Pressefreiheit in Thailand: Journalist soll 20 Jahre ins Gefängnis
Pravit Rojanaphruk wird Aufwiegelung vorgeworfen: Einem der bekanntesten Journalisten Thailands droht eine lange Haft wegen fünf Facebook-Posts.
Thailands Polizei wirft dem Journalisten Pravit Rojanaphruk Aufwiegelung vor und hat ihn für Dienstag vorgeladen, wie er per Facebook mitteilte. Dabei geht es laut dem 49-Jährigen um fünf Facebook-Posts. Um welche, wurde ihm nicht mitgeteilt. Auf Aufwiegelung steht in Thailand sieben Jahre Haft pro Post – wobei in seinem Fall die Höchststrafe bei 20 Jahren liegt. Zudem wird Pravit ein Verstoß gegen das Computerkriminalitätsgesetz vorgeworfen.
„Die Tatsache, dass die Polizei meinen Fall führt und nicht das Militär, zeigt die Normalisierung der Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch andere Staatsorgane. Dies kann internationale Kritik vom Militär abhalten, weil es so behaupten kann, es hätte damit nichts zu tun. Dabei hat das Militär absolute Macht über die ihm unterstehende Polizei“, so Pravit zur taz.
Pravit nahm im September 2016 an einem Workshop für Journalisten aus Südostasien teil, den die taz Panter Stiftung mit Mitteln des auswärtigen Amtes in Berlin durchführte. Pravit ist einer der bekanntesten Journalisten Thailands und einer der wenigen, die überhaupt noch Kritik wagen. Dafür wurde ihm im Juli vom Komitee zum Schutz von Journalisten in New York der Internationale Preis für Pressefreiheit zugesprochen.
Der mit zahlreichen weiteren Preisen ausgezeichnete Rojanaphruk ist seit 2015 Reporter und Kolumnist der englischsprachigen Webseite Khaosod english in Bangkok. Zuvor war er 23 Jahre Redakteur bei der Tageszeitung The Nation. Direkt nach dem letzten Militärputsch im Mai 2014 war Rojanaphruk verschleppt und im offiziellen Juntajargon „Verhaltensanpassung“ genannten Verhören in einer Kaserne unterzogen worden. Nach einer Woche kam er frei. Im September 2015 wurde er erneut für zwei Tage verschleppt. Pravit musste eine Erklärung unterzeichnen, sich an keinen juntakritischen Aktionen zu beteiligen. Danach musste er bei The Nation kündigen, die Junta hatte die Zeitung unter Druck gesetzt.
Das Märchen vom Weg in die Demokratie
Thailands Militärs gehen inzwischen zunehmend auch gegen Kritik in sozialen Medien vor. Kritiker werden unter dem Vorwurf der Majestätsbeleidigung mit Klagen überzogen, wofür sie mit bis 15 Jahren Haft rechnen müssen. Der Vorwurf der Aufwiegelung nach Paragraf 116 des Strafgesetzbuchs ist ein ähnlicher Gummiparagraf.
Laut den „Thailändischen Rechtsanwälten für Menschenrechte“ wurden seit dem Putsch der Junta 2014 bis Mai 2017 69 Personen für friedliche Aktivitäten wegen Aufwiegelung angeklagt. Zeitgleich mit Pravit wurde auch einem ehemaligen Minister und einem Aktivisten Aufwiegelung vorgeworfen. Pravit erklärte, es gehe darum, auch andere einzuschüchtern. Die Junta unter General Prayuth Chan-o-cha, die sich gern sanft gibt, behauptet, konstruktive Kritik sei durchaus möglich. Das soll dem Märchen Glaubwürdigkeit geben, Thailand sei auf dem Weg der Demokratie.
Pravit ist der Sohn eines Diplomaten und international gut vernetzt, was einen gewissen Schutz bedeutet. Ihn für Jahre wegzusperren wäre für das Image des Militärs verheerend. In der Rangliste von Reporter ohne Grenzen belegt Thailand aktuell den 142. Rang von 180 Ländern. Juntachef Prayuth stuft die Organisation als „Feind der Pressefreiheit“ ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!