piwik no script img

Presseschau Brasilien - Deutschland„Dante erlebt ein Inferno“

„Unser Statistik-Mann hat sich spontan selbst verbrannt“, sagt BBC-Kommentator Gary Lineker. Die internationale Presse feiert die epochale Blamage Brasiliens.

Dumm gelaufen. Bild: dpa

Großbritannien

Daily Star: „Sambaaargh“

Daily Mirror: „Deutschland verprügelt Brasilien im tollsten WM-Spiel aller Zeiten. Brasiliens WM-Karneval endet in völliger Verzweiflung und Demütigung, nachdem die Deutschen Amok liefen.“

The Sun: „Entzweigerissen in 179 Sekunden. Es war wie bei einer Party, bei der plötzlich die Musik aufhört, das Licht angeht und die Polizei durch die Tür kommt. Auf Jahre hinaus werden wir uns an die unglaublichste Kapitulation in der Geschichte dieses Turniers erinnern.“

Gary Lineker, ehemaliger englischer Nationalspieler, jetzt TV-Moderator bei der BBC: „Unser Statistik-Mann hat sich spontan selbst verbrannt“, und fügte hinzu: „Du weißt, dass du Probleme hast, wenn Khedira gegen dich trifft.“

Spanien

El País: „Deutschland vernichtet Brasilien. Die unvergessene Niederlage der Brasilianer bei der WM 1950 im Maracaná-Stadion gegen Uruguay war ein Witz im Vergleich zum 1:7.“

Marca: „Brasilien erleidet die größte Demütigung der Fußballgeschichte.“

As: „Ein WM-Massaker: Das deutsche Tiki-Taka verpasst Scolari eine verdiente Abreibung. Brasilien erhält die Quittung dafür, dass es seinen fußballerischen Stil verraten hat.“

Portugal

Público: „Brasilien war auf eine so perfekte Elf der Deutschen nicht vorbereitet. Der WM-Gastgeber erleidet die größte Demütigung seiner Fußballgeschichte.“

Russland

Sport Express: „Deutsche Schocktherapie. Die brasilianischen Spieler wirkten wie Clowns aus einem Wanderzirkus. Dante erlebte ein Inferno. Im Boxen hätte der Ringrichter den Kampf bald abgebrochen.“

Sowjetski Sport: „Deine Augen sehen es, aber der Verstand kann es nicht fassen. Deutschland gegen Brasilien 7:1.“

Dänemark

Berlingske: „Historischer 7:1-Sieg: Deutschland nach brasilianischer Rundumrasur bereit für das Finale.“

Schweden

Dagens Nyheter: „Es war der Moment, der der brasilianischen WM-Geschichte ein neues Kapitel geben sollte. Und das tat er auch. Ein Kapitel über Erniedrigung, totale Erniedrigung.“

Italien

La Gazzetta dello Sport: „Erbarmungslose Deutsche stürzen ein Land ins Drama. Eine historische Demütigung. Albtraum-Nacht in Belo Horizonte: Die Deutschen eliminieren die Seleção unter Mithilfe von Scolari, der alles falsch macht.“

La Stampa: „Nationales Drama für Brasilien, gedemütigt von Deutschland. Es war kein Spiel mehr. Bei 7:1 war es ein Massaker, das Deutschland eiskalt in einer halben Stunde vollzogen hat. Löw ist der Favorit im Finale.“

Österreich

Kurier: „Weltmeisterlich: Die Deutschen sind die wahren Brasilianer.“

Belgien

Het Laatste Nieuws: „Von Gott verlassen“

Le Soi: „1:7 - Die globale Erniedrigung“

Ungarn

Nepszabadsag: „Der brasilianische Fußball hat am Dienstag seinen brasilianischen Charakter endgültig verloren. Endgültig, denn die Mannschaft war auch schon vorher bei dieser WM alles mögliche, nur nicht „brasilianisch“. Was Brasilien seit 1958, seit dem ersten WM-Triumph aufgebaut hat, hat die gegenwärtige Équipe in anderthalb Stunden in einen Nachlass verwandelt.“

