert: Am 28. November 2010 stürmte er mit Kameraden die alternative Kneipe „Hamburger Hof“ in Minden. Sie verletzten einen Gast, zerstörten die Einrichtung. Den linken Gästen hätten sie „einen Denkzettel verpassen“ wollen, sagte Rohlfing im Prozess 2013. Das Landgericht Bielefeld verhängte geringe Geldstrafen. Rohlfing musste wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung eine Geldstrafe von 600 Euro zahlen.
Rechtsextreme Posen auf Instagram
Das Urteil führte nicht zu einer Distanzierung von der Szene. Im Milieu um den rechtsextremen Kader Marcus Winter aus Minden war Rohlfing weiterhin aktiv. 2014 übernahm er im August in Bad Nenndorf bei einem „Trauermarsch“ eine Ordnerfunktion. Im Oktober desselben Jahres beteiligte er sich an der Gründung des Stützpunktes Hermannsland für die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“.
Mit seinem Projekt ‚„Insta-Cops“ ist Niedersachsen nach eigenen Angaben bundesweit Vorreiter. 2021 betrieben 33 Polizist:innen „nebenamtlich“ einen Social-Media-Account, davon 28 bei Instagram.
Damit will man einerseits den Wildwuchs privater Kanäle von Beamt:innen einhegen, auf denen Dienstliches und Privates vermischt wird.
Mit ihren Kanälen sollen die „Insta-Cops“ aber auch dort Präsenz zeigen, „wo sich eine Vielzahl unserer Bürgerinnen und Bürger tagtäglich aufhält: in den sozialen Netzwerken“, sagt Landespolizeipräsident Axel Brockmann.
Die Präsenz in der digitalen Welt biete die Möglichkeit, die alltägliche Arbeit der Polizei darzustellen – und um „Vertrauen und um Nachwuchs“ zu werben, heißt es aus dem niedersächsischen Innenministerium.
Auch für die Öffentlichkeitsfahndung könne die Polizei in sozialen Medien schnell eine hohe Reichweite erzielen.
Auch die Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen sieht „positive Effekte haben auf das Berufsbild, bei der Nachwuchsgewinnung und auf die Beziehung zwischen Polizei und Bevölkerung“. Den teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen müsse aber auch klar sein, was es bedeute, in den sozialen Medien ihr Gesicht zu zeigen.
Auf der Straße ist Rohlfing in den vergangenen Jahren nicht mehr durch politische Aktivitäten aufgefallen. Ist er ausgestiegen? Hat er die rechte Ideologie hinterfragt und die Kontakte abgebrochen? „Nein“, sagt eine Sprecherin des „Recherche Kollektivs“ und verweist auf Rohlfings Selbstinszenierung bei Instagram. Dort posiert der gelernte Zimmerer und Restaurateur auf einem Bild in einem T-Shirt der rechtsextremen Band „Überzeugungstäter“ mit klarer Botschaft: „Kampf bleibt der Vater aller Dinge“. Im gleichnamigen Lied intoniert der Sänger: „Einst wagte es ein Mann, ein System zu reformieren. Das nur dem Volke dienen sollte und nicht mehr dem einen Tiere. Wie Figuren auf dem Schachbrett wollte man uns alles nehmen. Doch eine Weltanschauung wie die unsere, kann man nicht in Ketten legen.“ Welchen Mann meint die Band wohl damit, welche „Weltanschauung“?
Auf einem anderen Foto trägt er einen Pullover des rechtsextremen Musiklabels OPOS-Records. Das Kürzel OPOS steht für „One People One Struggle“, übersetzt: „Ein Volk, ein Kampf“. Außer Rechtsrock und Bekleidung können auf der Website auch Reichsfahnen und Erinnerungen eines Freiwilligen der Waffen-SS bestellt werden. Auf einem weiteren Foto trägt der kampfsportbegeisterte Rohlfing ein Shirt von „Phalanx Europa“ aus dem Spektrum der rechtsextremen Identitären Bewegung. Doch nicht allein die Bilder deuten darauf hin, dass bei Rohlfing kein Umdenken eingesetzt hat. Kameraden aus der Szene kommentieren die Bilder auch anerkennend und wünschen einen „schönen Urlaub. Komm gesund und Munter wieder nach Hause“.
Dass Rohlfing in der Öffentlichkeit nicht mehr auftaucht, überrascht die Sprecherin des „Recherche Kollektivs“ nicht. „Politischer Aktivismus in der Neonazi-Szene ist häufig an die jeweiligen Lebensphasen gebunden“, sagt sie. Im Jugend- und jungen Erwachsenenalter häuften sich Demobesuche, öffentlichkeitswirksame Inszenierungen und gewaltsame Übergriffe. Mit „fortschreitendem Alter“ gebe es viele Rechtsextreme, die öffentliche Auftritte vermeiden würden. Diese Zurückhaltung gehe oft mit einem festem Beruf und der Gründung einer eigenen Familie einher.
Dass die Kommissarin mit einem Rechtsextremen zusammen ist, sie auch den Diensthund zusammen erziehen, der im gemeinsamen Haushalt lebt, sei nicht hinnehmbar, sagt die Sprecherin. Und sie fragt, „ob sie ihren Dienst neutral ausüben kann?“.
Die Problematik von Beziehungen in die rechte Szene ist nicht neu. 2012 flog bei den olympischen Spielen die Beziehung einer Ruderin im deutschen Kader zu einem Rechtsextremen auf. Die Polizeimeisteranwärterin gehörte zur Sportfördergruppe der Landespolizei. Sie brach die Ausbildung ab und schied aus der Fördergruppe aus.
Die Polizei Hannover prüft den Fall
Im Fall Jendrny teilte ein Sprecher der Polizeidirektion Hannover mit, diese habe „sofort eine intensive Überprüfung eingeleitet“. „Sollte sich der Verdacht eines Fehlverhaltens bestätigen“, so der Sprecher weiter, „wird sofort ein dienst- und gegebenenfalls auch strafrechtliches Verfahren eingeleitet, von deren Ergebnis gegebenbenenfalls weitere Maßnahmen abhängen.“
Der von Jendrny „nebenamtlich im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit“ betriebene dienstliche Instagram-Account sei „mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres gesperrt“ worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen