Pressefreiheit unter Trump: Man sollte es als Ehrung verstehen
Das Weiße Haus „enthüllt“ neuerdings Fake News – also Berichte, die der Regierung nicht passen. Autor*innen inklusive. Die BBC ist vorne mit dabei.
E ine gewisse Ironie ist Donald J. Trump ja nicht abzusprechen. Seit dem Wochenende gibt es die neue „Misleading. Biased. Exposed“-Website des Weißen Hauses, die den „Fake News Media“ die Leviten lesen soll. Sie listet ausgerechnet die Washington Post von Trumps Buddy und Amazon-Besitzer Jeff Bezos ganz vorn in ihrer Rubrik „Offender Hall of Shame“.
Dabei hat Bezos der Post doch böse Kommentare über Trump verboten! Das gefällt dem Präsidenten. Gleichzeitig berichtet das Blatt aber weiter kritisch-aufklärerisch über seine Politik. Am Sonntag zum Beispiel über die 4.000 angeblich „schlimmsten Verbrecher“, auf die das Department for Homeland Security Jagd machte. Und von denen, wie die Post geraderückt, mal wieder die wenigsten Kriminelle waren. Solche Berichte mag Trump gar nicht.
Die neue Website, die am Wochenende an den Start ging, funktioniert insgesamt wie ein Stürmer-Schaukasten fürs mediale Geschäft. Nach dem alten Motto „Haltet den Dieb“ werden da Ungeheuerlichkeiten unterstellt, um von den eigenen Machenschaften abzulenken. Es gibt eine scrollbare Liste mit Journalist*innen, streng sortiert nach wissenschaftlichen Kategorien wie „left wing lunacy“.
Die BBC macht sich in die Hose
Dazu passt, dass bislang ein guter Teil der klickbaren Buttons anscheinend noch gar nicht mit Inhalt hinterlegt sind. Aber wozu auch? „CNN – Exposed“ oder „CBS News – Exposed“ liest sich einfach mal gut. Und Unterstellungen durch Fakten zu belegen, ist so was von gestern. Es geht um Propaganda, nicht um Diskurs oder Fehlerkultur. Weshalb Bezos die Post mit seinem Sowohl-als-auch-Kurs erst recht vor die Wand fährt.
In der Liste der bösen Journalist*innen findet sich auch „The BBC Staff“. So komplett im Ganzen werden nur wenige gedisst. Die BBC sollte sich das zur Ehre gereichen lassen. Doch sie sitzt verzagt in London und macht sich in die Hose.
Gerade ruiniert sie die an ihren Gründer John Reith (1889–1971) erinnernden Reith-Lectures. Diese Vorträge über den Zustand von Gesellschaft und Medien, die seit 1948 im Auftrag der BBC von prominenten Denker*innen gehalten werden, liefert in diesem Jahr der holländische Historiker und Aktivist Rutger Bregman. Bregman, der fürs bedingungslose Grundeinkommen trommelt, hatte in der ersten Folge Trump als „den korruptesten Präsidenten in der amerikanischen Geschichte“ bezeichnet. Und was macht die BBC? Streicht den Satz „auf juristisches Anraten“ vor der Ausstrahlung raus.
Schon vor drei Jahren goss der Guardian dieses Verhalten in eine ikonografische Karikatur. Sie zeigt den BBC-Naturdoku-Gott David Attenborough vor einem vor Geiern wimmelnden BBC-Broadcasting House. Und Attenborough sagt mit bitterer Ironie „Fearful of becoming prey, it begins to devour itself“ – „Aus Angst, zur Beute zu werden, beginnt sie sich selbst zu verschlingen.“ „Ja, das unterscheidet sich vom Antrieb der Trump-Tiere. Die wollen Beute machen!“, meint die Mitbewohnerin.
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