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Preiserhöhung auf dem GasmarktWo bleibt die Regulierung?

Schon vor dem Krieg kletterte der Gaspreis in die Höhe. Deutschland bremste schon früher die Bemühungen von EU-Staaten den Preis zu deckeln.

Uniper-Steinkohlekraftwerks in Scholven Foto: Fabian Strauch/dpa

Brüssel taz | Im Schnitt 60 Millionen, aber zeitweise bis zu 100 Millionen Euro am Tag: So hoch waren die Verluste, die der Energiekonzern Uniper seit Mitte Juni im Handel mit Gas macht. Zum Verhängnis wurde den Uniper-Händlern nicht nur, dass Russland den Gashahn heruntergedreht und damit das lukrative Geschäft mit Gazprom kaputtgemacht hat. Als massives Problem hat sich auch die Unberechenbarkeit des europäischen Gasmarkts erwiesen, auf der der Gasimporteur für Ersatz sorgen musste.

Dort schwanken die Preise in einem Ausmaß, das Experten für übertrieben und ruinös halten. So sprang der Gaspreis am Mittwoch auf dem maßgeblichen niederländischen Marktplatz TTF auf 230 Euro pro Megawattstunde, das ist dreimal so viel wie Anfang Juni.

Die Turbulenzen gibt es jedoch nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine oder den reduzierten Gaslieferungen aus Russland. Der Markt habe sich von der realen Welt abgekoppelt und werde von Angst und Spekulation getrieben, meinen die Experten der EU Agency for the Cooperation of Energy Regulators.

So kletterte der Gaspreis bereits im Oktober 2021 – lange vor Beginn des Krieges – auf schwindelerregende Höhen. Die Preiskrise beherrschte da schon den EU-Gipfel, Spanien und Griechenland forderten mehr Regulierung. Doch Deutschland sträubte sich gegen Markteingriffe.

Griechischer 6-Punkte-Plan

Seither vergeht kaum ein EU-Gipfeltreffen, ohne dass die Gaskrise für hitzige Diskussionen unter den Staats- und Regierungschef sorgte. Im März legte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis einen 6-Punkte-Plan vor. Seine Hauptforderung: ein Preisdeckel beim Gas. Doch wieder war Deutschland dagegen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzte die marktliberale Politik seiner Amtsvorgängerin Angela Merkel (CDU) fort und wehrte Vorstöße aus Athen, Madrid oder Paris ab.

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzt auf das „Preissignal“, das nicht nur zu Einsparungen, sondern indirekt auch zum Klimaschutz beitrage. Auch die Gas­umlage, mit deren Hilfe die Bundesregierung nun Uniper und andere Gashändler vor der Pleite retten will, soll ein solches Signal sein.

Was stimmt nicht am Marktdesign?

Doch wenn die Marktpreise durch die Decke gehen – wie derzeit wieder – ist die Steuerungswirkung dahin. Dann trägt der Markt nicht zu einer rationalen Wahl, sondern zu Chaos bei.

Die Debatte über eine Marktreform geht deshalb weiter. Überfällig ist sie längst – nicht nur wegen der Gaskrise, sondern auch wegen des Strompreises. Der ist durch einen komplizierten Mechanismus – den so genannten Margin Call – an den Gaspreis gekoppelt. Deshalb kennt auch der Strompreis nur noch eine Richtung: nach oben.

Doch auch an dieser Front zeichnet sich keine Bewegung ab. Die EU hat zwar eine Untersuchung eingeleitet, um schädliche Effekte des Marktdesigns zu mindern, doch noch ohne Ergebnis. Dasselbe gilt für den Preisdeckel, über den die EU nun seit fast einem Jahr diskutiert. Die EU-Kommission prüft zwar verschiedene Optionen. Doch auch im Notfallplan Gas, der Anfang August in Kraft trat, ist der Deckel nicht enthalten. Weil Berlin weiter auf der Bremse steht? Oder weil die Rettung von Uniper wichtiger war?

