Ergebnis der Vorwahlen in Argentinien: Rechte holen die meisten Stimmen

Nach der Vorwahl für die Präsidentschaft sieht es so aus, dass im Oktober eine Stichwahl entscheiden könnte. Ein rechter Ökonom führt das Rennen an.

Javier Milei steht zusammen mit einem anderen Mann und einer Frau an einem Redepult und sie lächeln triumphierend in die Kamera.

Vorwahlsieger Javier Milei will der „parasitären politischen Kaste“ ein Ende setzen Foto: rtr

BUENOS AIRES taz | Javier Milei ist der Überraschungssieger der Vorwahlen in Argentinien. Mit etwas mehr als 30 Prozent der Stimmen setzte sich der anarcho-libertäre Ökonom am Sonntag an die Spitze der Kan­di­da­t*in­nen für die Präsidentschaftswahl im Oktober.

Die rechtsliberale Oppositionsallianz Juntos por el Cambio (Gemeinsam für den Wechsel) erhielt 28 Prozent der Stimmen. Als deren Präsidentschaftskandidatin setzte sich Patricia Bullrich, die Vorsitzende der Partei des ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri (2015–2019), durch. Damit gingen knapp 60 Prozent der Stimmen an rechte und rechtsliberale Kandidat*innen.

Sergio Massa von der linksprogressiven Regierungsallianz Unión por la Patria (Union für das Vaterland) errang 21 Prozent der Stimmen. Damit verfehlte der Wirtschaftsminister sein Ziel, Kandidat mit den meisten Stimmen zu werden. Insgesamt errang die Regierungsallianz 27 Prozent der Stimmen.

Der Wahlausgang lässt den Schluss zu, dass kei­ne*r der Kan­di­da­t*in­nen im Oktober im ersten Wahlgang die notwendige Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen wird. So wird den Wahlkampf ein Ringen um den Einzug in eine Stichwahl prägen. Massa macht schon am Wahlabend den Anfang. „Die erste Halbzeit ist vorbei. Jetzt beginnt die zweite Halbzeit und dann gibt es Verlängerung und Elfmeterschießen“, schwor er seine Anhängerschaft ein.

Wahl verlief ohne Zwischenfälle

Mit einem dreifachen „Viva la Libertad, carajo!“ begrüßte dagegen ein sichtlich zufriedener Javier Milei am Wahlabend seine Anhängerschaft, die mit einem lautstarken „Que se vayan todos – Alle sollen abhauen“ antwortete. Dann versprach er abermals „dem Kirchnerismus und der parasitären politischen Kaste, die das Land untergehen lässt, ein Ende zu setzen.“

Dass Milei in 16 der 23 Provinzen der Kandidat mit den meisten Stimmen ist, unterstreicht nicht nur die Breite seines Triumphs, sondern eröffnet ihm auch die besten Chancen, in die Stichwahl einzuziehen.

Rund 35 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, die Kan­di­da­t*in­nen für die in diesem Jahr anstehenden Präsidentschafts- und Kongresswahlen zu bestimmen. Aufgrund der Wahlpflicht sind Vorwahlen in Argentinien immer auch ein verlässlicher Test für das Kräfteverhältnis zwischen Regierung und Opposition. Trotz Wahlpflicht lag die Wahlbeteiligung bei nur 69 Prozent.

Dabei geht es diesmal auch um einen Wechsel der Führungspersonen der beiden großen Allianzen. Während der ehemalige Präsident Mauricio Macri (2015–2019) am Wahlabend ebenfalls seinen Auftritt hatte, glänzten der amtierende Präsident Alberto Fernández und die Vizepräsidentin und ehemalige Präsidentin Cristina Kirchner (2007–2015) durch komplette Abwesenheit.

Der Urnengang verlief ohne größere Zwischenfälle. Allerdings gab es in der Hauptstadt Buenos Aires erhebliche Probleme mit dem erstmals eingesetzten elektronischen Wahlsystem. Vor den Wahllokalen bildeten sich lange Warteschlangen, weil viele Wahlgeräte für die Stimmabgabe nur unzureichend funktionierten.

Run auf Banken und Dollar befürchtet

Offen ist, wie die Finanzmärkte auf den Wahlausgang reagieren werden. Milei hatte angekündigt, die Zentralbank abzuschaffen und den Dollar als offizielle Währung einzuführen. Zudem könnte der Internationale Währungsfonds der Regierung die Unterstützung bei der Schuldentilgung zurückziehen und so die ohnehin herrschende Dollarknappheit verschärfen. Befürchtet wird ein Run auf die Banken und die Dollareinlagen.

Am Freitag landete eine Frachtmaschine aus den USA in Buenos Aires. An Bord befanden sich 300 Millionen Dollar in kleinen und großen Scheinen, mit denen der Banknotenbestand der argentinischen Zentralbank in Höhe von 470 Millionen US-Dollar aufgestockt wurde. Eine zweite US-Maschine mit ebenfalls 300 Millionen Dollar an Bord wird für Ende der Woche erwartet.

Dass die Furcht vor der Flucht aus dem Peso begründet ist, zeigt die Entwicklung des Umtauschkurses der US-Währung in den klandestinen Wechselstuben. Der Dollar durchbrach letzte Woche erstmals die 600-Peso-Marke. Als der amtierende Präsident Alberto Fernández im Dezember 2019 sein Amt antrat, kostete ein Dollar knapp 70 Pesos.

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