piwik no script img

Pressefreiheit und Pegida in DresdenWer darf eigentlich was?

Darf ein LKA-Mann zu Pegida? Dürfen Journalisten Demonstranten filmen? Darf die Polizei Journalisten kontrollieren? Der juristische Faktencheck.

Die Demo-Teilnahme des LKA-Mitarbeiters war rechtens – die Aufnahme des ZDF-Teams aber auch Foto: imago/Paul Sander

Darf ein LKA-Angestellter privat auf Pegida-Demos gehen?

Die Pflicht zur politischen „Mäßigung“ gilt nur für Beamte. Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst heißt es für Angestellte: „Beschäftigte des Bundes und anderer Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.“

Hoheitlich tätig ist zum Beispiel die Polizei, also auch das Landeskriminalamt Sachsen. Auf die genaue Tätigkeit des einzelnen Mitarbeiters kommt es nicht an. Verfassungstreue wird also auch von einem LKA-Buchprüfer verlangt.

Allerdings gilt Pegida offiziell bisher nicht als Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat und wird weder vom Verfassungsschutz im Bund noch vom Landesamt in Dresden beobachtet. Mit dem bloßen Besuch einer Pegida-Demo würde ein LKA-Mitarbeiter also nicht gegen seine Dienstpflichten verstoßen.

Darf die Polizei die Personalien von Journalisten aufnehmen?

Wenn ein Journalist von einem Bürger angezeigt wird, darf die Polizei grundsätzlich die Personalie aufnehmen. Journalisten stehen nicht über dem Gesetz. Dem Vorwurf von Straftaten muss die Polizei nachgehen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Anzeige nicht offensichtlicher Blödsinn ist oder offensichtlich dazu dient, jemand falsch zu beschuldigen oder zu belästigen. Zeitliche Obergrenzen für die Dauer einer Identitätsfeststellung gibt es nicht.

Für die Polizei gilt aber stets das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Das heißt, sie muss Eingriffe in die Rechte der Bürger so gering wie möglich halten. In Dresden gab es zwei Strafanzeigen – eine wegen unerlaubten Filmens, die andere wegen Beleidigung – gegen die gleichen Journalisten. Es ist nicht ersichtlich, warum deshalb die Identität des ZDF-Teams zweimal direkt hintereinander überprüft werden musste. Aus dem ZDF-Video geht nicht hervor, warum insbesondere die zweite Überprüfung länger als eine halbe Stunde dauerte.

Dürfen Journalisten Menschen filmen?

Seit Mai gilt die EU-Datenschutz-Grund­verordnung, wonach für jede Datenerhebung die Einwilligung des Betroffenen erforderlich ist. Wie das Oberlandesgericht Köln im Juni entschieden hat, ist daneben aber das Kunsturhebergesetz (KUG) zumindest für Journalisten weiter anwendbar. Journalisten dürfen deshalb „Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben“ weiter ohne deren Einwilligung verbreiten.

Der LKA-Mitarbeiter wird zwar nicht nur als Teil einer Menschenmenge gezeigt, sondern auch groß im Profil. Diese Aufnahmen hat er aber selbst veranlasst, weil er auf den ZDF-Kameramann zuging und diesen aufforderte, mit dem Filmen aufzuhören. „Dadurch wurde er selbst zum Ereignis der Zeitgeschichte“, sagte der renommierte Medienanwalt Gernot Lehr dem ZDF.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Verstößt der mit Hut und Sonnenbrille nicht gegen das Vermummungsverbot?

    • @Stefan Wagner:

      Nee, das ar doch ne rechte und keine linke demo

  • „Zeitliche Obergrenzen für die Dauer einer Identitätsfeststellung gibt es nicht.“ - Das ist nicht richtig. Die absolute Obergrenze ist 12 Stunden (§ 163c II StPO). Eine Person darf zur Identitätsfeststellung allerdings nur dann und solange an- bzw. festgehalten werden, wie dies für die Feststellung erforderlich ist. Das sind in der Regel nur wenige Minuten, da der Perso auf Echtheit geprüft wird und dann die Persolien festgestellt und notiert werden. Alles darüber hinaus ist eine Freiheitsberaubung. 45 Minuten kann und darf das Ganze keinesfalls dauern. Jetzt weiß man natürlich nicht, ob hier ein Problem vorlag (zB zu identifizierende Person hat keine zureichenden Dokumente dabei). Wenn das aber der Fall ist, ist schnell absehbar, dass ein längeres Festhalten erforderlich wird. Dann müsste ein Richter angerufen werden (tagsüber möglich), der das Ganze absegnet (siehe wieder § 163c StPO)...

  • Neu war für mich, dass Pegida trotz der immer wieder belegten Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen nicht vom VS beobachtet wird.

    Ich frage mich, nach welchen willkürlichen Kriterien der VS entscheidet, was beobachtet wird und was nicht.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Solange Herr Maaßen engen Kontakt zur AfD unterhält und praktische Ratschläge erteilt ...

  • Vorsicht mit solchen Verallgemeinerungen. Auch für angestellte Lehrer gilt das Mäßigungsgebot. Nicht nur vor den Schülern, sondern auch in der Öffentlichkeit bei persönlichen Äußerungen. Man schaue zur Sicherheit in den eigenen Arbeitsvertrag.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Dürfte juristisch und soweit es durch die Instanzen geht ein interessanter Fall werden.

    Ähnlich läuft es ja gerade in Berlin, mit diesem sog. Volkslehrer. Wäre er Beamter, so hätte die Senatsverwaltung vor Gericht gute Chancen mit der Suspendierung incl. Entlassung.

    Aber so ganz ohne expliziten Eid als Beamter dürfte das schnöde GG höher wiegen als irgendwelche Klauseln im Arbeitsvertrag; was der schnöde Angestellte in seinem Privatleben zu tun oder zu lassen hat.

  • Natürlich darf der Mann demonstrieren. Aber - er darf nie vergessen, für wen er arbeitet. Dementsprechend hat er sich in der Öffentlichkeit zu benehmen. Da ist besondere Zurückhaltung geboten. Der Mann sollte das nicht vergessen. Die eine Seite ist seine private Meinung. Ich hoffe, diese schwappt nicht auf seine dienstlichen Belange über. Da wäre eher meine Sorge. Niemand soll hier Gesinnungsschnüffelei betreiben, aber ein angemessenes Verhalten in der Öffentlichkeit kann und muss jeder Arbeitgeber verlangen, besonders im öffentlichen Dienst. Und dieser Mann wirft ein derart schlechtes Licht auf die Behörde, dass diese reagieren muss. Und natürlich hat er Sachsen und seinen Bürgern einen Bärendienst erwiesen. Hat er doch wieder alle Klischees bedient, die erneut Futter für das beliebte Sachsen-Bashing sind, das mit großer Freude von denen betrieben wird, die von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken wollen. Danke, Herr Buchprüfer. Unterirdisch, einfach nur unterirdisch.