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Preis an Sharon Dodua Otoo wird geprüftUnterstützung von Israel-Boykott

Die Autorin Sharon Dodua Otoo sollte im März den Peter-Weiss-Preis bekommen. Doch nun wurde publik, dass sie eine BDS-nahe Organisation unterstützte.

Sharon Dodua Otoo, Archivaufnahme Foto: David Oliveira

BOCHUM dpa Die Stadt Bochum setzt eine ursprünglich vorgesehene Preisvergabe an die Autorin und Bachmann-Preisträgerin Sharon Dodua Otoo wegen möglicher Unterstützung eines Israel-Boykotts aus. Eine Jury hatte sich am 10. November für die deutsch-britische Schriftstellerin („Adas Raum“) als nächste Trägerin des mit 15.000 Euro dotierten Peter-Weiss-Preises ausgesprochen. Aktuell sei bekannt geworden, dass sie eine dem BDS zugerechnete Organisation unterstützt haben soll, teilte die Stadt am Dienstag mit.

Der Sachverhalt werde geprüft. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, sei die Verleihung des Preises an Otoo undenkbar, hieß es. Eine Stellungnahme der Autorin war am Dienstag zunächst nicht zu erhalten. Eine Sprecherin ihres Verlages S. Fischer verwies darauf, dass sich die Autorin derzeit in Australien aufhalte und sie möglicherweise deshalb nicht gleich reagieren könne.

BDS steht für „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“. Die Kampagne ruft zum Boykott des Staates Israel und israelischer Produkte wegen des Vorgehens gegen Palästinenser auf. Der Bundestag hatte die BDS-Bewegung in einem Beschluss vom 17. Mai 2019 verurteilt. Deren Argumentationsmuster und Methoden seien antisemitisch. Auch der Landtag NRW hatte die Kampagne bereits 2018 als antisemitisch und antiisraelisch verurteilt und Landeseinrichtungen sowie Kommunen aufgefordert, ihr oder ihr nahestehende Gruppierungen nicht zu unterstützen. Viele Gemeinden, darunter auch Bochum, schlossen sich an.

Otoo, die in Berlin lebt und 2016 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet worden war, taucht auf der Seite der Kampagne “Artists for Palestine UK“ namentlich als eine von mehr als 1500 Unterstützerinnen und Unterstützern auf. Die dort unterzeichnenden Künstler verpflichten sich demnach zur Unterstützung der Palästinenser zu einem kulturellen Boykott Israels, etwa indem sie berufliche Einladungen in das Land oder Finanzierung ihrer Arbeit durch die israelische Regierung ablehnen. Der Blog „Ruhrbarone“ hatte darüber berichtet, nachdem die Stadt am Montag Otoo als künftige Preisträgerin bekannt gegeben hatte. Der Preis sollte am 10. März verliehen werden.

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7 Kommentare

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  • "Was wir derzeit erleben, gleicht einer Hexenjagd" - Susan Neiman, Direktorin des Potsdamer Einstein-Forums, über den Documenta-Streit, eine mögliche Verschärfung der BDS-Resolution und die Gefahr, dass sich Deutschland kulturell isoliert (monopol www.monopol-magazi..._campaign=manuell)

    "Wie handhaben Sie das an Ihrem eigenen Haus? Würden Sie eine BDS-nahe Künstlerin oder Wissenschaftlerin einladen?"

    "Ich weiß nicht, was BDS-nah heißen soll. BDS ist keine offizielle Organisation, in die man sich als Mitglied einträgt. Was wird derzeit erleben, gleicht einer Hexenjagd, wie wir sie letztes Jahr beispielsweise auch am Metropoltheater in München erlebt haben, wo das Stück "Vögel" abgesetzt wurde, weil zwei jüdische Studentinnen es antisemitisch gefunden haben. Das Stück wurde von Wajdi Mouawad geschrieben in engster Zusammenarbeit mit der großen jüdische Historikerin Natalie Zemon Davis. Als sie einen Leitartikel schrieb, in dem sie erklärte, warum der Vorwurf des Antisemitismus absurd war, wurde ihr weiter vorgeworfen, sie unterstütze BDS – obwohl sie sich ausdrücklich dagegen positioniert hatte. In meinem Haus gibt es viele Kriterien, Menschen einzuladen, aber ich würde niemand einladen, der sich gegen die Werte Einsteins stellte. Er war ein furchtloser Sozialdemokrat, der immer für Menschenrechte und gegen den McCarthyismus eintrat."

