Präsidentschaftswahlkampf in den USA: Unterstützung für Harris wächst
Elon Musk dementiert eine 45-Millionen-Dollar-Spende an Trump. Republikaner warnen intern vor Sexismus im Wahlkampf. Führende Demokraten unterstützen Harris.
Scharfe Kritik am Rivalen Trump
US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat bei ihrem ersten Wahlkampfauftritt in ihrer neuen Rolle als mutmaßliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten scharfe Kritik an ihrem republikanischen Rivalen Donald Trump geäußert. Der Rechtspopulist verfolge eine rückwärtsgewandte Politik, sagte Harris am Dienstag unter dem Jubel ihrer Anhänger. Eine neue Umfrage sah Harris, die am Dienstag weitere Unterstützung erhielt, knapp vor Trump. Der Republikaner sagte derweil, er sei zu einem Fernsehduell mit Harris bereit.
„Wollen wir in einem Land der Freiheit, des Mitgefühls und der Rechtsstaatlichkeit leben, oder in einem Land des Chaos, der Angst und des Hasses?“, sagte Harris bei der Veranstaltung in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin, der als einer der Schlüsselstaaten bei der Wahl im November gilt. In Milwaukee hatte vergangene Woche der Parteitag der Republikaner stattgefunden, auf dem Trump offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt wurde.
Sie kenne Männer wie Trump, fuhr Harris fort. Sie wiederholte damit Äußerungen vom Montag, als sie darauf verwiesen hatte, dass sie es in ihrer Zeit als Staatsanwältin „mit Tätern aller Art aufgenommen“ habe.
Sie werde „mit Stolz meine Bilanz gegen seine stellen“, rief Harris der Menge zu. Ein Schwerpunkt ihrer Rede war das Recht auf Abtreibung. Harris warf Trump vor, Abtreibungen verbieten zu wollen. „Wir vertrauen darauf, dass Frauen Entscheidungen über ihren eigenen Körper treffen und sich nicht von der Regierung vorschreiben lassen, was sie zu tun haben“, sagte sie.
Rückenwind für Harris
Harris gilt nach dem Rückzug von US-Präsident Joe Biden aus dem Rennen um das Weiße Haus als Favoritin für die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei. Am Dienstag sprachen sich auch die beiden führenden Demokraten im Kongress – der Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, und der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries – bei einer gemeinsamen Pressekonferenz für eine Kandidatur von Harris aus. Schumer und Jeffries gehörten zu den letzten politischen Schwergewichtigen der Demokraten, die sich bislang nicht öffentlich hinter die 59-Jährige gestellt hatten.
Unterstützung bekam Harris auch von Hollywood-Star George Clooney. Dieser war vor knapp zwei Wochen einer der ersten großen Spendensammler der Demokraten, die Präsident Biden öffentlich zum Verzicht auf eine erneute Kandidatur aufgefordert hatten.
Biden hatte am Sonntag angesichts der Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness den Verzicht auf seine erneute Kandidatur erklärt und Harris seine Unterstützung zugesagt. Der 81-Jährige war nach einem schwachen Aufritt bei einem TV-Duell gegen Trump zunehmend in die Kritik geraten.
Harris hat nach eigenen Angaben inzwischen die Unterstützung von genügend Delegierten, um offiziell zur Kandidatin der Demokraten gekürt zu werden. Die Nominierung soll bis zum 7. August in einer Onlineabstimmung der Delegierten erfolgen – fast zwei Wochen vor dem Parteitag der Demokraten in Chicago.
Derweil wurden erste Umfragen seit Bidens Rückzug aus dem Rennen um das Weiße Haus veröffentlicht. Eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage von Reuters/Ipsos sah Harris mit 44 Prozent leicht vor Trump, der den Angaben zufolge auf 42 Prozent kam. In einer anderen, ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Umfrage von PBS News/NPR/Marist landete Trump hingegen mit 46 Prozent leicht vor Harris, die 45 Prozent erzielte. In beiden Fällen lag der Vorsprung jedoch innerhalb der Fehlermarge.
Trump sagte unterdessen während eines Telefoninterviews mit Journalisten, er sei zu einem Fernsehduell mit Harris bereit – oder auch zu „mehr als einer Debatte“.
Gegen Harris rechnet sich Trump, der vor gut einer Woche offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner nominiert worden war, nach eigenen Angaben bessere Chancen aus als gegen Biden. „Sie ist viel radikaler als er (…). Ich denke also, dass sie leichter (zu schlagen) sein sollte als Biden, denn er war etwas mehr Mainstream, aber nicht viel“, sagte der 78-Jährige.
Republikaner warnen Kollegen vor Sexismus und Rassismus im Wahlkampf
Ranghohe Republikaner haben ihre Parteikollegen vor rassistischen und sexistischen Angriffen auf die wahrscheinliche demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris gewarnt. Weniger als vier Monate vor dem Wahltag im November müssen sich die Republikaner nach dem Rückzug der Präsidentschaftskandidatur von Amtsinhaber Joe Biden auf eine neue Rivalin einstellen.
Bei einem hinter geschlossenen Türen abgehaltenen Treffen von republikanischen Abgeordneten des Repräsentantenhauses am Dienstag appellierte der Vorsitzende des „National Republican Congressional Committee“ (NRCC) an die Abgeordneten, sich damit zu begnügen, Vizepräsidentin Harris für ihre Verantwortung für die Politik der US-Regierung zu kritisieren. Bei der Wahl gehe es um politische Maßnahmen, nicht um Persönlichkeiten, sagte er, wie Mike Johnson, der republikanische Vorsitzende der Kongresskammer, nach dem Treffen Journalisten berichtete.