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10 Kommentare

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  • G
    Gast

    Je höher der Preis desto besser für den Klimaschutz. Ein hoher Preis ist das effektivste Mittel, den Verbrauch der Bevölkerung zu senken. Dafür muss der Preis so hoch sein, dass sich nicht mehr alle einen so hohen Verbrauch wie gewohnt leisten können. Es braucht radikale Maßnahmen, um den Klimawandel noch zu bremsen. Künstliche Preissenkungen wirken dem entgegen und sind klimaschädlich. Natürlich muss mit den Preisen für Benzin, Flugreisen, Fleisch, etc. ähnlich verfahren werden.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @Gast:

      Das ist Kathederdogmatismus.



      Da bleibt bei vielen Leuten so wenig zum Einkaufen des Nötigsten übrig, dass sie sich nur noch das Billigste leisten können. Und das ist meist das Klimaschädlichste. Dabei haben sie anteilmäßig am wenigsten zur Kliamakatastrophe beigetragen. Die Produzenten und Vertreiler müssen zuerst sparen. Das können sie (angeblich) kaum, weil sie ihre Konkurrenzfähigkeit (Gewinn) auf Verschwendung billiger Rohstoffe und Energie gebaut haben.

      • G
        Gast
        @31841 (Profil gelöscht):

        XY müssen zuerst sparen, höre ich häufig. Das ist die falsche Argumentation. Um gegen den Klimawandel noch eine Chance zu haben, wird es nicht ausreichen, nur Reiche und Konzerne in die Pflicht zu nehmen. Das sollte man natürlich trotzdem tun, aber unabhängig davon muss die ganze Bevölkerung erhebliche Einschränkungen hinnehmen müssen. Nur noch das Nötigste einzukaufen, ist ja genau das Richtige, unser Konsum ist klimaschädlich und muss durch staatliche Maßnahmen auf ein absolutes Minimum gedrückt werden.

    • @Gast:

      Höhere Energiepreise führen zu Energiearmut bei 1/3 der Haushalte.



      Ärmere Haushalte sind nicht die Energieverschwender.



      Es sind die reicheren Haushalte und die Industrie (Sondertarife).

      Es rettet uns kein "Marktdesign" - sondern nur die Vergesellschaftung der Energieversorgung.



      Vorher:



      Gas- und Strompeisdeckel, Erhöhung der Energiekostenfür die Industrie und einkommensstarke Haushalte.



      Übergewinnsteuer + Weitergabe von höheren MWSt-Einnahmen an bedürftige Haushalte.



      Tempolimit, 9€-Ticket, Ausbau des Öffeentlichen Nah- und Fernverkehrs, Güter auf die Schiene, Ausbau der EEG.

      • G
        Gast
        @Brot&Rosen:

        Die von Ihnen vorgeschlagene Verstaatlichung könnte in so fern ein Alternative zu meinem Vorschlag sein, als man dann das Mittel in der Hand hätte, den Energieverbrauch für jeden Haushalt streng zu rationieren, also auf das lebensnotwendige Minimum zu beschränken. Eine Regulierung über den Preis wäre dann nicht mehr notwendig. Ihr Satz: "Ärmere Haushalte sind nicht die Energieverschwender. Es sind die reicheren Haushalte und die Industrie" stimmt nicht ganz: Auch in Privathaushalten wird Energie verschwendet, auf eine höhere Temperatur geheizt als zwingend erforderlich, etc. Dem muss (zusätzlich zum Runterfahren der Industrie) ein Riegel vergeschoben werden, wenn wir diesen Planeten retten wollen.

        • @Gast:

          Wir müssen statt 1200€ demnächst 7200€ fürs Heizen Pro Jahr zahlen.

          Unser Haus ist für eine Wärmepumpe ungeeignet und auch für eine PV zu verschattet.



          Wir sind nicht arm! Aber eine investition von >25.000€ um dann mit Stom zu heizen macht unser Klimaproblem doch nicht geringer. Klar 15000Kwh Gas vs 6000 kwh Strom ist eine menge, aber wer soll diese Anlagen den in Deutschland alle aufbauen? Ich suche schon seit jahren Handwerker und mache es am ende immer alles selber.

          Ein Neubau ist Schädlicher als alles andere und wird gefördert ohne ende. ( Die Herstellung eines Massivbaus setzt rund 40 t CO2 frei)



          Wir sind also mit der Investition überfordert und mit den neuen Preisen.

