Präsidentschaftswahlen in Frankreich 2022: Sie will Macron ablösen

Anne Hidalgo steht als Bürgermeisterin von Paris für ökologischen Stadtumbau. 2022 will die Sozialistin in den Elyséepalast einziehen.

Anne Hidalgo lächelt in die Kamera, sie trägt offenes Haar und eine Schärpe in den französischen Nationalfarben über dem dunklen Oberteil

Da muss mehr kommen: In Umfragen hat Hidalgo bisher bescheidene Werte Foto: Jonathan Rebboah/imago

PARIS taz | Nicht den Eiffelturm, sondern die gelben Kräne des Hafens der nordfranzösischen Stadt Rouen hatte Anne Hidalgo als Kulisse für ihre Ankündigung gewählt. „Ich bin bereit“, sagte die Sozialistin am Sonntagmorgen vor Hunderten Anhängern. „Ich habe beschlossen, Kandidatin für das Präsidentenamt zu sein.“

Spätestens seit ihrem Erfolg bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr, als sie mit fast 50 Prozent der Stimmen als Pariser Bürgermeisterin wiedergewählt worden war, galt die 62-Jährige als Anwärterin auf die Nachfolge von Staatschef Emmanuel Macron. Seit sieben Jahren führt sie im Rathaus eine Koalition mit Grünen und Kommunisten – ein Bündnis, das sie sich auch für Frankreich vorstellen kann.

In Umfragen liegt Hidalgo bisher nur bei 7 bis 9 Prozent. Doch die Führung der Sozialisten signalisierte bereits Unterstützung für die Kandidatin. Vorwahlen wie noch 2016 soll es diesmal wohl nicht geben, um die ohnehin stark geschwächte Partei nicht noch weiter zu spalten.

Nach der Präsidentschaft von François Hollande war die Parti Socialiste komplett eingebrochen und hatte mit ihrem Kandidaten Benoît Hamon bei den Wahlen 2017 nur 6 Prozent erreicht. Bei den Europawahlen 2019 wiederholte sich das Debakel. Besser sieht es allerdings auf kommunaler und regionaler Ebene aus, wo Sozialistinnen und Sozialisten oft in Koalitionen mit den Grünen regieren.

Grüne wollen Ende September Kandidaten bestimmen

Die grüne Partei Europe Écologie les Verts (EELV) will Ende September in parteiinternen Vorwahlen ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten bestimmen. Das Ergebnis ist schwer vorhersehbar, da wenig über das Profil der rund 65.000 eingetragenen Wählerinnen und Wähler bekannt ist. Für die Präsidentschaftswahlen hätte der grüne Europaabgeordnete Yannick Jadot mit 10 Prozent die besten Chancen. Er liegt damit etwa gleichauf mit dem Linksaußen Jean-Luc Mélenchon. Keiner der Kandidaten aus dem linken Lager dürfte es allerdings in die Stichwahl schaffen, die laut Umfragen Macron und die Rechtspopulistin Marine Le Pen bestreiten.

Vor der Bekanntgabe ihrer Präsidentschaftskandidatur bereiste Hidalgo mehrere Regionen, um den „Pariser Blick“ zu verlieren, der ihr vorgeworfen wird. Sie wolle ein gerechteres Frankreich aufbauen, sagte sie in ihrer 20-minütigen Ansprache in Rouen. Ein Seitenhieb auf Macron, den sie kritisierte, ohne ihn direkt zu nennen. „Die zu Ende gehende Amtszeit sollte die Franzosen einen und hat sich mehr als je zuvor gespalten. Sie sollte die sozialen Probleme lösen und hat sie nur verstärkt. Sie sollte unseren Planeten schützen und hat der Ökologie den Rücken gekehrt.“ Mit ihr soll das anders werden: Neue Arbeitsplätze im Umweltschutz wolle sie schaffen, kündigte die gebürtige Spanierin an.

In Paris steht Hidalgo für einen ökologischen Umbau, der das Auto schrittweise aus der Innenstadt verbannte. Erst Ende August führte sie auf fast allen Straßen Tempo 30 ein. Zudem entstanden unter ihr als Bürgermeisterin Hunderte Kilometer neuer Radwege. Allerdings werfen ihr Kritiker die hohe Verschuldung der Hauptstadt und den Dreck auf den Straßen vor. Ehemalige Mitarbeiter prangern ihren autoritären Führungsstil an. Als ihr Stellvertreter Bruno Julliard 2018 überraschend zurücktrat, sprach er von einem „Defizit beim Austausch und beim Zuhören“.

Dennoch setzt Hidalgo für ihren Wahlkampf auf ihre Erfahrung als Stadtoberhaupt. Vor allem aber will die Bürgermeisterin mit ihrer Familiengeschichte als Tochter spanischer Einwanderer punkten. Ihr Vater, ein Hafenarbeiter, und ihre Mutter, eine Schneiderin, kamen mit den beiden Töchtern nach Frankreich, als Anne zwei Jahre alt war. „Ich bin mit 14 Jahren Französin geworden und ich habe meine Einbürgerungsurkunde immer bei mir, als Symbol der Anhänglichkeit an die Französische Republik.“

Genau diese durch Krisen gebeutelte Republik will sie nun „reparieren“, und zwar mit Wertschätzung und Respekt. „Dem Respekt unseres Planeten, der menschlichen Würde, der Französinnen und Franzosen, deren Eltern woanders her kommen und die immer noch unter Diskriminierung leiden.“ Ein Programm will die Sozialistin in den nächsten Wochen vorlegen. Am Mittwoch stellt sie ihr neues Buch vor – Titel: „Eine französische Frau“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.