Preis für Journalistin Golineh Atai: Freiheit in Iran ist weiblich
Aktueller könnte Golineh Atais Buch „Iran. Die Freiheit ist weiblich“ kaum sein. Nun wurde es als „Das Politische Buch“ des Jahres ausgezeichnet.
„Die Freiheit der Frauen ist die Freiheit der Gesellschaft“, skandierten Frauen schon 1979 auf den Straßen Teherans. Im September 2022 haben diese Proteste mit dem Claim „Frauen. Leben. Freiheit.“ einen neuen Höhepunkt erreicht.
Aktueller könnte das 2021 erschienene Buch „Iran. Die Freiheit ist weiblich“ der Autorin und Journalistin Golineh Atai deshalb nicht sein, in dem sie den langjährigen Widerstand der mutigen Iranerinnen gegen das Regime nachzeichnet. Am Mittwoch wurde Atai dafür nun mit dem Preis „Das Politische Buch 2023“ der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgezeichnet.
Hell ist die Französische Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt in Berlin am Mittwoch erleuchtet. Es ist ein besonderer Tag zum „Feiern der Freiheit des Wortes“, sagt Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) in ihrer Festrede. Denn auf den Tag genau vor 90 Jahren fand die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten unweit von hier statt. Über 20.000 Bücher politisch unliebsamer, vor allem jüdischer Intellektueller wurden verbrannt, wie zuvor Bas’ Parteikollege Martin Schulz, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Grußwort erinnert.
Iran als Kind verlassen und doch nie losgelassen
Golineh Atai selbst flüchtete 1980 als Fünfjährige mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland, doch „der Iran wollte mich nicht verlassen, auch wenn ich den Iran verlassen habe“. Heute ist die 48-jährige Autorin und langjährige TV-Journalistin weiterhin in der Region tätig, seit Januar 2022 leitet sie das ZDF-Studio in Kairo. Neun Frauen und ihren ganz unterschiedlichen Kampf für ihre Freiheit porträtiert Atai in dem 300-seitigen Buch.
Ihre Recherche, von der Jury als „großartiges Buch über die Kraft des weiblichen Widerstandes gegen bestehende Ordnungen“ gelobt, bringt historische Entwicklungen zusammen mit individuellen Erfahrungen iranischer Frauen. Sie zeigt, wie das Mullahregime seit 1979 über den Körper der Frau die Gesellschaft kontrolliert und wie sich das in Gesetzen zum Scheidungsrecht oder der Blutrache ausdrückt.
Gleichzeitig ist es ein sehr persönliches Buch, für das Atai auf das Vertrauen der Frauen angewiesen war, die sie porträtierte. Diesen Frauen und allen anonymen Bürgerinnen, die ihr Leben für ihre Freiheit riskieren, widmete die sichtlich gerührte Atai den Preis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?