„Dies ist mit Blick auf Kamala Harris nicht persönlich“, sagte Johnson. „Ihre ethnische Zugehörigkeit oder ihr Geschlecht haben damit überhaupt nichts zu tun.“ Die Warnungen weisen auf die neuen Risiken für die Republikaner im Wettbewerb mit einer Demokratin hin, die im Falle ihres Wahlsiegs die erste Frau, erste Schwarze und erste Amerikanerin mit asiatischen Wurzeln wäre, die das Weiße Haus erobert.
Insbesondere der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat eine Historie von rassistischen und frauenfeindlichen Angriffen, die wichtige Gruppen von Wechselwählern, einschließlich Frauen in Vororten, sowie schwarze Wähler und jüngere Menschen, um die Trumps Wahlkampfteam wirbt, abschrecken könnten.
Den Mahnungen ging voraus, dass einige Kongressabgeordnete und Trump-Verbündete die verdiente Politikerin Harris als Kandidatin charakterisierten, die nur ausgewählt worden sei, weil sie für Diversitäts-, Gleichberechtigungs- und Inklusionsinitiativen stehe.
Angeblich verweigertes Treffen mit Netanjahu: Falschbehauptung über Kamala Harris
Der frühere US-Präsident hat der voraussichtlichen Präsidentschaftskandidatin der Demokraten wahrheitswidrig vorgeworfen, ein Treffen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu bei dessen aktuellem Besuch in den USA zu verweigern. Es sei „ziemlich erstaunlich“ dass Harris sich weigere, sagte Trump. Tatsächlich ist am Donnerstag ein Treffen zwischen Netanjahu und Harris geplant.
Der 78-Jährige äußerte sich in einem Telefoninterview der Nachrichtenseite Newsmax am Dienstagabend (Ortszeit) und verwies darauf, dass er selbst sich mit Netanjahu treffen werde. Fragensteller Sebastian Gorka, der einst in Trumps Regierung arbeitete, versäumte es indes, seinen früheren Chef dazu zu befragen, warum sein Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance nicht anwesend sein wird, wenn Netanjahu vor dem US-Kongress eine Rede hält.
Einen spezifischen Plan, wie er im Falle seines Wahlsiegs mit dem Gaza-Krieg umgehen will, nannte Trump nicht. „Man muss das in Ordnung bringen. Man muss das beenden“, sagte er jedoch zu Gorka. „Sie müssen ihren Job erledigen.“ Zudem behauptete er, dass der Terrorangriff unter Führung der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober „niemals passiert wäre, wenn wir da gewesen wären“.
Trump will Harris' Zugriff auf Bidens Wahlkampfkasse verhindern
Der republikanische Präsidentschaftskandidat geht gegen die Nutzung der Wahlkampfkasse von Präsident Joe Biden durch Vizepräsidentin Kamala Harris vor. Harris könne nicht rechtmäßig die von Bidens Wiederwahlkampagne gesammelten Gelder übernehmen, heißt es in der Beschwerde, die Trumps Kampagne am Dienstag bei der Wahlkommission FEC einreichte. Harris habe eine „unverschämte Habgier“ an den Tag gelegt. Trumps Wahlkampfteam bezeichnete ihr Vorgehen als den möglicherweise „größten Verstoß gegen die Wahlkampffinanzierung in der amerikanischen Geschichte“. Die Wahlkampfkasse von Biden betrug Ende Juni rund 95 Millionen Dollar. Harris' Kampagne wies die Vorwürfe zurück. Die FEC erklärte, sie könne sich nicht zu schwebenden Verfahren äußern.
Harris' Kampagne gab an, allein seit Bidens Rückzug am Sonntag 100 Millionen Dollar gesammelt zu haben – und damit Bidens Kontostand in nur wenigen Tagen übertroffen zu haben. Der Sprecher von Harris' Wahlkampfteam, Charles Kretchmer Lutvak, sieht in der Klage des Trump-Lagers einen Ablenkungsversuch der Republikaner. „Die Republikaner mögen neidisch sein, dass die Demokraten so viel Energie aufwenden, um Donald Trump und seine MAGA-Verbündeten zu besiegen, aber unbegründete Klagen – wie sie sie seit Jahren erheben, um Stimmen zu unterdrücken und Wahlen zu stehlen – werden sie nur ablenken, während wir Freiwillige mobilisieren, mit Wählern sprechen und diese Wahl gewinnen.“
Ein Anwalt des Campaign Legal Center, einer überparteilichen Beobachtungsgruppe, sagte, Harris sei bereits als Vizepräsidentschaftskandidatin Teil von „Biden for President“ gewesen und sollte Anspruch auf das Geld haben. Der bisherige Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Amtsinhaber Joe Biden, hatte am Sonntag Forderungen aus der eigenen Partei nachgegeben, seinen Rückzug als Kandidat erklärt und sich für Harris ausgesprochen. Eine Lösung des Konflikts durch die Wahlbehörden vor der Präsidentschaftswahl am 5. November gilt als unwahrscheinlich.
Tesla-Chef Musk dementiert Millionenspende an Trump
Tesla-Chef Elon Musk weist Berichte über eine angebliche Millionenspende an den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zurück. „Ich habe nie gesagt, dass ich 45 Millionen Dollar an Trump spende“, teilt Musk auf dem Kurznachrichtendienst X mit. Weitere Details nennt er zunächst nicht. Der Unternehmer reagiert damit auf Berichte über eine mögliche finanzielle Unterstützung Trumps im Wahlkampf. Musk äußert sich häufig zu politischen Themen, betont aber seine parteipolitische Unabhängigkeit.
ap/afp/rtr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen