Pro- und antirussische Demos in Berlin: Kein Autofahren für Putin-Freunde
Ein prorussischer Autokorso am Sonntag wurde abgesagt. Exilrussen hatten zu Gegenprotesten aufgerufen.
Angemeldet war der Korso am Sonntag nach Polizeiangaben vom S-Bahnhof Ahrensfelde zum Alexanderplatz mit Zwischenkundgebung am Treptower Park und einer Abschlusskundgebung an der Weltzeituhr. In sozialen Netzwerken war er beworben worden als Aktion für den Frieden, gegen Faschismus, Rassenhass, Russophobie und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine.
In der Nacht zum Sonntag hatte der Anmelder selbst, eine Einzelperson, seine Anmeldung zurückgezogen und eine Verschiebung auf die Zeit nach dem 9. Mai angekündigt. Auf Youtube begründete er das mit Sicherheitsproblemen. „Der wichtigste Grund ist, dass verschiedene Ermittlungsbehörden, Ermittlungsgruppen im Internet, straftatsuchende Gruppen usw. uns haben Informationen zukommen lassen, dass seitens ukrainischer Gruppen, ukrainischer Bürger (…) sehr viel Provokationen betrieben wird bis hin zu Molotowcocktails, bis hin zu Morddrohungen.“
Für die Berliner Polizei weist Sprecher Hartmut Paeth solch eine Bedrohungsinformation zurück. „Vielmehr haben wir dem Anmelder Auflagenbeschränkungen gemacht. Dagegen hat er vor Gericht geklagt. Nachdem das Gericht seine Klage zurückgewiesen hatte, erfolgte in der Nacht zum Sonntag der Rückzug der Anmeldung.“ Verboten hat die Polizei eine ganze Liste: Es durften keine Uniformen oder Uniformteile getragen, keine sowjetischen Fahnen oder Fahnen der sogenannten Volksrepubliken gezeigt werden. Verboten war auch das Georgsband, eine militärische Auszeichnung aus dem Zarenreich, die heute als Unterstützung des militärischen Kurses Putins dient und an dem sich Putin-Anhänger auch in Deutschland gegenseitig erkennen. Damit waren den Putin-Anhängern sämtliche identitätsstiftenden Darstellungen untersagt mit Ausnahme der russischen Staatsflagge. Das Zeigen von Flaggen von Staaten, zu denen Deutschland diplomatische Beziehungen hat, kann man nicht verbieten.
Die exilrussische Gruppe Demokrati-Ja (Demokratie-Ich) hatte zu Gegenkundgebungen in Ahrensfelde und an der Weltzeituhr aufgerufen. Die fanden trotz Absage des Autokorsos statt. Polizei und Veranstalter gaben die Teilnehmerzahlen übereinstimmend mit „jeweils mehr als 100“ an.
Demokrati-Ja organisiert für den 8. und 9. Mai ein zweitägiges Gedenken am Sowjetischen Ehrenmal am Tiergarten. „Das Gedenken an die gefallenen Soldaten und die anderen Opfer des Zweiten Weltkrieges wollen wir nicht den Putinisten und den offiziellen Vertretern des russischen Staates überlassen“, sagt eine Sprecherin der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen