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Preisbremse für besonders teure Medikamente

Pharmaindustrie Auf PatientInnen könnten trotzdem höhere Kosten zukommen

Gröhe will „Mondpreise“ bei Medikamenten verhindern

BERLINdpa| Die Bundesregierung will bei besonders teuren Arzneimitteln stärker in die Preisbildung eingreifen. Übersteigt ein Präparat kurz nach Markteinführung einen bestimmten Höchstumsatz, soll der Preis in einem gewissen Umfang gesenkt werden können. Dies ist eines der Ergebnisse des anderhalbjährigen Dialogs über die Zukunft der Pharma-Industrie, die Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am Dienstag in Berlin erläuterte.

Nach der seit 2011 geltenden Arzneimittelmarktreform kann zurzeit der Hersteller bei Markteinführung eines Präparats den Preis im ersten Jahr selbst festsetzen. In dieser Zeit handeln der Hersteller und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder eine Einzelkasse den danach gültigen Erstattungsbetrag aus. Überschreitet künftig der Umsatz den Schwellenwert vor Ablauf des Jahres, soll der niedrigere Erstattungsbetrag bereits vorher gelten.

Zu dem Schwellenwert machte Gröhe keine genauen Angaben. Er machte lediglich deutlich, dass er bei etwa 250 Millionen Euro liegen könnte. Bis zum Sommer solle ein Gesetzentwurf erarbeitet werden.

Die Pharmaindustrie zeigte sich wenig begeistert über diese Preisbremse. Sie wollte aber den Dialog nicht scheitern lassen, machte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller, Hagen Pfundner, deutlich.

Der GKV-Spitzenverband bekräftigte seine Forderung, den gesamten Erstattungsbetrag rückwirkend vom Tag der Markteinführung an geltend zu machen. Nur so könnten künstlich überhöhte „Mondpreise“ der Hersteller in den ersten Monaten verhindert werden.

Gröhe schloss nicht aus, dass durch die Vereinbarungen mit der Pharmaindustrie Kostensteigerungen auf die Versicherten zukommen könnten. Als Beispiel nannte er die Entwicklung neuer Antibiotika. Die weltweit zunehmenden Resistenzen verlangten Anstrengungen, neue, wirksamere Präparate zu entwickeln. Das Geschäft mit Antibiotika ist grundsätzlich nicht sonderlich lukrativ. Möglicherweise müssten neue Präparate dann über die Krankenkassen refinanziert werden.

Nach den Vereinbarungen sollen die Ärzte besser über die Nutzenbewertung neuer Arzneimittel informiert werden. Die regelmäßigen Bewertungen müssten daher in die Software der Praxen eingespeist werden. Zudem solle die Zahl der für Kinder geeigneten Arzneimittel erhöht werden. Es gehe nicht an, dass Kinder und Jugendliche dieselben Medikamente wie Erwachsene bekämen, nur in kleineren Dosen, machte Gröhe deutlich.

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