          Und an gast1 armen Menschen wird diese entscheidung übrigens vom Vermieter abgenommen. Diese Dürfen dann die Investition durch Mieterhöhungen innerhalb von 8 Jahren wieder rein Holen. Danach ist die Investitionssumme Armortisiert, die Miete sinkt natürlich nicht wieder...(Energieeffizient sanieren gibt also eine Rendite von über 10% egal ob sie Sinnvoll ist oder nicht)



          Reiche Menschen haben diese beide Probleme nicht, sie Mieten sich die Häuser von ihrer eigenen Immobilien GmbH und Können die Sannierungskosten inkl. Materialkosten Voll von der Steuer Absetzen. Heizen 250qm Wohnfläche im Niedrigenergiehaus vom Steuerzahler Gefördert, Verbrauchen dabei doppelt so viel Energie wie Normalsterbliche in einer 45qm Wohnung ohne energiestandart.



          Es gibt mehr Probleme in Deutschland als nur den Klimaschutz, dies scheinen sie nicht sehen zu wollen. Klar brauchen wir den Klimaschutz aber wir brauchen auch Bildung, Chancengleichheit, durchlässigkeit der Gesellschaft und eine Mittelschicht (gegen die Schere). Und all dass wird durch diese Energiekriese gefärdet, wenn sie in Armut umschlägt, und das Hilft weder dem Klima noch uns.



          Zur umwandlung unserer Gesellschaft zu eine Klimaneutralen Gesellschaft bedarf es Investitionen keine Armut.

        • @Gast:

          "Auch in Privathaushalten wird Energie verschwendet" - ja, fragt sich, in welchem Einkommensfragment besonders viel.



          "Doch ein aktueller Oxfam-Bericht zeigt: Für über die Hälfte der Emissionen sind die reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung verantwortlich. Und das reichste 1 Prozent schädigt das Klima doppelt so stark wie die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit zusammen."



          taz.de/Klimakiller-Reichtum/!5711431/

          • G
            Gast
            @Brot&Rosen:

            Natürlich geht ein großer Anteil der Emissionen auf das Konto der Reichen, das zu bestreiten wäre Unsinn. Und natürlich sollten die Reichen daher auch überproportional in die Pflicht genommen werden. Aber selbst wenn wir in Deutschland den Energieverbrauch der Reichsten erheblich senken würden, wäre das zur Bekämpfung der Klimakrise immer noch nicht ausreichend. Auch der Rest der Bevölkerung muss daher dazu gebracht werden, den Verbrauch zu reduzieren.

            Welche Maßnahme fordern Sie überhaupt, um den Energieverbrauch der Reichen zu senken? Die von Ihnen geforderte Erhöhung der Energiekosten einkommensstarke Haushalte wird auf den Verbrauch keinen nennenswerten Effekt haben, denn die Reichen können sich höhere Energiekosten sowieso leisten.

  • Fun Fact: Uniper gehört den finnischen Bürgern. Nicht den deutschen.

  • "Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzt auf das „Preissignal“, das nicht nur zu Einsparungen, sondern indirekt auch zum Klimaschutz beitrage. Auch die Gas­umlage, mit deren Hilfe die Bundesregierung nun Uniper und andere Gashändler vor der Pleite retten will, soll ein solches Signal sein."

    Bravo Robert, die Gasumlage als Erziehungsmaßnahme fürs Volk und gleichzeitig einen Energiekonzern "retten"... das nenne ich Grüne Politik nach Gutsherrenart.

    "Nee Alter gibt keine 50 Euro..... dann duscht ihr eben mal mit kaltem Wasser..."



    Aber ist ja fürn guten Zweck .... oder?

    Mit dem "Marktdesign" soll irgendwas nicht stimmen? Quatsch, das stimmt schon alles.



    Es werden doch Gewinne gemacht, so wie sich das im Kapitalismus gehört.



    Die Gelddriuckmaschine läuft doch wie geschmiert.



    Alles andere sind nur störende Nebengeräusche und Kapitalistenfolklore.



    Solange "die Drei von der Tankstelle" Olaf, Robert und Christian etwas zu sagen haben, wird sich daran auch nichts ändern.



    Der Unterschied zur Politik die der Blackrock Friedrich machen würde ist nur gering.