Präsidentschaftswahl in Argentinien: Massa gegen Milei
Wie der nächste argentinische Präsident heißt, wird erst in einer Stichwahl entschieden. Der rechte Javier Milei landet in der ersten Runde nur auf Platz 2.
![Sergio Massa spricht von einem Redepult Sergio Massa spricht von einem Redepult](https://taz.de/picture/6599892/14/Argentinien-Massa-1.jpeg)
Mit knapp 30 Prozent der Stimmen kam der selbst erklärte Anarcho-Kapitalist und favorisierte Javier Milei lediglich auf dem zweiten Platz. Patricia Bullrich von der rechtsliberalen Oppositionsallianz Juntos por el Cambio (Gemeinsam für den Wechsel) landete abgeschlagen auf dem dritten Platz. Mit nur 23,8 Prozent erzielte sie eines der schlechtesten Ergebnisse ihrer Allianz in den letzten Jahren.
Der Wahlsonntag war ruhig und ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Von den 35,4 Millionen Wahlberechtigten gingen 78 Prozent zu den Urnen – es herrscht Wahlpflicht. Im Vergleich zu den Vorwahlen im August gaben am Sonntag etwa 2,5 Millionen Wahlberechtigte mehr ihre Stimme ab. Und während Massa im Vergleich zu den Vorwahlen um rund 2,9 Millionen Stimmen zulegen konnte, waren es bei Mileis nur etwa 500.000.
„Wir haben das Ziel verfehlt“, räumte Patricia Bullrich unumwunden die Niederlage ein. Zwar indirekt, aber deutlich rief sie ihre Anhängerschaft zur Unterstützung Mileis in der Stichwahl auf. „Nie werden wir uns zum Komplizen des Populismus machen, der unser Land in die Armut getrieben hat“, sagte Bullrich, wobei sie nicht Javier Milei als Populisten bezeichnet, sondern die regierenden Peronisten.
Buhlen um die Oppositionsallianz
Auch wenn Javier Milei ungefährdet in die Stichwahl einzog, ist sein Stimmergebnis ein klarer Rückschlag für den rechtsextremen Senkrechtstarter. Bei den Vorwahlen im August hatte er für die große Überraschung gesorgt, als er von allen Kandidat*innen die meisten Stimmen erhielt. Zwischenzeitlich wurde ihm sogar zugetraut, die Präsidentschaftswahl im ersten Wahlgang zu gewinnen. Dennoch bezeichnete er sein Ergebnis als historisch.
„Vor zwei Jahren hätten wir doch nicht geglaubt, in die Stichwahl zu kommen“, rief er seinen Anhänger am Wahlabend zu, um im Angriffsmodus gleich den Wahlkampf für die zweite Runde zu eröffnen: „In vier Wochen stehen zwei Modelle zur Wahl: das der Freiheit und das des Populismus.“ Zwei Drittel der Wahlberechtigen hätten am Sonntag gegen den Populismus gestimmt. „Alle, die den Wechsel wollen, müssen jetzt zusammenarbeiten“, sagte Milei in Richtung Juntos por el Cambio.
Überraschungssieger Sergio Massa zeigte sich moderat, aber sichtlich bewegt von seinem unerwartet guten Ergebnis. Allein auf der Bühne und nicht umringt von der üblichen Schar an Getreuen und Parteigrößen, inszenierte er sich als Garant des Erfolgs. Weder der amtierende Präsident Alberto Fernández noch die mächtige Vizepräsidentin Cristina Kirchner spielten am Wahlabend eine Rolle oder wurden überhaupt nur erwähnt.
In sehr staatsmännischer Manier versprach Massa, als Präsident eine Regierung der nationalen Einheit einzuberufen, an der sich die Besten beteiligen würden, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Er wandte sich speziell an die Wahlberechtigten, die für die ausgeschiedenen Kandidat*innen stimmten und damit auch an einen gewichtigen Teil der Oppositionsallianz Juntos por el Cambio. In den nächsten vier Wochen werde er alles versuchen, um ihr Vertrauen zu gewinnen.
In der Oppositionsallianz knirscht es schon lange und kräftig. Die Wahlschlappe ihrer Kandidatin Bullrich könnte in den kommenden Tagen zum Bruch führen. Dann würde sich die sozialdemokratische Radikale Bürgerunion (UCR) vermutlich auf Massa zu bewegen und die Partei des ehemaligen konservativen Präsidenten Mauricio Macri PRO in Richtung Milei.
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