Litauen

Lietuvos Rytas (Online): „Fiasko, Tragödie, Schande, Demütigung und die größte Überraschung der WM.“

Niederlande

NRC Handelsblad: "'Wo warst du, als der nationale Fußball zusammenbrach?' werden Brasilianer einander noch in Dutzenden von Jahren fragen. (...) Brasilien ist erniedrigt. Brasilien heult. 1:7. Deutschland ist im Finale. Es ist kein Witz.“

De Telegraaf: „Wenn die niederländische Mannschaft das Finale der Fußball-WM erreichen sollte, dann kann sie sich auf etwas gefasst machen. Deutschland machte am Dienstagabend im Halbfinale Hackfleisch aus Brasilien, indem es mit weniger als 7:1 (!) gewann.“

Frankreich

Le Parisien: „Der Traum eines ganzen Landes zerschellt an der deutschen Mauer. Das ist nationales Drama, das ernste Konsequenzen haben könnte.“

Polen

Rzeczspospolita: „Die laute Stille. Das war das schlechteste Spiel in der Geschichte des brasilianischen Fußballs. Die Hymne wurde von Spielern und Zuschauern a capella gesungen, die Erwartungen waren riesig, und dann war da nur noch Stille.“

Przeglad Sportowy: „Weck mich und sag mir, dass es nur ein böser Traum war – so müssen die tränenüberströmten brasilianischen Fans auf das reagieren, was im Mineirao-Stadion in Belo Horizonte geschah. Das ist ein neues Maracanazo.“ Griechenland: Sportday: „Gejammer! Schande und Erniedrigung. Ein Furcht erregendes und vor nichts Angst habendes Deutschland hat die Herzen von 200 Millionen Brasilianern getrübt.“

Brasilien

Die Titelseiten der brasilianischen Zeitungen drückten die erlittene Schmach aus: Meia Hora aus Rio de Janeiro erschien in schwarz. Und damit keiner glauben durfte, die Druckertinte sei ausgegangen, gab es eine Erklärung in weißen Lettern: „Heute gibt es keine Titelseite. Wir schämen uns und kommen morgen wieder.“

Die Fußnote darunter teilte noch selbstironisch mit: „Während Sie das hier lesen, schießt Deutschland noch ein Tor“. Weniger humorvoll, aber nicht minder apokalyptisch war die Stimmung bei den anderen Blättern: O Globo aus Rio rang nach den passenden Worten, „Schande, Blamage, Demütigung“, dahinter im Bild ein am Boden zerstörter David Luiz.

In der Dachzeile erfand die Zeitung einen passenden Ausdruck für das Geschehene: „Mineiratzen“ – ein Kunstwortmix aus dem Stadionnamen „Mineirâo“, dem portugiesischen Augmentationssuffix -aco, das einer Sache Bedeutsamkeit oder Größe verleihen soll und der Endung -tzen, womit das ganze für brasilianische Augen deutsch wirkt. Auch der traditionsreiche Correio braziliense aus der Hauptstadt Brasília versucht die historische Bedeutung der Niederlage zu fassen und schreibt von einer „Blamage für die Ewigkeit“.

Die Zeitung O povo aus Fortaleza macht sich und seinen LeserInnen bewusst: „Das war kein Alptraum, das war die Realität“ und auch der diario gaucho aus dem südbrasilianischen Porto Alegre greift die Metapher in Anspielung auf den Hexacampeonato (ein sechster WM-Sieg) auf: „6 war der Traum, 7 ein Albtraum“.

Sarkastisch gibt sich extra, von der Globo-Gruppe: Auf ihrer Titelseite vor einem historischen Foto vom Debakel im Maracana, 1950, steht schlicht „Glückwunsch“ – zur Rekordniederlage, die sogar das Fußballtrauma der Nation vor 64 Jahren übertroffen hat. (taz, dpa, ap, rtr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!