  • Danke für den link zur Diskussion.



    Hier ein guter Artikel zum "Zustand Deutschlands" www.zeit.de/kultur...ie/komplettansicht



    Was würde wohl Peter Weiss dazu sagen? Als Kommunist wäre er in der BRD gewissermaßen vom "Radikalenerlass" betroffen.

  • Als ein Staat welcher politische Entscheidungen trifft, welche die Leben ihrer Bürger beeinflusst, muss es erlaubt sein ihn als Regierungsorganisation kritisieren zu dürfen.

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    Sehr gut. Und das Schöne an all dem, wer boykottieren möchte, spürt den Boykott am eigenen Leib.

    Ich freue mich schon auf die Phrasen der Autorin, dass man in Deutschland nicht mehr - alles - sagen dörfte (Konjunktiv 3 für Personen der Öffentlichkeit, die in Selbstmitleid nach Kritik zerfließen - call it personal Meltdown).

    • @81283 (Profil gelöscht):

      Ich empfehle diese diese Diskussion :

      www.swr.de/swr2/le...023-11-28-100.html

      • @Thomas Kniep:

        Ich hab den SWR-Beitrag gehört. Ich hab drei Punkte, die ich nicht verstehe:

        1. Was mir zum Thema BDS da völlig fehlt ist ein Verweis auf deren einseitige Parteinahme und deren Kompromisslosigkeit. BDS fordert mit einer - wie ich finde - unerträglichen Einseitigkeit (vor allem angesichts des vorgeschobenen eigenen moralischen Anspruches von BDS heraus unerträglich) z.B. Kulturpersonen ohne Ansehen der Person auszuschließen.



        Wer sich dem anschließt - und wenn's nur eine "leichtfertige" Unterschrift ist - fordert: Menschen ohne Ansehen der Person aus dem Kulturbetrieb auszuschließen. Das ist 'ne Nummer für die man eigene Verantwortung übernehmen muss.



        Ich finde das trifft natürlich gerade auf die Kuratorenrolle zu: Kuratoren haben Gatekeeper-Funktion im Betrieb. Vielleicht ist man für diese Rolle nicht geeignet, wenn man sich die BDS-Position zu eigen macht?

        2. Zu der Art wie über den Konflikt um Israel diskutiert wird, fällt mir wieder auf, dass da die Rolle der umgebenden Staaten immer völlig außen vor bleibt: Solange man das nur als bipolaren Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern rahmt, bleiben solche Facetten außen vor wie z.B. dass aus Nordafrika und den Golfstaaten 800.000 Juden vertrieben wurden, die (mit Nachfahren) jetzt in Israel leben. Oder dass sich die meisten Golfstaaten aus ihren eigenen Gründen bis heute geweigert haben, palästinensische Flüchtlinge in ihre Gesellschaften zu integrieren.



        Diese bipolare Rahmung ist problematisch und Teil des Konflikts wie er sich hier zeigt.

        3. In dem Beitrag wird die Behauptung wiedergegeben, die IHRA-Definition von Antisemitismus verhindere Kritik der Politik des Staates Israel. Ich hab diese Definition mal gegoogelt. Tatsächlich verstehe ich nicht, wie sie Kritik an der Politik des Staates Israel unterbinden würde. Das hätte ich gerne ausgeführt gehört.

        • @Hanno Homie:

          Hallo Hanno, zur dritten Frage gibt es in der FAZ einen aufschlussreichen Beitrag.