Pressetermin der GIZ: Die Entwicklungshilfe-Company

Im Januar entstand mit der GIZ eine neue Entwicklungsorganisation. Seitdem trimmt ihr Chef sie auf Umsatz - und verschreckt Idealisten früherer Jahre.

Vorstandssprecher Bernd Eisenblätter erklärt, wie die Entwicklungshilfe-Organisation GIZ ihren Aktionsradius erweitern will. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Mann, der Entwicklungshelfer zu umsatzorientierten Unternehmern macht, ist schwer zu packen. Bernd Eisenblätter, 66, ist scheu, er hat mal schlechte Erfahrung mit den Medien gemacht. Nur einmal im Jahr gibt er deshalb eine Pressekonferenz, nur dann stellt er sich der Öffentlichkeit. An diesem Dienstag ist es so weit, es ist ein besonderer Tag.

Eisenblätter ist seit dem 1. Januar der mit Abstand mächtigste Entwicklungsmanager Deutschlands. Seit diesem Tag führt er die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die GIZ ist das Ergebnis einer großen Fusion in der deutschen Entwicklungsszene, bei der mehrere Organisationen zusammengefasst wurden.

Seitdem ist Eisenblätter Chef von rund 17.000 Mitarbeitern, er managt Hilfsprojekte in Milliardenhöhe und auf allen Kontinenten der Welt. Und er hat ein Ziel: das spröde Gutmenschentum der Siebzigerjahre endgültig hinter sich und die GIZ zu einem internationalen Unternehmen wachsen zu lassen. Eisenblätter nennt das diplomatisch einen "erweiterten Aktionsradius" seines Unternehmens, das "vielfältige Dienstleistungen" anbietet und "noch effizienter" wird.

So soll die GIZ in Zukunft nicht mehr nur in Entwicklungsländern tätig sein. In Zukunft will die Organisation auch in Schwellen- und Industrieländern über Kofinanzierungen oder im kommerziellen Bereich tätig werden.

Unternehmensmentalität sorgte erst jüngst für Ärger

Die Rhetorik hat sich verändert, das lässt Eisenblätter spüren. Am Dienstag spricht er von "Leadership", "Know-how" und von "Exportschlager", intern gibt er die Parole vom "Weltmarktführer für nachhaltige Dienstleistungen" aus. Er sagt: "Eine stärkere Verschränkung von Wirtschaft und Entwicklung ist wichtig für die Relevanz der Entwicklungszusammenarbeit."

Doch das sieht längst nicht jeder so.

Bevor Eisenblätter GIZ-Chef wurde, war er erster Mann bei der Vorgängerorganisation, der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) in Eschborn. In der Entwicklungsszene präsentierte sich auch die GTZ stets als "internationales Beratungsunternehmen", in dem die Lebensläufe makellos, die Gehälter stattlich und die Anzüge gern mal teuer waren.

Doch genau diese Unternehmensmentalität sorgt etwa bei den Mitarbeitern des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED), seit Januar auch ein Teil der GIZ, für Missfallen. Traditionell verstehen sich die Frauen und Männer beim DED als echte Entwicklungshelfer, die dahin gehen, wo wirklich angepackt werden muss. Während sie die Berater von der Ex-GTZ als Papiertiger sehen. "Es gibt ein großes Unbehagen nach der Fusion", heißt es aus der GIZ, "besonders bei den DEDlern".

Es steigerte sich noch, als in den vergangenen Wochen der Vorwurf aufkam, die siebenköpfige Spitze der GIZ würde mit einer teuren Dienstwagenflotte, First-Class-Reisen in Entwicklungsländer und opulenten Büroumbauten Geld verschwenden. Als der SPD-Haushaltspolitiker Lothar Binding das Entwicklungsministerium vor einigen Wochen um Aufklärung bat, entwickelte sich ein skurriler Briefaustausch zwischen Binding und dem Entwicklungsstaatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz von der FDP, in dem sich beide gegenseitig aufforderten, keine parteitaktischen Auseinandersetzungen auf dem Rücken der Organisation zu führen.

Viele Mitarbeiter sind unzufrieden und beklagen sich

Binding kritisierte schließlich in einem achtseitigen Schreiben vom 28. Juni, dass es bei der Auseinandersetzung "um entwicklungspolitisches Selbstverständnis" der Entwicklungsorganisation GIZ gehe. Die Irritationen über die Richtung der GIZ könnten für Eisenblätter und die GIZ noch zu einem Problem werden, denn die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich unzufrieden an Abgeordnete oder Medien wenden, hat in der Organisation mittlerweile ein zuvor nicht bekanntes Ausmaß erreicht.

Erst vergangene Woche mahnte Vorstandsmitglied Christoph Beier auf der Betriebsversammlung der GIZ, Unternehmensinterna geheim zu halten - alles andere sei nicht loyal. Und in einem Interview mit einer Unternehmenssprecherin im Unternehmensintranet wies die GIZ ebenfalls daraufhin, dass "immer die Pressestelle" eingeschaltet werden müsse.

Ob die Fusion zur GIZ ein Erfolg wird, wird sich in einem Jahr zeigen. Dann tritt Vorstandschef Eisenblätter ab, und es wird klar sein, ob es gelungen ist, alle Mitarbeiter von der neuen Unternehmensidee zu überzeugen. Dann wird auch der neue Vorstand bestellt. Sieben Männer sollen durch drei Männer und zwei Frauen ersetzt werden.

Daran hält auch der GIZ-Aufsichtsrat fest. Es wäre ein weiterer Schritt in Richtung internationales Unternehmen. Erst am Montag hat die Deutsche Telekom verkündet, mehr Frauen in den eigenen Vorstand zu holen.

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