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Preag trickst nicht bis zum letzten

Der Konzern hat sich's überlegt: Das Stromeinspeisungsgesetz soll nicht ausgehebelt werden. Windmüller sind trotz einer Fünf-Prozent-Sperre optimistisch  ■ Aus Hamburg Achim Fischer

Nach einer Entscheidung des Stromkonzerns PreussenElektra ist die öffentliche Förderung neuer Windkraftanlagen in Norddeutschland bis zum Jahr 2000 gesichert. Das stellt der Konzern- Vorstand in einem Brief von Ende Februar an Wirtschaftsminister Günter Rexrodt klar. Der Wirtschaftsverband Windkraftwerke geht außerdem davon aus, daß der bundesweite Ausbau der Windenergie trotz des derzeitigen politischen Streits um das Bonner Energierecht auch über das Jahr 2000 hinaus gesichert ist.

Die Windkraft-Branche hatte befürchtet, die PreussenElektra AG (Preag) könnte den Bau weiterer Windräder in Schleswig-Holstein sofort stoppen, mit einem einfachen organisatorischen Trick – durch die Aufteilung ihres Stromnetzes in zwei Regionalgesellschaften.

Hintergrund dieser Überlegung: Die deutschen Stromkonzerne müssen nach der geplanten Bonner Energierechtsnovelle zwar weiterhin die „kostendeckende Einspeisevergütung“ an Windmüller und die Erzeuger anderer erneuerbarer Energien bezahlen, zur Zeit rund 17 Pfennig pro Kilowattstunde Strom. Allerdings müssen die Unternehmen diesen Spezialpreis nur für maximal fünf Prozent ihres Stromabsatzes bezahlen. Liegt der Anteil von Wind-, Wasser-, Sonnenkraft oder Biomasse in ihrem Versorgungsgebiet über fünf Prozent, brauchen die Konzerne keine neuen Anlagen mehr zu fördern. Acht der neun bundesdeutschen Stromkonzerne sind von diesem Wert noch weit entfernt. Im Gebiet der PreussenElektra – im wesentlichen Schleswig-Holstein und Niedersachsen – aber hat die Windkraft schon heute einen Anteil von mehreren Prozent. Mit 540 Megawatt standen Ende 1996 ein Drittel der deutschen Windkraftkapazitäten im nördlichsten Bundesland.

In einzelnen Teilen des Preag- Gebietes wie Schleswig-Holstein und der niedersächsischen Nordseeküste liegt der Windanteil sogar schon bei zehn Prozent. Preag brachte nun ins Gespräch, für diese Regionen eine eigene Gesellschaft zu gründen. Damit würde in den wichtigsten Windregionen Deutschlands der sogenannte „Fünf-Prozent-Deckel“ sofort zuschnappen: Neue Anlagen bekämen dort keine 17 Pfennig pro erzeugter Kilowattstunde Leistung mehr, sondern nur noch gut die Hälfte. Der Ausbau der Windräder im windreichen Norden wäre gestoppt, weil sie sich nicht mehr rentieren würden.

Im Brief an den Bundeswirtschaftsminister gab der Stromversorger nun Entwarnung: „Im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen in unserem Haus haben wir natürlich verschiedene Möglichkeiten der Neuorganisation unseres Netzbereiches geprüft“, schreibt der Preag-Vorstand nun an Rexrodt. „Wir haben uns entschlossen, das gesamte netztechnische Know-how in einer Gesellschaft zu bündeln.“ Die Gründung mehrerer Netzgesellschaften stehe nicht zur Diskussion.

Der Konzern geht davon aus, daß der Fünf-Prozent-Anteil im gesamten Preag- Gebiet im Laufe des Jahres 2000 erreicht wird. Bis zum Stichtag kommen jene Windräder in den Genuß der kostendeckenden Vergütung, die bis dahin „in weiten Teilen“ fertiggestellt sind.

Die betreffende Energierechtsnovelle der Bundesregierung ist letzten Monat im Vermittlungsausschluß von Bundestag und Bundesrat erneut gescheitert. Sie umfaßt das Energiewirtschaftsrecht und das Stromeinspeisegesetz. „Der Bundestag wird die Regelung jetzt mit der Kanzlermehrheit durchsetzen“, kündigte Ernst Hinsken (CSU) an, der Parlamentarische Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium. Er ist Experte in Sachen Windkraft, schließlich werden die meisten Windräder in Deutschland von Landwirten betrieben.

Bereits im kommenden Jahr, so steht es in der Novelle, soll der Bundestag erneut über die Vergütungsklausel entscheiden – je nachdem, wie sich der regenerative Energiemarkt entwickelt. SPD und Grüne lehnen die Novelle ab, unter anderem wegen des vorgesehenen „Fünf-Prozent-Deckels“ auf der Ebene der Energieversorger. Sie fordern einen bundesweiten Ausgleich zwischen den Konzernen. Läge der regenerative Anteil bei der Preag im Jahr 2000 über fünf Prozent, könnte sie dann ihre Mehrbelastung auf die anderen Verbundunternehmen wie RWE oder Bayernwerke/Viag abwälzen – bis die Fünf-Prozent-Grenze im Bundesdurchschnitt erreicht ist.

Der Wirtschaftsverband Windkraftwerke (WVW) ist trotz der Bonner Unwägbarkeiten mit der jetzigen Situation zufrieden. In dem Verband sind 70 Betreiber von Windrädern und Windparks zusammengeschlossen. „Wir treffen jetzt unsere Entscheidungen für neue Anlagen positiv“, erklärt WVV-Vorstand Wolfgang von Geldern. Zwar seien Projekte, die jetzt begonnen werden, frühestens in zwei bis drei Jahren zu realisieren – wenn der heutige Fünf-Prozent-Deckel wohl erreicht sein wird. „Aber dieses Risiko kann man eingehen“, so Geldern. „Uns wurde signalisiert, die Abschaffung des Fünf-Prozent-Deckels sei bereits in Vorbereitung. Alles andere wäre ein glatter Vertrauensbruch.“ Und käme es im Herbst zu einer rot-grünen Bundesregierung, „dann brauchen wir uns sowieso keine Sorgen zu machen“.

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