Privatunternehmen kassiert Parksünder ab: Kameraüberwachung auf dem Parkplatz
In Bad Münder hat ein Unternehmen Kennzeichen-Scanner montiert, um Knöllchen an die Falschparker zu schicken. Das Vorgehen wird hitzig diskutiert.

Aber seit Ende Mai hat das kleine Örtchen am Deister eine Besonderheit, die anderswo noch rar ist: Am Parkplatz an der Wallstraße ist eine Infrarot-Kameraüberwachung installiert, die Nummernschilder dokumentiert. Wird die Freiparkdauer von 30 Minuten überschritten, ist man als Nutzer unregistriert und es fallen Verwarngebühren an.
Die Überwachung von Parkraum nimmt zu, die Sanktionierung von „Parksündern“ auch, vom Bodensensor bis zur Radkralle. Bad Münder reiht sich in diesen Trend ein.
Um den Platz, auf den rund 80 Pkw passen, gibt es schon lange Streit. Er ist beliebt, denn für Innenstadtbesuche ist er perfekt. Nur: Er ist Privatgelände. Laura-Theresa Möckel von der Kommunikationsfirma AKI-Kommunikation, beschreibt das Problem, stellvertretend für das vom Mieter des Geländes mit der Parkraumüberwachung beauftragte Unternehmen „Smart Parking Germany“, so: Der Platz sei „leider immer häufiger von Fremdparkern genutzt“ worden, „so dass den Kunden des anliegenden Fitnessstudios und Getränkemarktes nicht ausreichend Parkplätze zur Verfügung standen“.
Stillschweigende Zustimmung bei Zufahrt
Bei der Zufahrt stimme der Kunde „stillschweigend den Datenschutzbestimmungen und den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu“, sagt Möckel der taz. Die sind ausgeschildert, auch an der Einfahrt.
Überschreitet ein Parker die kostenfreie Parkzeit und hat keine „andersartige Parkberechtigung“, etwa durch eines der anliegenden Unternehmen, klingelt für Smart Parking die Kasse. Denn die 40 Euro, die nach der Halterabfrage fällig werden, stellen „in der Regel auch die Vergütung für Smart Parking dar“, sagt Möckel.
Was hier geschieht, nur ein paar Gehminuten vom „Miteinander-Füreinander-Platz“ entfernt, ist bisher nur ein Testlauf. „Im Moment wird geschaut, ob technisch alles funktioniert“, sagt Möckel. „Es werden also noch keine Tickets erstellt.“ Aber im Prinzip sei Smart Parking startklar. Alles sei „abgestimmt, auch mit dem Datenschutz“.
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Hannover, ist damit nicht gemeint. Zum Sachverhalt lägen „keine eigenen Erkenntnisse vor“, sagt Sprecherin Karin Hödt der taz.
Aber sie gibt eine „allgemeine Einschätzung“ ab: Eine solche automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten unterliege der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), Artikel 6, Absatz 1, Buchstabe f. Die Verarbeitung ist rechtmäßig, steht da, wenn sie „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist“, sofern nicht „die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“.
Als berechtigtes Interesse des Parkraumbewirtschafters komme, sagt Hödt, „eine Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen sowie die ordnungsgemäße Nutzung und Bewirtschaftung des Parkplatzes“ in Betracht. Die Kameras dürfen allerdings nichts anderes erfassen als das Nummernschild. Nicht das Umfeld des Wagens, auch die Fahrzeuglenker nicht.
Die Stadt schweigt
Das geschehe auch nicht, versichert Möckel. Dass Niedersachsens Datenschützer nicht eingebunden sind, erklärt sie durch den Hauptsitz von Smart Parking in Düsseldorf. Zuständig für Datenschutzangelegenheiten des Auftragnehmers sei Nordrhein-Westfalen, „unabhängig vom Standort des Auftraggebers“. Die Datenschutzbestimmungen seien von der dortigen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit „bezüglich Transparenzanforderungen und Hinweisbeschilderung“ bewilligt. Smart Parking nehme „die Wahrung personenbezogener Daten und die Datenschutzverordnung sehr ernst“.
Abzuwarten ist, wie sich die Diskussion um den (zu) gut frequentierten Parkplatz in Bad Münder und seine privaten Knöllchen entwickelt. Andernorts ist sie bereits hitzig – von Abschlepp-Aktionen über Anwalts-, Mahn- und Inkassokosten bis zu strafbewehrten Unterlassungserklärungen, wenn der Halter den Fahrer nicht nennt. Viel Zündstoff also.
Die Stadt Bad Münder, von der taz um Kommentierung der Überwachung gebeten, schweigt. Mehrere Anfragen, schriftlich wie telefonisch, blieben ohne Ergebnis. Denise Hälbig, Assistentin des Bürgermeisters, teilt lediglich mit, es komme „zeitnah eine Antwort“. Der Redaktionsschluss, Tage später, verstreicht. Ohne Antwort.
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