Präsidentschaftswahl in Frankreich: Kandidatur im Schatten des Kriegs

Der Ukraine-Konflikt beeinflusst den französischen Wahlkampf. Das könnte dem amtierenden Präsidenten Macron in die Hände spielen.

Emmanuel Macron begrüßt Ursula von der Leyen

Emmanuel Macron begrüßt Ursula von der Leyen zu einem Treffen über die Ukraine-Krise Foto: Piroschka van de Wouw/Reuters

PARIS taz | Können Frankreichs Präsidentschaftswahlen vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine „normal“ stattfinden? Ist ein fairer Wahlkampf in diesem Kontext möglich, wenn der aussichtsreichste Bewerber Amtsinhaber Emmanuel Macron ist?

Bisher halten alle erklärten Kan­di­da­t*in­nen an den festgelegten Terminen, 10. und 24. April, fest. Niemand hat eine Verschiebung oder eine Art politischen Waffenstillstand bis zum Ende des Kriegs in der Ukraine verlangt. Alle setzen ihre Kampagne fort – fast so, als ob nichts wäre.

Angesichts der Bedrohung gilt so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz des Burgfriedens, an das sich die Parteien halten sollen. Premierminister Jean Castex, der am letzten Montag die diversen Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­t*in­nen empfangen hat, wünscht, dass in der Außenpolitik die nationale Einheit vor wahlpolitische Interessen gestellt werde. So solle dem gemeinsamen Feind nicht das schwächende Bild interner Streitereien gezeigt werden.

Momentan interessieren die Wahlen viele Leute kaum noch. Wer auf dem Markt oder im Café den politischen Gesprächen zuhört, begreift, dass fast ausschließlich über Putin und seinen Angriff auf die Ukraine diskutiert wird. Die Präsidentschaftswahlen sind in den Hintergrund gerückt.

Macron zeigt sich im Ukraine-Konflikt als Vermittler

Die quasi obligatorische Eintracht, wenn es um die vitalen Interessen der Republik geht, hindert indes Staatspräsident Macron nicht, Vorteile aus der Krisensituation zu ziehen. Wie Umfragen bestätigen, wird er von seinen Landsleuten mehr denn je als Staatsführer anerkannt. Seine Popularität steigt mit jedem Kriegstag in der Ukraine. Am 1. März war seine Quote in der Volksgunst um 5 Punkte auf 40 Prozentpunkte gestiegen. In einer Befragung, wer am ehesten für fähig befunden wird, Frankreich durch die Krise zu führen, liegt Macron einsam an der Spitze. Offen bleibt so nur, wer es im ersten Durchgang auf den zweiten Platz und damit in eine – aller Voraussicht nach als verloren geltende – Stichwahl gegen ihn schafft.

Auf die Frage, warum er seine Bewerbung um eine zweite Amtszeit immer noch nicht offiziell bestätigt hat, verweist er auf seine intensive Rolle als derzeitiger EU-Vorsitz und seine unermüdliche Telefondiplomatie mit Moskau und Kiew. Kürzlich hatte er immerhin gesagt, er habe „Lust“ dazu. Vor dem veränderten Hintergrund wird es nun eher als seine „Pflicht“ gelten. Die Erklärung der Kandidatur wird zu einer Formalität.

Als Staatsoberhaupt ist Macron der oberste Chef der französischen Streitkräfte, er hat als Einziger die Verfügungsgewalt über die „Force de frappe“, Frankreichs – zirka 520 Atomsprengköpfe. Ohne es explizit sagen zu müssen, wird das für Macron zum Argument, dass ein Machtwechsel mit ungewissen Folgen in der akuten Krisensituation zu vermeiden wäre. Putin könnte mit seiner militärischen Aggression in der Ukraine den Ausgang der französischen Wahlen vorentschieden haben.

Am Freitag um 18 Uhr läuft für alle, die trotzdem gegen ihn antreten wollen, die Frist zur Einreichung von mindestens 500 beglaubigten Unterschriften ab. Mit ihnen erklären gewählte Volks­ver­tre­te­r*in­nen ihre Patenschaft für eine Kandidatur. Die meisten bekannten Politiker*innen, von links bis ganz rechts, haben es geschafft: die Konservative Valérie Pécresse, die Sozialistin Anne Hidalgo, aber auch die drei rechtsextremen Na­tio­na­lis­t*in­nen Marine Le Pen, Eric Zemmour und Nicolas Dupont-Aignan, sowie Jean-Luc Mélenchon von der linken „France insoumise“ und der Kommunist Fabien Roussel. Auf der Strecke bleibt aber wohl die ehemalige Justizministerin Christiane Taubira, die im Januar bei einer „Vorwahl“ mit fast 500.000 Teilnehmenden als „Einheitskandidatin der Linken“ erkoren worden war.

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