Pressefreiheit und Pegida in Dresden: Wer darf eigentlich was?
Darf ein LKA-Mann zu Pegida? Dürfen Journalisten Demonstranten filmen? Darf die Polizei Journalisten kontrollieren? Der juristische Faktencheck.
Darf ein LKA-Angestellter privat auf Pegida-Demos gehen?
Die Pflicht zur politischen „Mäßigung“ gilt nur für Beamte. Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst heißt es für Angestellte: „Beschäftigte des Bundes und anderer Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.“
Hoheitlich tätig ist zum Beispiel die Polizei, also auch das Landeskriminalamt Sachsen. Auf die genaue Tätigkeit des einzelnen Mitarbeiters kommt es nicht an. Verfassungstreue wird also auch von einem LKA-Buchprüfer verlangt.
Allerdings gilt Pegida offiziell bisher nicht als Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat und wird weder vom Verfassungsschutz im Bund noch vom Landesamt in Dresden beobachtet. Mit dem bloßen Besuch einer Pegida-Demo würde ein LKA-Mitarbeiter also nicht gegen seine Dienstpflichten verstoßen.
Darf die Polizei die Personalien von Journalisten aufnehmen?
Wenn ein Journalist von einem Bürger angezeigt wird, darf die Polizei grundsätzlich die Personalie aufnehmen. Journalisten stehen nicht über dem Gesetz. Dem Vorwurf von Straftaten muss die Polizei nachgehen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Anzeige nicht offensichtlicher Blödsinn ist oder offensichtlich dazu dient, jemand falsch zu beschuldigen oder zu belästigen. Zeitliche Obergrenzen für die Dauer einer Identitätsfeststellung gibt es nicht.
Für die Polizei gilt aber stets das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Das heißt, sie muss Eingriffe in die Rechte der Bürger so gering wie möglich halten. In Dresden gab es zwei Strafanzeigen – eine wegen unerlaubten Filmens, die andere wegen Beleidigung – gegen die gleichen Journalisten. Es ist nicht ersichtlich, warum deshalb die Identität des ZDF-Teams zweimal direkt hintereinander überprüft werden musste. Aus dem ZDF-Video geht nicht hervor, warum insbesondere die zweite Überprüfung länger als eine halbe Stunde dauerte.
Dürfen Journalisten Menschen filmen?
Seit Mai gilt die EU-Datenschutz-Grundverordnung, wonach für jede Datenerhebung die Einwilligung des Betroffenen erforderlich ist. Wie das Oberlandesgericht Köln im Juni entschieden hat, ist daneben aber das Kunsturhebergesetz (KUG) zumindest für Journalisten weiter anwendbar. Journalisten dürfen deshalb „Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben“ weiter ohne deren Einwilligung verbreiten.
Der LKA-Mitarbeiter wird zwar nicht nur als Teil einer Menschenmenge gezeigt, sondern auch groß im Profil. Diese Aufnahmen hat er aber selbst veranlasst, weil er auf den ZDF-Kameramann zuging und diesen aufforderte, mit dem Filmen aufzuhören. „Dadurch wurde er selbst zum Ereignis der Zeitgeschichte“, sagte der renommierte Medienanwalt Gernot Lehr dem ZDF.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen