piwik no script img

Präsident von Burkina Faso in Haft„Das ist ein Staatsstreich“

Unzufriedene Soldaten setzen in Burkina Faso den Staatschef und andere Regierungsmitglieder fest. Beobachter vermuten einen Militärputsch.

Halten sich bedeckt: meuternde Soldaten auf einer Straßenbrücke in Ouagadougou Foto: Sophie Garcia AP

PARAKOU taz | Einen Tag, nachdem Schüsse in mehreren Kasernen die Regierung von Burkina Faso zu einem Dementi über einen laufenden Militärputsch nötigten, wird die Lage zunehmend angespannt. Am Montagmorgen hieß es, Präsident Roch Marc Christian Kaboré sei von Soldaten festgenommen worden. Offiziell bestätigt wurde das bis zum Mittag nicht. Etwas später wurde berichtet, dass sich Staatsfernsehen und Radio unter Kontrolle des Militärs befinden.

Am späten Vormittag fällt in burkinischen Medien der Name Generalleutnant Paul Henri Sandaogo Damida als möglicher Drahtzieher des Coups. Bis Mittag hat er sich dazu noch nicht geäußert. Etwa zeitgleich wird davon gesprochen, dass der Präsident der Nationalversammlung, Alassane Bala Sakandé, sowie mehrere Minister verhaftet worden seien.

„Die Informationen sind widersprüchlich“, sagt in der Hauptstadt Ouagadougou Ernest Compaoré, Koordinator der nichtstaatlichen Organisation Phytosalus, die sich mit traditioneller afrikanischer Medizin befasst. Die Telefonverbindung ist schlecht. Bereits am Sonntag wurde das mobile Internet unterbrochen, jetzt funktioniert es gar nicht mehr, heißt es aus Ouagadougou. „Wir warten darauf, mehr Gewissheit zu bekommen. Im Moment ist die Situation hier ruhig“, so Compaoré. Viele Menschen seien allerdings vorsichtig.

Wie geschwächt der seit 2015 amtierende Präsident Kaboré ist, hat spätestens der Sonntag gezeigt. In der Nacht waren in mehreren Kasernen Schüsse gefallen. Stunden später betonte die Regierung, sie habe alles unter Kontrolle. Unterstützung erhielt sie von der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas), die ihre Solidarität mit Kaboré betonte, zur Ruhe aufrief und forderte, Probleme mittels Dialog zu lösen.

Schlecht ums Land bestellt

In den Kasernen dürfte das auf taube Ohren gestoßen sein. Von dort heißt es, dass unzufriedene Soldaten eine Auswechslung an der Armeespitze, eine bessere Ausrüstung, mehr Training und einen höheren Sold fordern.

Seit 2016 kämpfen sie einen zunehmend verlustreichen Kampf gegen verschiedene islamistische Terrorgruppen, die sich unter anderem aus Mali immer weiter in Richtung Burkina Faso ausgebreitet haben. Längst haben diese Gruppierungen auch im Süden des Landes erste Anschläge verübt. Dazu kommen bewaffnete Banden, die ebenfalls Überfälle verüben. Die Schlinge um die Hauptstadt Ouagadougou, in der sich die Entwicklung bisher – trotz mehrerer Anschläge – oft gut hat ausblenden lassen, zieht sich weiter zu.

Prosper Nikiema jubelt noch nicht laut, klingt aber erleichtert. Der Betreiber einer Schule am Stadtrand von Ouagadougou ist sich sicher: „Das ist ein Staatsstreich, der mit einer Meuterei begonnen hat. Jetzt warten wir nur noch auf die Erklärung des Militärs.“

Schon vor Wochen hat er bei einem Treffen betont, wie schwierig die Lage im Land sei und nichts mehr vorwärts gehe. Vor allem die Bildungssituation sei eine Katastrophe, sagte Nikiema. Aufgrund der Gewalt gehen zwischen 300.000 und 350.000 Mädchen und Jungen nicht mehr zur Schule. Nikiema hofft, dass sich mit einem Wechsel an der Staatsspitze vieles zum Guten wendet. Aktuell sei es sehr schlecht um das Land bestellt.

Für den in den USA lebenden Aktivisten Ibrahima Maiga, Mitbegründer der Bewegung „Sauvons le Burkina Faso“, die seit Monaten für den Rücktritt Kaborés demonstriert, ist das keine Überraschung. „Schon am Sonntagmorgen war klar: Das ist ein Staatsstreich“. Er setzt große Hoffnungen in den Umsturz, weil so eine zunehmend „diktatorische Regierung“ abgesetzt wurde. „Die Entwicklung kann für viele Menschen positiv sein.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.