Privatisierung des Flughafens Hahn: Die Luftnummern der Prüfer
Es gibt durchaus seriöse Anleger aus Fernost. Sie würden nie Verträge schließen, ohne zu prüfen, ob es den Partner gibt.
Auch die KPMG, laut Selbstdarstellung eins von Deutschlands „führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen“, muss sich fragen lassen, wie sie vorgegangen ist. Sie war dafür zuständig, die Bonität des Investors zu prüfen.
Im Zuge von Chinas derzeitiger Investitionswut hat sich die Weltöffentlichkeit zwar fast schon daran gewöhnt, dass ständig irgendwelche neue chinesische Namen auftauchen, die weltweit Milliarden in Firmen, Infrastrukturprojekte oder Immobilien stecken. Doch auch für chinesische Verhältnisse ist es äußerst unüblich, mit einem potenziellen Investor Verträge abzuschließen, ohne zu wissen, ob es ihn überhaupt gibt.
Was am Vorgehen der rheinland-pfälzischen Landesregierung und den Wirtschaftsprüfern von KPMG vor allem überrascht: Warum sie nicht näher auf das Angebot eines anderen chinesischen Interessenten eingegangen sind. Denn im Gegensatz zu Shanghai Yiqian, von dem auch in China noch niemand gehört hat, interessiert sich mit der HNA-Unternehmensgruppe eines der derzeit in China größten und erfolgreichsten Privatunternehmen für den Flughafen Hahn.
Weltweite Expansion
Die HNA ging in den 90er Jahren aus einem Reiseunternehmen auf der südchinesischen Tropeninsel Hainan hervor. Firmenchef Chen Feng ließ sie innerhalb von 15 Jahren durch Expansion und Zukauf von über 50 Airlines zu einer der größten Fluggesellschaften der Welt aufsteigen.
Auch ins Ausland expandiert Hainan Airlines. Das chinesische Unternehmen hält unter anderem Anteile an Brazilian Airlines, Africa World Airlines, der zweitgrößten französischen Fluggesellschaft Aigle Azu, dazu besitzt es 29 Prozent der NH Hotel Group, Anteile an Uber und ein Bürohochhaus in Manhattan. Derzeit verhandelt HNA über den Einstieg bei der Air Europa. Mehr als 128.000 Mitarbeiter beschäftigt der Konzern eigenen Angaben zufolge. Der Umsatz lag 2015 bei umgerechnet über 30 Milliarden US-Dollar.
Ein Trost: Rheinland Pfalz ist nicht das einzige Bundesland, das beim Verkauf von unrentablen Flughäfen den Versprechungen eines Einzelinvestors aus Fernost auf den Leim gegangen ist. Für 30 Millionen Euro kaufte der chinesische Unternehmer Jonathan Pang 2007 den Flughafen Parchim in Mecklenburg-Vorpommern.
Er versprach aus dem ehemaligen Militärflughafen ein internationales Luftkreuz mit zollfreiem Einkaufszentrum zu machen. Viel geschehen ist seitdem nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen